Richard J. Evans

Das Dritte Reich

Band 2: Diktatur
Cover: Das Dritte Reich
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2006
ISBN 9783421056535
Gebunden, 1104 Seiten, 69,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Udo Rennert. Mit 62 schwarz-weiß Abbildungen. Der zweite Band (in 2 Teilbänden) umfaßt die Zeit von 1934/35 bis 1939. Evans beschreibt den Aufbau eines Polizeistaates und die Wandlungen und Reaktionen in Wirtschaft und Gesellschaft. Dem Antisemitismus widmet er ebenso ein eigenes Kapitel wie der Wechselwirkung zwischen politischer Propaganda und der Kunst, Literatur und Architektur. Am Abschluß steht die außenpolitische Entwicklung, die Rolle des Militärs und der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Die zwölf Jahre des Dritten Reiches zerfallen, stark vereinfacht, in die Jahre des Krieges und des Holocausts und die vorangegangenen Jahre eines außenpolitischen Friedens. Vermeintlichen Erfolgen wie dem Rückgang der Arbeitslosigkeit, erkauft durch eine verhängnisvolle Aufrüstung, einem erstarkten nationalen Selbstbewußtsein und der gigantischen Selbstdarstellung des Dritten Reiches während der Olympischen Spiele 1936 steht eine Bilanz des Terrors gegenüber. Mit der Machtergreifung 1933 setzte ein gnadenloser innerer Krieg gegen Regimegegner, Randgruppen und Juden ein. Das System der Konzentrationslager wurde aufgebaut, die Nürnberger Gesetze erlassen, und der Novemberpogrom 1938 war bereits ein Vorbote des Holocaust.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.10.2007

Bestnoten vergibt Rezensent Michael Wildt an diese ersten beiden Bände von Richard Evans "anschaulicher" und "solider" Geschichte des Dritten Reiches bis 1939. Nicht nur, dass hier Geschichte wirklich noch erzählt werde, und zwar in einem faktenreichen, nüchternen und trotzdem packenden und populären Stil ohne falsche dramatische Töne. Auch im Detail überzeugt der britische Historiker den Rezensenten mit "funkelnden Miniaturen" von Personen und Ereignissen, biografischen Selbstzeugnissen, "bissigen Sottisen" und treffsicheren Beschreibungen. Dabei weiche Richard Evans allerdings kaum von bisherigen Deutungen ab, und folge für den Geschmack des Rezensenten manchmal zu stark den "ausgetretenen Pfaden" bisheriger Darstellungen. Auch sind Richard Evans dem Eindruck des Rezensenten mitunter neuere Studien zu Einzelaspekten seines Themas entgangen. Doch insgesamt schwächen diese Mängel den fantastischen Gesamteindruck des Rezensenten nicht, der auch vor dem souveränen Zugriff Evans? auf die Materialfülle zum Thema respektvoll seinen Hut zieht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.02.2007

Ahlrich Meyer zeigt keine Scheu vor großen Namen und hält sich mit Kritik an Richard J. Evans "immenser Fleißarbeit" nicht zurück. Da ist zum einen der Umgang mit den Quellen, der dem Rezensenten oft zu sorglos erscheint. So würden ganze Passagen aus den "Deutschland-Berichten" der SPD zitiert, die besondere Perspektive der Autoren auf das Geschehen aber nie problematisiert. Auch die Verwendung der Tagebücher Victor Klemperers oder der Lebenserinnerungen der "Bund Deutscher Mädels"-Aktivistin Melita Maschmann hält Meyer für wenig geeignet, ein objektives Bild der Situation zu vermitteln. Außerdem hätte er sich von Evans einen neuen Zugang zum Thema gewünscht. Doch sowohl in der Anlage - das Buch erzählt die Geschichte des Dritten Reichs anhand der großen politischen Figuren - als auch im Verständnis des Systems als "Führerstaat" vermisst der Rezensent neue Ideen. Die Höhepunkte bilden dann auch die Passagen, in denen Evans eigene und "klare Positionen" einnimmt zu den Historikerkontroversen der vergangenen Jahre. Evans ist ein Könner, räumt Meyer schließlich versöhnlich ein, und habe hier durchaus eine "souveräne und bestens lesbare" Überblicksdarstellung abgeliefert. Aber eben keinen Meilenstein.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2006

Richard J. Evans zweiten Band seiner dreibändig angelegten Geschichte des Dritten Reiches findet der Rezensent Klaus Hildebrand misslungen. Ein grundlegendes Problem sieht der Rezensent darin, dass Evans in seiner systematischen Schilderung der Zeit von 1933 bis 1939 das "Interpretationsmuster von 'Unterdrückung und Widerstand'" bemüht, was ihm nicht erlaube, der teuflischen Dynamik von "Zwang und Verführung" Rechnung zu tragen. Darüberhinaus sieht der Rezensent einen Widerspruch zwischen Evans' Grundhypothese, der NS-Staat habe in den "sogenannten Friedensjahren" ganz im Bann des Krieges gelebt, und seiner lediglich "kursorischen" Abfertigung der nationalsozialistischen Außenpolitik. Dazu komme, dass Evans' Darstellung langatmig, überausführlich und bisweilen wenig sachdienlich sei (etwa wenn er meine, Goebbels aufgrund einer von ihm bemühten, familienpropagandistischen Vogelmetapher als schlechten Ornithologen entlarven zu müssen).
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.11.2006

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Hans Mommsen von diesem zweiten, der "Diktatur" gewidmeten Band von Richard J. Evans' Geschichte des "Dritten Reichs". Detailliert und mit eindrucksvollen Analysen beschreibe Evans die Konsolidierung des Nazi-Regimes. Besonders seine Ausführungen zur inneren Entwicklung Nazideutschlands, etwa der Kultur-, Bildungs- und Religionspolitik des "Dritten Reichs", haben es Mommsen angetan. Die Schilderung der Außenpolitik ist seiner Ansicht nach dagegen eher konventionell geraten. Bauchschmerzen bekommt Mommsen allerdings angesichts der großen Rolle, die Evans Hitlers persönlichem Handeln an der Konsolidierung des "Dritten Reiches" einräumt, statt die Eigendynamik radikalisierter Amtsträger angemessen zu berücksichtigen, und kreidet dem Autor deshalb einen "Rückfall in einen intentionalistischen Hitlerismus" an.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.11.2006

Nach Ansicht von Lothar Kettenacker sollten sich deutsche Historiker fragen, warum auch deutsche Leser lieber nach Büchern von britischen Autoren greifen, wenn es um Darstellungen der NS-Zeit geht. Laut Kettenacker dürfte es vor allem an Verständlichkeit und Lesbarkeit liegen, an Qualitäten also, die auch dieses Buch von Richard J. Evans auszeichnen. Während ihn beispielsweise die deutsche Außenpolitik nur am Rande interessiert und er NS-Institutionen weniger durch ihre Organisationsstruktur als durch ihre Protagonisten ins Auge fasst, gelingt es Evans mittels kurzer Biografien und Stadtporträts, Geschichte anschaulich werden zu lassen, lobt Kettenacker. Hauptaugenmerk des Autors liegt auf der Alltagsgeschichte und mit geradezu kriminalistischem Eifer geht er daran, auch in scheinbar unwichtigen Fakten und Ereignissen Beweise für die Unmenschlichkeit eines Regimes zu sammeln, das, wie er betont, von Anfang an auf Einschüchterung und Gewalt setzte.
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