Elfi Conrad

Schneeflocken wie Feuer

Roman
Cover: Schneeflocken wie Feuer
Mikrotext Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783948631338
Gebunden, 304 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Juni Anfang der 1960er Jahre: sexuelle Tabus, veraltete Frauenbilder, patriarchale Strukturen. Für die Erniedrigung, die sie jeden Tag erlebt, will sich die 17-jährige Dora rächen. Ihr Opfer ist der Musiklehrer, ihre Waffe ist ihre Weiblichkeit. Mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln möchte sie ihn verführen. Der Verführer von Doras Mutter war Adolf Hitler. Als Geflüchtete aus Schlesien hängt sie ihrer Heimat und dem NS-Regime nach. Die Erzählungen der Mutter und die Folgen des Zweiten Weltkriegs prägen Doras Leben. Sechzig Jahre später schaut die Ich-Erzählerin auf ihre Jugend im Oberharz zurück, ordnet kritisch ein und verknüpft ihre Erinnerungen mit der Gegenwart.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.09.2023

Rezensentin Cornelia Geißler wird von der Erzählerin in Elfi Conrads Roman über eine Jugend in den 1960er Jahren sowohl emotional gepackt als auch zum Nachdenken angeregt. Conrad erzählt aus der Perspektive der siebzehnjährigen Dora: Die prüde Nachkriegsgesellschaft wird gerade von Elvis Presleys Musik und Marilyn Monroes Filmen aufgescheucht, so die Kritikerin, der Mauerbau ist erst ein Jahr her. Dora lebt in einem verschlafenen Städtchen im Westharz, für sie als Frau sieht das Schulsystem in der BRD die Haushalts- und Mutterrolle vor. Aus dem Bedürfnis der Rebellion gegen die patriarchalischen Strukturen, beginnt Dora eine Affäre mit ihrem Musiklehrer, resümiert Geißler. Die Rezensentin findet es bemerkenswert, wie Conrad die gesellschaftlichen Umstände der Zeit, in der sie auch selbst aufgewachsen ist, analysiert. Dabei zeigt die Autorin einerseits, wie Strukturen der Unterdrückung von der Elterngeneration, die den Krieg miterlebt hat, weitergegeben wurden, erzählt aber gleichzeitig die Geschichte einer Befreiung aus ihnen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.08.2023

Rezensentin Insa Wilke lobt Elfi Conrads Geschichte der Selbstermächtigung einer jungen Frau gegen die Prüderie und die Unterdrückung der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Autobiografische Ähnlichkeiten nicht ausgeschlossen, meint Wilke, die sich besonders erwärmt für die Unerschrockenheit der retrospektiv Erzählenden angesichts der "Pädagogik der Angst" und die jenseits von Meinungsmache angesiedelten Offenheit, mit der hier erzählt wird. Wie beiläufig und doch urteilsstark Conrad Machtmissbrauch analysiert, ohne es an "fragendem Verständnis" für die Figuren fehlen zu lassen, findet Wilke bemerkenswert.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 18.07.2023

Laut Rezensentin Beate Tröger beweist Mikrotext mit der Veröffentlichung von Elfi Conrads Roman einmal mehr ein Händchen fürs Unkonventionelle. Die Geschichte einer weiblichen Selbstermächtigung im prüden, patriarchalischen Nachkriegsdeutschland erzählt die Autorin laut Tröger aus Sicht ihrer Ich-Erzählerin - retrospektiv, offen und ungeschönt. Sicht- und spürbar werden für Tröger die dunklen Wurzeln der tristen und gewalttätigen deutschen Gesellschaft, aber auch die Wut der Erzählerin über die Versehrungen und Behinderungen auf dem Weg zu einem selbstbestimmten Dasein.