06.09.2021. Starker Saisonauftakt: Zwei Pulitzer- , ein Goncourt- und ein Bachmannpreisträger legen ihre neuen Bücher vor: Colson Whitehead macht krumme Geschäfte mit einem schwarzen Mann ohne Eigenschaften im Harlem der Sechziger, Eva Menasse blickt mit bitterbösem Schmäh und der epischen Lunge eines Musil in ein Nachkriegs-Dorf voller Nazis, Herve Le Tellier verdoppelt mit Witz und Klugheit ein Flugzeug und seine Crew, Horst Bredekamp präsentiert eine opulente Biografie Michelangelos. Dies alles und mehr in unseren besten Büchern des Monats September.
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Lyrikkolumne "Tagtigall", dem
"Fotolot", in den
Kolumnen "Wo wir nicht sind" und
"Vorworte", in unseren
Büchern der Saison, den
Notizen zu den jüngsten
Literaturbeilagen und in den älteren
Bücherbriefen.
LiteraturHerve Le TellierDie AnomalieRoman
Rowohlt Verlag, 352 Seiten, 22 Euro
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Herve Le Telliers neuer Roman hat im vergangenen Jahr den Prix Goncourt erhalten, und auch hierzulande ist die Kritik begeistert: In der
FAZ weiß Niklas Bender gar nicht, wo er anfangen soll bei diesem
reichen,
klugen und
witzigen Roman, in dem ein Flugzeug mit 243 Passagieren auf dem Flug von Paris nach New York in ein Unwetter gerät - und sich verdoppelt: FBI und Air Force, Psychologie und Astrophysik versuchen das Phänomen zu erklären, während einzelne Personen mit ihren Doppelgängern klarkommen müssen, darunter ein depressiver Schriftsteller, ein Profikiller, eine alleinerziehende Filmcutterin und ein Wahrscheinlichkeitstheoretiker, erklärt Bender, für den Tellier ein besonders virtuoser und qualifizierter Vertreter der avantgardistischen Literaturgruppe
Oulipo ist. Er versteht den Roman nicht nur als psychologisch tiefgründige,
urkomische Erzählung, sondern auch als Reflexion über die Fiktionalität sowie als Hommage auf Jarry, Perec und Calvino. Auch
Dlf-Rezensent Christoph Vormweg verspricht uns Riesen-Lesenspaß mit diesem spannenden, vielstimmigen, dynamischen und intelligenten Roman über die Lebensrealitäten der Passagiere und ihre Verwicklungen. Ein
Doppelgänger-
Mystery der Extraklasse mit einem verstörenden Finale, schwört er. Im
Tagesspiegel meint dagegen Michael Wolf: Hier werde "triviale Geschichten mit philosophischem Inhalt aufgewertet".
Eva MenasseDunkelblum Roman
Kiepenheuer und Witsch Verlag, 528 Seiten, 25 Euro
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Es scheint mal wieder eine Saison der Nazi-Romane zu werden. Aber Moment! Dieser ist von Eva Menasse und offenbar ganz anders, wenn wir den KritikerInnen glauben: Einen "
Geniestreich" nennt etwa Ijoma Mangold in seiner mitreißenden
Zeit-Kritik den Roman, in dem Menasse die Nachkriegsgeschichte eines fiktiven Dorfes voller Alt-Nazis bis 1989 erzählt. Von der Dorfgräfin über den Doktor bis zum jüdischen Ladenbesitzer Antal verschweigt man die Geschichte, die an das Massaker an jüdischen Zwangsarbeitern 1945 in
Rechnitz erinnert. Auch als das Dorf in den Achtzigern zur Touristenattraktion gemacht werden soll, wird nach Möglichkeiten vertuscht. Was diesen "
Vergangenheitsaufarbeitungsthriller" für Mangold zum "Meisterwerk" macht, ist aber Menasses Sprache: Der Kunst-Dialekt, den die Autorin hier erschaffen hat, klingt nach Hofmannsthals "Rosenkavalier", nur
drei Schichten tiefer, meint der Kritiker, der NS-Geschichte selten so farbig und lebensnah gelesen hat. Voll des Lobs ist auch Andreas Platthaus in der
FAZ: Menasse verfüge über die vielstimmige Mündlichkeit eines
Wolf Haas, die epische Lunge eines
Musil oder
Doderer, und sie habe Juli Zeh die Subtilitiät und den "
bitterkomischen"
Schmäh voraus. Diese finstere wie komische Geschichte aus dem Burgenland nimmt Platthaus für sich ein als mehrgenerationales kleinstädtisches "Sittenstück" für alle, nicht als Schlüsselroman. Für Sigrid Löffler im
Dlf-Kultur birgt dieses "soziale Wimmelbild" im Stil des Anti-Heimatromans zwar allerhand Gemeinheiten, nur das Verbrechen in Rechnitz bleibt die leere Mitte des Textes, meint sie. In der
SZ übt Hanna Engelmeier zu harscher Kritik: Dass Menasse das Verbrechen in Rechnitz selber nicht beschreibt, dafür aber umso wortreicher das Schweigen darüber, findet Engelmeier problematisch.
Ferdinand SchmalzMein Lieblingstier heißt WinterRoman
S. Fischer Verlag, 192 Seiten, 22 Euro
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Fast alle KritikerInnen haben mächtig Spaß mit dem Debütroman des österreichischen Dramatikers und Bachmann-Preisträgers Ferdinand Schmalz, der uns von dem
suizidalen Wildfleischfan Doktor Schauer, der sich mit Todeswunsch an seinen Tiefkühllieferanten Franz Schlicht wendet. Der Doktor verschwindet allerdings schon vorher und Schlicht begegnen bei seiner Suche einer Menge
skurriler Gestalten aus der österreichischen Gesellschaft.
taz-Kritiker Carsten Otte liest einen fesselnden,
grandios-
grotesken Krimi, der dem Tod mit "bitterbösem Humor" und einer guten Portion Humor begegnet. Den Dramatiker im Autor erkennt Otte vor allem am Rhythmus und an der festlichen Theatralik des Geschriebenen. Gewitzten Nonsens, der dem "
Fieber der Kaltblütigkeit" freien Lauf lässt, entdeckt in der
NZZ Paul Jandl, der natürlich auch die Anklänge an Bachmann, Horvath und Doderer erkennt. Im
Dlf lässt sich Shirin Sojitrawalla von der kunstfertig rhythmisierten Prosa, der metaphernstrotzenden Darstellung, dem Biss und den
clownesken Kollisionen in diesem Roman mitreißen. Auch das Grundlagenwissen des Autors betreffend die verschiedensten Arbeitswelten und Milieus findet sie bewundernswert. Und im
Tagesspiegel jubelt Jerome Jaminet über dieses "Sprachkunstwerk": "Schmalz ist der
Widerpart der Ich-
Ich-
Ich-
Erzähler mit Social-Media-Hipster-Slang, von identitätspolitisch engagierten Autorinnen mit überhöhtem Sendungsbewusstsein."
SZ-Kritikerin Marie Schmidt winkt dagegen ab, ihr ist diese "David-Schalko-Wolf-Haas-Josef-Hader-Welt" zu vertraut.
Katharina VolckmerDer TerminRoman
Kanon Verlag, 128 Seiten, 20 Euro
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Ihren Debütroman hat die deutsche, in London lebende Autorin Katharina Volckmer zunächst in Großbritannien veröffentlicht, kein deutscher Verlag traute sich ran. Der kleine Kanon-Verlag hat es nun gewagt, wenn er auch den Original-Untertitel "The Story of Jewish Cock" weggelassen hat - und die Kritiker sind begeistert: Als literarische Entsprechung der Masturbation versteht etwa
FAZ-Rezensent Philipp Theisohn den Monolog einer deutschen Frau, die sich in einer Londoner Praxis einen
jüdischen Schwanz verpassen lassen möchte und dem Arzt dabei ihre Vergangenheit, Lust, Schuld- und Schamgefühle anvertraut. Angesichts der
Rohheit der Diktion muss der Kritiker zwar das ein oder andere Mal schlucken, vor allem ist er aber froh, dass Volckmer keinen Thesenroman vorlegt, sondern die heikle Verbindung von Porno und Genozid in eine Utopie münden lässt. "
Kritisch und scharfsinnig" nennt
Welt-Kritikerin Zelda Biller das Buch, über das sie oft laut lachen muss, wenn Volckmers bigotte Heldin dem jüdischen Chirurgen in vor Zynismus und Wut beinahe "
explodierenden"
Sätzen von ihrem Sexual- und Hitlerkomplex erzählt. Witzig, wütend, auch tragisch, verblüffend grotesk und mitunter
an Bernhard erinnernd scheint Harald Staun in der
FAS der Roman: Noch glücklicher aber macht ihn, dass Volckmer weder in Klamauk noch in Identitätsdebattenbegriffe abrutscht. Im
Guardian-
Gespräch mit Ellen Hunt erzählt die Autorin, wie deutsche Verlage und jüdische Leser auf den Roman reagierten.
Colson WhiteheadHarlem ShuffleRoman
Carl Hanser Verlag, 384 Seiten, 25 Euro
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Ganz frisch erschienen und noch wenig besprochen: Der neue Roman des zweifachen Pulitzer-Preisträger Colson Whitehead, der hier einen
burlesken Ton anschlägt, wie
FAZ-Kritiker Florian Balke bemerkt. Erzählt wird die Geschichte des Möbelhändlers Ray, der im Harlem der Fünfziger und Sechziger einen eleganten Laden ehrlich führen will, aber immer wieder in krumme Geschäfte gerät. "Harlem Shuffle" ist ein
Gangsterroman um einen "
schwarzen Mann ohne Eigenschaften", der gar kein Gangster sein will, meint Carsten Hueck im
Dlf Kultur. Er bewundert vor allem die Präzision der Zeit- und Ortsschilderung. Automarken, Slang und Filme: Whitehead kennt alle Referenzen, versichert Hueck. Und dann der dreihebige
Rhythmus des Shuffle, der Harlem in den fünfziger und sechziger Jahren vorantrieb! Einen "mitunter schmerzhaft klaren Blick auf Amerika"
verdankt Martina Kothe im
NDR dem Roman, im
SWR2-
Gespräch mit Alexander Wasner meint Frank Hertweck allerdings: Whitehead ist ein Meister der "Ausstattungsliteratur", dabei bleiben Nebenfiguren oft nur "Klischees".
Maxim BillerDer falsche GrußRoman
Kiepenheuer und Witsch Verlag, 128 Seiten, 20 Euro
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Maxim Billers Held Erck Dessauer will ein
berühmter Schriftsteller werden im Berlin der Nullerjahre. Nur ein jüdischer Großschriftsteller scheint ihm dabei im Wege zu stehen. Man muss "ziemlich oft lachen" in diesem Roman, versichert
SZ-Kritiker Nils Minkmar. Biller zeichnet mit Dessauer einen Schriftsteller, der sich
zu kurz gekommen fühlt und ab und zu auch antisemitische Anwandlungen hat. Als Zeitbild funktioniert der Roman für Minkmar sehr gut. Für Tobias Rüther (
FAS) kann der Roman noch mehr: Er hebt ab auf die tödlichen Ideologien des 20. Jahrhunderts und die Unsitte, aus ihnen immer wieder
karrieristisch Kapital zu schlagen. Aber eindeutige Zuordnungen gibt es nicht, Billers gut ausgebildeter Sinn für menschliche Widersprüche verhindert das, erklärt Ingeborg Harms in der
Zeit. Entsprechend tun sich unter den Figuren Abgründe auf und die
Lesersympathien wechseln die Seiten, notiert die Rezensentin. Am Ende, freut sich Paul Jandl in der
NZZ, fliegen alle aus der Kurve, nur die Metaphern nicht, die sitzen.
Sachbuch Horst BredekampMichelangeloKlaus Wagenbach Verlag, 816 Seiten, 89 Euro
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Die Kritiker gehen auf die Knie vor Horst Bredekamps
opulenter Biografie über Michelangelo. Auf mehr als 800 Seiten präsentiert der Kunsthistoriker hier seine jahrzehntelange Beschäftigung mit dem Renaissance-Künstler, aber natürlich nicht als schnöde Biografie, sondern als "
Geschichte der Werkformen", erklärt uns ein hingerissener Alexander Cammann in der
Zeit. Den Lebensstationen des Künstlers folgt er hier natürlich trotzdem, entdeckt dabei allerhand Neues, auch Diskussionswürdiges, ergötzt sich aber vor allem an den "
augenöffnenden"
Detailanalysen der Werke, die ihm Bredekamp bietet, wenn er ihn schrittweise durch Michelangelos Universum führt. Neunhundert Abbildungen machen dieses für Laien und Fachpublikum gleichermaßen geeignete "
Meisterwerk" für den Rezensenten auch zu einem visuellen Fest - und selbst von Bredekamps "
Quintessenz-
Kaskaden" an den Kapitelenden lässt er sich mitreißen. Und auch sprachlich ist das Werk der reinste Genuss ergänzt Michael Opitz im
Dlf, der zwischen Bredekamps beeindruckend genauen Beobachtungen und Thesen die lebenslange Begeisterung des Kunsthistorikers für den Künstler spürt. In der
Zeit preist Ulrich Pfisterer nicht zuletzt Bredekamps ganzheitlichem Ansatz: Sogar den Gedichten widmet sich der Autor, staunt Pfisterer. Bredekamps Analysen, die Michelangelos Genie zwischen "
Anmaßung und Demut" verorten und seine Netzwerke wie auch seinen Eros in den Blick nehmen, zeigen ihm die Fortschrittlichkeit des Künstlers, aber auch seine Melancholie.
Elizabeth KolbertWir KlimawandlerWie der Mensch die Natur der Zukunft erschafft
Suhrkamp Verlag, 239 Seiten, 25 Euro
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Ein sehr aktuelles Buch zur
Klimakrise legt die amerikanische Journalistin und Pulitzer-Preisträgerin Elizabeth Kolbert mit "Wir Klimawandler" vor. In den hier versammelten
Reportagen erzählt sie von Menschen, die nach Lösungen für den Klimawandel suchen. Beeindruckend findet
Dlf-Kritikerin Anne-Kathrin Weber die Reportagen, in denen sie liest, wie Louisiana den Landverlust aufhalten will, den es ausgerechnet durch die Stauung des Mississippi befördert hat, oder wie Hawaii gegen die
Plage einer Schnecke ankämpft, die zur Bekämpfung einer anderen Schneckenart importiert worden war. Mit großem Interesse folgt auch Claudia Mäder in der
NZZ Kolberts skeptischen Schilderungen jener Lösungsansätze: Sie erfährt von solarem Geo-Engineering, mit dem
Vulkanausbrüche simuliert werden sollen, um die Temperatur zu senken, oder von
künstlichen Nebelwolken, die Australiens Korallenriffen vor der Hitze schützen sollen. Vor allem lobt Mäder die Autorin für ihre angenehme Nüchternheit. Im
Guardian hebt Ben Ehrenreich Kolberts Subtilität hervor, vermisst aber wesentliche Fragen: Wer hat von den Technologien profitiert, die diese Krisen verursacht haben?
Wer profitiert jetzt? Und wer verliert?"
Hans Jürgen BalmesDer RheinBiografie eines Flusses
S. Fischer Verlag, 560 Seiten, 28 Euro
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"Poetisch" und "
wunderbar reich" nennt
NZZ-Kritiker Cord Aschenbrenner dieses Buch des Lektors und Übersetzers Hans Jürgen Balmes. Und man möchte ihm gern glauben: Denn Balmes, selbst in Koblenz am Rhein aufgewachsen, nimmt uns mit auf eine Reise durch die Kultur- und Naturgeschichte des Rheins auf den Spuren großer Fluss-Biografien wie
Claudio Magris und
Peter Ackroyd, erzählt Aschenbrenner: Wie der Autor mit seinem beobachtenden Blick "
die Seele"
des Flusses im Kleinen, Übersehenen, Flüchtigen sucht, als Wanderer und
Naturbeobachter nämlich, nicht als Chronist menschlichen Schaffens, findet Aschenbrenner klug. Als "geologischen, biologischen und
ideengeschichtlichen Reigen" würdigt Florian Balke in der
FAS das Buch, in dem jede Zeile "so selbstverständlich von Gegenstand zu Gegenstand fließt wie Wasser". Im
SWR2 meint Rainer Volk: Diese "nie langweilige Liebeserklärung" an den Rhein "durchzupflügen", wäre "Frevel". In der
WDR-Westart spricht Balmes über seine Liebe zum Rhein.
Susanne SchroeterAllahs KarawaneEine Reise durch das islamische Multiversum
C.H. Beck Verlag, 203 Seiten, 16,95 Euro
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Susanne Schröter gilt als Islamkritikerin. Als sie an der Uni Frankfurt eine
Diskussion übers Kopftuch ansetzte, protestierten Studenten und forderten gleich Schröters Entlassung. In linken Medien wie dem
Neuen Deutschland wird sie bis heute als Rassistin verunglimpft. In ihrem neuen Buch zeigt Schröter, dass sie keine Islamfeindin ist - das gilt viel eher für den Islamismus selbst, der historisch gewachsene Formen des Islams im Namen einer ahistorischen Reinheit bis aufs Messer (und zwar wörtlich) bekämpft. Um diesen praktizierten, den reinen Lehren nicht selten widersprechenden Islam der Sufi-Derwische oder der Marabouts geht es in dem Buch der Ethnologin. "Man sollte die Bevölkerung aufklären,
was Islam alles sein kann - eben nicht nur Scharia-orientiertes Hardlinertum, sondern auch Spiritualität und
Barmherzigkeit und vieles mehr", sagt sie im Gespräch mit der
Welt. Die Kritiker loben Schröters nüchternen, aber lehrreichen Streifzug durch diese der Welt und oftmals auch den Fundamentalisten sehr fremde reale und historische Welt des Islams.
Ann-Christine WoehrlWitches in ExilKehrer Verlag, 104 Seiten, 45 Euro
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Hexenverfolgung gab es nicht nur im Mittelalter. In
Ghana, das wie Carolin Gasteiger in der
SZ schreibt, als "Vorzeige-Demokratie" gilt, existieren noch heute ganze
Hexendörfer. Dort leben jene ausgestoßenen Frauen, nicht selten mit ihren Kindern, die von der Gesellschaft aus
Aberglauben für alle möglichen Übel, sei es ein Unwetter oder finanzielle Probleme, verantwortlich gemacht werden. Zwei dieser Dörfer hat die deutsch-französische Magnum-Fotografin Ann-Christine Woehrl, die auch schon Opfer von Säure- und Brandattacken aus Bangladesch, Kambodscha, Indien oder Nepal porträtierte, nun besucht, um diese Frauen zu fotografieren. Bewegt betrachtet Gasteiger die Aufnahmen der Frauen, deren Kleider vor dem schwarzen Bildhintergrund oft
leuchten, während die Augen doch "trübe" scheinen. Die Porträts werden von kurzen Texten begleitet, die über die Identität der Frauen und den Grund ihrer Verstoßung aufklären. "Das zeigt auch, wie wenig es bedarf, um jemanden als Hexe zu brandmarken. Oft reiche ein Traum ohne Belege, um jemanden zu denunzieren", erklärt Woehrl im
Interview mit
Dlf-Kultur. Ein paar der beeindruckenden Fotos sind bei
freelens.com zu
sehen.