Georges Perec

Das Attentat von Sarajevo

Roman
Cover: Das Attentat von Sarajevo
Diaphanes Verlag, Zürich 2020
ISBN 9783037349441
Kartoniert, 144 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Jürgen Ritte. 1957: Georges Perec ist einundzwanzig. Er ist eingeschrieben im Fach Geschichte, doch in die Vorlesungen geht er nicht mehr. Er will schreiben, doch er kommt kaum dazu. Im Sommer 1955 hat er sich an einem ersten Buch versucht, dessen Text bis heute verschollen ist, im Sommer 1956 eine Psychoanalyse begonnen. Im Sommer 1957 fährt er nach Jugoslawien, wo er in wenigen Wochen seinen zweiten größeren Text schreibt. Zurück in Paris, redigiert er in aller Eile das Manuskript, diktiert es einer Schulfreundin, schickt es an Verlage, die es aber allesamt ablehnen, sodass er es einem Belgrader Malerfreund überlässt. In dem schließlich wiedergefundenen und hier erstmals auf Deutsch publizierten Text begegnen wir einer Literatur zwischen jugendlichem Drang, ausgeprägtem Erzähltalent und reifendem Stilwillen: Ein amouröses Dreieck und weltgeschichtliche Katastrophe konvergieren in einer Erzählung, hinter der sich bereits die zentralen Motive von Perecs späterem Werk abzeichnen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.08.2020

Rezensent Tobias Lehmkuhl freut sich, dass Georges Perecs 1957 entstandener, 2018 erstmals im Original veröffentlichter Roman "Das Attentat von Sarajevo" nun vom Perec- und Oulipo-Experten Jürgen Ritte ins Deutsche übersetzt wurde. Lange musste der Roman auf seine Veröffentlichung warten, vermutlich auch, weil Perec den Text nach einer Jugoslawien-Reise diktierte und ihn vergaß, glaubt Lehmkuhl. Lohnenswert findet er die Lektüre der die Dreiecks-Geschichte um einen in Sarajevo verheirateten Philosophen, der in Belgrad eine Geliebte hat, nicht zuletzt ihrer "scheinbaren Unfertigkeit" und der vielen offenen Fragen wegen.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 06.05.2020

Wie "souverän" der erst 21jährige Georges Perec schon schrieb, erkennt Rezensent Tobias Lehmkuhl mit diesem lange verschollenen und nun erstmals auf Deutsch erschienenen Debütroman des Franzosen. Erzählt wird die Geschichte einer menage a trois vor dem Hintergrund des Attentats von Sarajewo: Der namenlose Ich-Erzähler verliebt sich in Paris in die zunächst recht blasse Mila, die Geliebte seines Bekannten Branko. Bald verschlägt es die drei nach Belgrad und der Konkurrenzkampf zwischen Branko und dem Erzähler beginnt, resümiert der Kritiker. "Kühn und unkonventionell" nennt er den Roman, in dem sich Perec bereits hinsichtlich der Erzählhaltungen und Textformen austobt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.01.2020

Rezensent Paul Jandl gibt zu, dass George Perecs erster Roman von 1957 schlicht gebaut ist. Eine Entdeckung ist die Veröffentlichung in der "punktgenauen" Übersetzung von Jürgen Ritte für ihn dennoch, weil die Dreiecksgeschichte um den Erzähler, um einen größenwahnsinnigen jugoslawischen Philosophen und seine Geliebte Dramatik besitzt und Komik und der Autor ihre Schauplätze, Dachkammern, Bars, die Seine, zum Leuchten bringt, wie Jandl findet. Wenn Perec in einer Parallelhandlung das Attentat von Sarajevo thematisiert, scheint Jandl das zwar "etwas wackelig", aber durchaus tauglich, Perecs Frage nach der Verbindlichkeit von Empfindungen und von Wirklichkeit zu behandeln.