Essay

Was man für richtig hält

Von Katharina Hacker
21.11.2015. Warum Beschreibung jetzt wichtig ist, ebenso wichtig wie der Versuch, gemeinsam nachzudenken, statt sattsam bekannte Polemiken zu pflegen. Antwort auf Oliver M. Piecha.
Dieser Text antwortet auf Oliver M. Piechas Erwiderung zu Katharina Hackers erstem Text. (D.Red), der wiederum eine Antwort auf Necla Keleks Kommentar zu den Anschlägen in Paris war.

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Mir persönlich käme es sinnlos vor, eine Polemik auf das zu schreiben, was unklares Argument scheint.

Aber dazu hat Oliver M. Piecha überlesen, dass die hingestellten Folgerungen aus nicht deutlich markierten Beschreibungen weder die Position Necla Keleks wiedergeben sollen noch meine eigene. Hiermit ist das hoffentlich explizit.

Unschuld des Terrors zu behaupten ist meiner Ansicht zu idiotisch, als dass ich hier dagegen schreiben will.

Ich halte es, um es noch einmal möglichst klar zu sagen, für wichtig, zwischen Beschreibung und Position (oder Polemik oder Meinung) zu unterscheiden. Wenn ich das für so banal hielte, wie dass Terror nicht unschuldig ist, würde ich es nicht im Perlentaucher schreiben.

Aus einer Beschreibung kann man ableiten, was man für richtig hält. Das sind zwei Schritte. Zusammengeworfen ergeben sich Behauptungen und Meinungen, zu viele, in der Debatte, vor allem zu laute.

"Kurz und bündig" - und dann angeblich klar -, daran stört mich zweierlei. Das Ergebnis ist fast nie ein Extrakt, der erhellend wäre. Folglich ist die Reduktion in zwei Richtungen verfehlt: sie arbeitet weder eine Struktur heraus, noch taugt sie als Beschreibung von nun einmal komplexen Wirklichkeiten. Ich ärgere mich, wenn jemand weder mit der verwickelten, widersprüchlichen Wirklichkeit zurechtkommen will, noch versucht, so zu abstrahieren, dass eine interessante Skizze dabei herauskommt.

In zweierlei hat Oliver M. Piecha recht. Saudi-Arabien ist abgedroschen als Beispiel, wenn auch ein Punkt darin ist.

Und der Ausdruck "historischer Anlass" ist verfehlt, man sagt wohl besser "Ausrede". Vermutlich muss ich dazu noch einmal darauf hinweisen, dass das eine kolportierte Position ist, nicht mein Argument?

Und hier ein weiteres Mal, was ich denke: Brutalität zwingt anderen das Zeitmaß auf, es ist nicht immer, aber meist eines der extremen Beschleunigung. Beschreibung, die nicht zurückscheuen muss vor einer Sprache, die sich dem Diktat vorgeblicher Klarheit entzieht, die - meiner Meinung nach - bloß die Mehrzahl der Phänomene abschneidet, ist meines Erachtens jetzt wichtig, ebenso wichtig wie der Versuch, gemeinsam nachzudenken, statt sattsam bekannte Polemiken zu pflegen.

Und verbales Getöse, dessen Abkürzung etwa die Vokabel "Krieg" ist, halte ich nicht nur für sinnlos, sondern fatal.

Zum Schluss, weil dies von Piecha eine schlampige und dabei fruchtlose Beschreibung ist: nein, ich schreibe nicht, dass Necla Keleks Sicht auf den Konnex "Islam" und "Terror" ideologisch sei.

Vielleicht ist eine Debatte interessanter, wenn man nicht gegen einen Text redet, den man (wie Oliver M. Piecha meinen) dumm findet, sondern versucht, umwegslos den eigenen Gedanken zu formulieren.

Katharina Hacker

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Dieser Text antwortet auf Oliver M. Piechas Erwiderung zu Katharina Hackers erstem Text. (D.Red), der wiederum eine Antwort auf Necla Keleks Kommentar zu den Anschlägen in Paris war.