Intervention

Plötzlich nackt im Raum

Von Peter Mathews
16.10.2023. Der Terror der Hamas gegen Israel und  die Juden hat auch eine große innenpolitische Bedeutung für Deutschland. Wie mit  einem Blitzlicht  ausgeleuchtet, steht die Islampolitik der Regierung in Bund und Ländern zur Kenntlichkeit entblößt da. Keine Organisation des politischen Islams hat sich bisher klar von den Pogromen distanziert, aber auch die Politik hat bisher von ihnen kein Bekenntnis zum Grundgesetz gefordert. Es ist Zeit für eine Revision.
Der Terror der Hamas gegen Israel und die Juden hat auch eine große innenpolitische Bedeutung für Deutschland. Wie mit einem Blitzlicht ausgeleuchtet, steht die Islampolitik der Regierung in Bund und Ländern plötzlich nackt im Raum. Der Schleier der Vielfalt, mit der jedes noch so ernste Problem den Blicken der Öffentlichkeit entzogen wurde, liegt am Boden. Die zivilisatorische Kluft zwischen einer patriarchalen, auf Gewalt basierten muslimischen Kultur, auch in der Migrantengesellschaft und der Mehrheitsgesellschaft ist plötzlich überdeutlich. Die Freudentänze nach dem Terrorcoup der Hamas auf den Straßen von Neukölln oder Essen, sind nur  Stichflammen eines glühenden antisemitischen und antiwestlichen Herdfeuers. Eines Feuers, das uns von der verantwortlichen Politik seit Jahren als kalte Asche angepriesen wurde.

Die vom Innenministerium beauftragte Studie über Muslimfeindlichkeit ist Makulatur (unsere Resümees), weil sie zum einen selbst diskriminiert, aber weil sie vor allem etwas anderes völlig ausgeblendet hat: Den Hass der großen islamistischen Community auf die Juden und das, was wir den "Westen" und die europäischen Werte nennen. Ein "Expertenkreis politischer Islam" hätte das Innenministerium sicher frühzeitig auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Aber er wurde vorsorglich von der Innenministerin aufgelöst.  

Das Innenministerium arbeitet stattdessen seit Jahren mit den Institutionen des politischen Islam in der Islamkonferenz zusammen, lädt sie zu Empfängen und Konferenzen ein, obwohl gewiss ist, dass diese Organisationen einzig und allein auf die Anerkennung ihres religiösen Lebens zielen, zu dem die offene demokratische Gesellschaft im Widerspruch steht.

Die Regierung setzt nicht auf säkulare Kräfte, sondern kooperiert mit den Vertretern des politischen Islam, weder zum Nutzen des Zusammenhalts, noch zum Schutz der Grundrechte.  

Da ist die türkische Ditib, die die Politik der AKP mithilfe eines Netzwerkes von über tausend von der türkischen Regierung finanzierten und angeleiteten Beamten betreibt.

Da ist der Zentralrat der Muslime, in dessen Vorstand das iranische Mullah-System mit dem Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) direkt agiert.

Da ist der Islamrat, dessen Hauptorganisation Milli Görüs nicht nur den Traum der globalen Herrschaft des Islam träumt, sondern auch ganz konkret mit der Muslimbruderschaft an seiner Verwirklichung arbeitet.

Das vorrangige Ziel der Zusammenarbeit mit diesen Parteien des politischen Islam war immer Anerkennung und Partizipation. Niemals hat man von einem Innenminister, sei er von der SPD oder der CDU, gehört, dass von den Islamverbänden ein proaktives Bekenntnis zum Grundgesetz oder gar ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abverlangt wurde. Es gab in den letzten zehn Jahren in Europa über 200 islamistische Anschläge in Europa und nicht eine Demonstration der Islamverbände gegen diejenigen, die im Namen des Islam morden. Niemand verstand es besser als der Zentralrat der Muslime, den Terror im Namen des Islam zu relativieren und zu versichern, diese Gewalt habe mit dem Islam nichts zu tun. Und niemand fand bisher mehr Verständnis für diese Haltung, als die auf Ruhe getrimmten Beamten und Beauftragten der Regierenden.

Das Ziel offiziöser deutscher Islampolitik war, um im Bild zu bleiben, einen Hijab vor die Probleme des Islamismus unter Migranten zu ziehen. Das dies nun durch einen unvorsehbaren Vorfall enttarnt wurde, bedeutet nicht, dass sich etwas ändern wird. Die Wirklichkeitsverweigerung der politischen Blase scheint stabil.

Es wird sich zeigen, ob - wie inzwischen auch von Hamburgs Bürgermeister Tschentscher gefordert - ein Verbot  des IZH realisiert wird. Bisher wurde dies aus außenpolitischen Gründen unterlassen, wie auch ein Vorgehen gegen die Umtriebe der Ditib immer mit Rücksicht auf die Türkei unterlassen wurde.

Werden der Zentralrat der Muslime, der Islamrat, die Ditib weiterhin ins Bundespräsidialamt und das Innenministerium eingeladen und verhandelt der Staat mit ihnen über Teilhabe? Werden die "Integrationsprojekte" ihrer Vorfeldorganisationen weiterhin im Namen der Demokratieförderung finanziert?

Was wird aus dem Staatsvertrag mit den Islamverbänden, der gerade in Hamburg auf dem Prüfstand steht? Wird man ihn aussetzen und eine neue Form der Zusammenarbeit finden, in der nicht nur die organisierten, sondern auch die Mehrheit der säkularen Muslime eine Stimme haben?

Für die die Regierenden wird es Zeit, mit einem Missverständnis aufzuräumen und für Klarheit vor Vielfalt zu sorgen.

Für die Islamverbände ist es ebenfalls die Stunde, für Klarheit zu sorgen und sich zu Humanität und für eine säkulare Gesellschaft zu entscheiden. Sie können - wie es die Exil-Iraner, die gegen die Mullahs und die Hamas in Hamburg auf die Straße gehen, beweisen - Gesicht zeigen gegen den Terror, der in ihrem Namen verübt wird. Eine zukünftig notwendige und hinreichende Bedingung, um Teil unserer vielfältigen Gesellschaft zu sein.

Peter Mathews