Vorgeblättert

Walter Abish: Alphabetisches Afrika, Teil 3

10.04.2002.
G

Garantiert echte Gesten gelten als afrikanische Gesten, da Afrikaner durch ausnehmend dosierte Gesten eingefleischte, durchaus auch bleibende gegenseitige Affekte auseinanderliegender erwärmter Brustkörbe anzeigen dürfen. Alle Betatschungen, alles ausgestoßene Grunzen, die ganze Expression dieser Gesichter drückt ein glaubwürdig ewiges, dramatisches afrikanisches Durcheinander aus, ebenso eine gierige Fusion der Außenhäute, derweil deren Fleisch Grenzen erkundet, großzügig eine frische afrikanische Ekstase absondert, etwaige Geschenke anbietet, darin gern dem gestrigen Beispiel folgend, da alle Folgetage bestimmten Geschenken gewidmet, alle Afrikaner aller Armbrüste, aller Dart-Pfeile entledigt bleiben, auch finden alle eine einzige, dieselbe Erwartung geil. Entsprechend, dies garantiert der Autor, bleibt eine Grenze bestehen, bis alle eigens adressierten Geschenke den Besitzer ändern. Entsprechend bieten Frankreich, Deutschland, Amerika Gaben an.

Ghanaer glauben fälschlicherweise fest, deutsche Gestik begehre Fluten aufzuhalten, Eidechsen einzukochen, Afrikanern Gehörschäden anzuzaubern, doch die deutschen Gesten bleiben gesamthaft eitel, abgesehen davon, dass das enorm Clowneske dabei durchdringt.

Gustavs gastronomischer Frohsinn deckt Gustavs aufgedunsenen Bauch ergebnislos ab, das gestehen Deutschlands Generale finster, als der begabte Gustav bei Gabons bestem Diner für Alva als Entertainer fungiert. Gutes gabonisches Essen. Aber alle beim Diner fasst echter Alarm bei Deutschlands großem Durchmesser, bei Deutschlands großem Appetit. Es beisst gestopfte Gans, beisst aufs Gabelfrühstück, beisst aufs Gulasch, beisst "geschwind, Gesundheit, Gesundheit", beisst Gurken fort, dann Gugelhupf, gasch gasch, gisch gisch, es gröhlt, grunzt, fasst Beschwerden ab, beisst grüne Bohnen, Geschmackssache, derweil Deutschland größer anschwillt. Alarmiert geben Gabons Gemüsegärten frisches Essen an Gustav ab, ebenso an Gustavs Abkömmlinge, an Gerda, Grete, ferner an Gerhard. Das begabte Großdeutschland braucht Energie, auch gewährleistet es Größe, bleib dran, ein frischer Goethe, beträchtlicher Bursche, behauptet Gustav, derweil alle Grundig-Grammophone Gabons freundlich fiedeln: Goethe, Goethe, Goethe.

Bleiben die Deutschen Afrikas glaubwürdig? Ein glühender Geheimagent driftet ein, fingert an braunen Galoschen, flaggt ein Granitkinn, gewährt Deutschland fröhlich Erlaubnis. Als die Grenzen der Gastlichkeit abgesteckt, erledigt Gustavs Biss ein Dutzend Frühstücks, dann ebensoviele Diners, ferner assistiert er der gabonischen Flugwaffe. Gesteht, dass die Aviatoren "ganz gute Burschen" dünken. Auch Gabon erscheine "ganz gemütlich": breite Avenuen, erbaut gemäß französischem Design, ebenso einige Bars, ebenso Boutiquen, glücklicherweise bleibe der gabonische Busch "ganz echt Afrika".

Auszug aus Walter Abishs Buch "Alphabetisches Afrika" mit freundlicher Unterstützung von Urs Engeler.
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