Nicholas Shakespeare

In dieser einen Nacht

Roman
Cover: In dieser einen Nacht
Rowohlt Verlag, Reinbek 2006
ISBN 9783498063788
Gebunden, 536 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Hans M. Herzog. Der junge Brite Peter Hithersay besucht mit einer Theatergruppe mitten im Kalten Krieg Leipzig und verliebt sich Hals über Kopf in eine junge ostdeutsche Frau, die sich eben erst dessen bewusst wird, dass sie in einer Diktatur lebt. Doch als sie sein leichtfertiges Angebot, sie im Requisitenkoffer außer Landes zu schmuggeln, annimmt, kneift er - der edle Artus als Duckmäuser. Die nächsten neunzehn Jahre redet er sich täglich ein, er sei nicht in sie verliebt gewesen. Aber die Wunde heilt nie. Besessen von Deutschland und seiner Schuld studiert Peter in Hamburg, wird Arzt, landet schließlich in Berlin. Er hat großen, ja bedenklichen Erfolg bei Frauen, doch stets bleibt ein schaler Nachgeschmack. Dann fällt die Mauer, aber nach Leipzig fährt er nie. Erst ein Zufall führt ihn schließlich zurück.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.02.2007

Georg Sütterlin überschüttet Nicholas Shakespeares Roman über die Nachwirkungen eines Verrats geradezu mit Lob. Die verwickelte Geschichte um einen jungen Engländer, der sich bei einem Kurzbesuch in Leipzig 1983 in ein ostdeutsches Mädchen verliebt, das er im entscheidenden Moment verleugnet, und der von da an von Schuldgefühlen geplagt wird, preist er als "elegant komponiert" und "flüssig erzählt". Die Nebenlinien zu dieser Geschichte - die Jugend des Protagonisten in einem englischen Internat; seine Laufbahn als Arzt; die Suche nach seinem Vater - würdigt er als "veritable erzählerische Kleinkunstwerke". Auch die Verbindung von Politik, Lokalkolorit und persönlichem Drama scheint ihm überaus gelungen. Sie erinnert ihn zudem an die Romane von John Le Carre und Graham Greene. Überzeugend findet er schließlich die subtile Personenzeichnung, die atmosphärische Schilderung der Schauplätze und die treffende Beschreibung des Lebensgefühls in der DDR.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2006

Schlicht ungenießbar findet Rezensent Tobias Döring diesen "Liebespolitarztroman", den Nicholas Shakespeare vorgelegt hat. Die ziemlich verwickelte Handlung des Romans böte seines Erachtens Stoff für "große und bewegende Geschichten". Bei dem englischen Autor aber wird zu Dörings Bedauern daraus nur eine Schmonzette, was er auf dessen Unfähigkeit zur erzählerischen Ökonomie zurückführt und den Mangel an sprachlicher Gestaltungskraft, der sich in zahllosen Stilblüten manifestiert. Im Blick auf Metaphorik wie auch auf Handlungselemente hält er Shakespeare vor, immer wieder übers Ziel hinaus zu schießen. Für Dörings Geschmack arbeitet der Autor zu viel mit "Versatzstücken des Schicksalhaften". Wer eine stilistisch wie inhaltlich gelungene Spionagegeschichte in historischem Ambiente sucht, dem kann er nur "Absolute Freunde" (2004) von Altmeister John Le Carre ans Herz legen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.07.2006

Nicholas Shakespeares Roman ist nach Aussage des begeisterten Steffen Kraft gleich dreierlei auf einmal: eine Liebesgeschichte, ein Agententhriller und ein Krimi. Besonders beeindruckt Kraft aber, dass es über die 500 Seiten und drei Genres hinweg konsequent um ein Motiv geht, die Suche des Protagonisten Peter Hithersay nach seiner Geliebten und gleichzeitig nach der Herkunft seines leiblichen Vaters, den er nie kennengelernt hat. Handwerklich gesehen sei die Erzählung überaus detailliert und "tadellos konzipiert", lobt der Rezensent. Auch die Beschreibung der Charaktere sei äußerst genau. Kraft kritisiert jedoch, dass Shakespeare in allen Monologen, in denen die Protagonisten über sich selbst nachdenken, eine unnatürliche, "prätentiöse" Sprache benutzt, unabhängig davon, welche Figur die Überlegungen anstellt. Am Ende des Romans meint Kraft eine Parallele zu Florian Henckel von Donnersmarcks Film "Das Leben der Anderen" auszumachen, denn auch hier führt ein Stasi-Beamter das Liebespaar zueinander, jedoch nicht, weil er im Grunde seines Herzens eigentlich doch ein guter Mensch ist, sondern um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen - wie der Held Hithersay, der seiner Geliebten damals nicht zur Flucht verholfen hat.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.03.2006

Als "passionierten Fabulierer" schätzt Gerrit Bartels den britischen Schriftsteller Nicholas Shakespeare, und ist in seinen Erwartungen an diesen Wenderoman keineswegs enttäuscht worden. Er erzählt die recht vertrackte Geschichte zweier englisch-deutschen Liebespaare, deren Schicksale natürlich in der Schicksalsstadt Leipzig kulminieren. So erfährt der junge Peter Hithersay, dass er nicht, wie immer geglaubt, der Sohn eines englischen Glückwunschkartenmalers ist, sondern dass er in einer Nacht gezeugt wurde, als seine Mutter - zu Gast bei einem Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb in Leipzig - einem politischen Häftling zur Flucht verhalf. Daraufhin verschlägt es auch Peter nach Leipzig und er verliebt sich in eine junge Frau, die aus komplizierten Gründen von ihrer Großmutter Snjolaug genannt wird, von ihm dann vereinfacht Snowleg. Doch Glück ist den beiden auch nicht beschieden, die Stasi funkt dazwischen. "Angenehm unbefangen und abwechslungsreich", erzähle Shakespeare, freut sich Bartels, nichts wirke aufgesetzt oder "schwer stapfend wie oft bei den deutschen Kollegen". Und wie herrlich Shakespeare erzähle, seine Leser an der langen Leine führe, auch das Klischee nicht scheue und das große Wiedererkennen bis zum letzten Satz hinauszögere - das hält Bartels für "großen literarischen Sport und großes Kino".
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