Robert Bober

Berg und Beck

Roman
Cover: Berg und Beck
Antje Kunstmann Verlag, München 2000
ISBN 9783888972324
Broschiert, 182 Seiten, 16,36 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen übersetzt von Tobias Scheffel. Was bleibt einem Kind, das zwar mit dem Leben davongekommen ist, dem sonst aber alles genommen wurde? Die Erinnerung. Deshalb schreibt Joseph Berg seinem Freund Henri Beck Briefe, die dieser niemals lesen wird und die ihn vor dem Vergessenwerden bewahren sollen. Früher wohnten beide in derselben Straße, besuchten dieselbe Schule und hatten dieselben Hobbys. Bis Henri Beck nach den Sommerferien des Jahres 1942 nicht mehr zurückkehrte: Seine Familie wurde im Zuge der großen Juden-Razzia in Paris deportiert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.02.2001

"Berg und Beck" ist quasi die chronologische Fortsetzung von Robert Bobers "Was gibt?s Neues vom Krieg", erklärt Rezensent Jochen Jung: Ausgangspunkt des Romans sind die frühen fünfziger Jahre, Beck, der Erzähler und mit dem Autor teilweise identisch, betreut nun in einem Kinderheim nahe von Paris Waisen, die den Holocaust überlebt haben. Jung gefällt, wie leise und unspektakulär Bober von den Erlebnissen mit diesen Kindern erzählen kann, so "dass wir zwar zu Tode erschrecken, aber doch weiterlesen können". Bobers Geschichten haben einen Hauch von Unschuld, gleichzeitig bekommt man bei allem hilflosen Entsetzen das Gefühl, etwas tun zu können, beschreibt er seine Leseerfahrung. Der Protagonist Berg vermisst wohl als einziger seinen Freund Henri Beck, der 1942 als zehnjähriger ein Opfer der Nazis wurde. Ihm schreibt er Briefe, "damit er etwas erfährt von dem Leben, das Berg so gern mit ihm geteilt hätte". Auch diese Briefe haben etwas Hilfloses in Anbetracht des grausamen Schicksals des Adressaten, meint Jung. Zu banal erscheine dem Schreiber häufig das, was er mitteile. Und dennoch empfindet der Rezensent die "Lebensbruchstücke" als wichtige Teile eines langsam sich formenden Ganzen, auch wenn, wie er einräumt, das Ende offen bleiben muss. Für ihn sind es wahrhaftig erzählte Geschichten, die den Leser meist klüger machen als die gescheiten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.05.2000

Mit spürbarer Sympathie bespricht Ute Stempel dieses Buch und hebt zunächst hervor, dass Bober sich mit einer Problematik befasst, die bei der Beschäftigung mit Überlebenden des Holocausts sonst häufig im Schatten steht: Das Schicksal der Kinder ermordeter Juden. Wie werden diese Kinder mit ihren Traumata fertig? Und wie finden sie den Weg in ein normales Leben zurück? "Mit delikater Zärtlichkeit" begleite der Protagonist diese Kinder, von denen jedes seinem Trauma auf eigene Art Ausdruck verleiht: Eines stapelt Schuhe in einem Schuhgeschäft zu einem Berg, weil es das an Auschwitz erinnert, ein anderes malt seiner Puppe Falten ins Gesicht. Ein "ruhiges und unbeirrtes Plädoyer gegen das allgemeine Vergessen" habe Bober hier vorgelegt. Allerdings befasse sich der Autor keineswegs nur mit der Trauer, sondern auch mit der Hoffnung auf ein zwar `schwieriges, aber erfülltes Leben`. Lobend erwähnt Stempel auch die Leistung des Übersetzers, der "das poetische Filigran" des Buches hervorragend ins Deutsche übertragen habe.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.05.2000

"Archäologie des Erinnerns" betreibe Bober auch in seinem zweiten Roman, stellt Jürgen Ritte in seiner Besprechung fest. Mit dem Blickwinkel der Überlebenden werde das Gedenken an die Shoa wachgehalten, und das auf eine Art, die "zurückhaltend, feinfühlig und präzise" zugleich sei. Ritte zeigt sich beeindruckt und erschüttert von diesem Roman, dessen einziger Wermutstropfen für den Rezensenten in der deutschen Übersetzung zu finden ist, die mitunter etwas zu "gefühlig einfach" geraten sei. In seiner sorgfältig angelegten Struktur stelle der Text eine "grosse Konstruktion, ein literarisches Spiel" dar, der durch das Wachhalten der Erinnerung erst das Leben ermögliche und der dem Tod eine "lange Nase zu drehen" scheine.
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