Rachel Cusk

Der andere Ort

Roman
Cover: Der andere Ort
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518430187
Gebunden, 205 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Eva Bonné. Eine Frau lädt einen berühmten Maler in ihr Haus in einer abgelegenen Küstenregion ein. Es ist ein erdrückend heißer Sommer, und sie hofft, sein künstlerischer Blick werde das Geheimnis ihres Lebens und ihrer Landschaft lüften. Nur kommt es ganz anders. Denn nicht nur weigert er sich, sie zu malen, er meidet sie geradezu, scheint sie regelrecht vorzuführen in ihrer Bedürftigkeit. Und verbündet sich unterdessen mit ihrem Mann, und nähert er sich nicht auch ihrer Tochter an? (Deren Schönheit und Jugend sie nicht gleichgültig lassen.) Was soll sie tun? Sich kampflos ergeben? Oder versuchen, auch gegen ihre zum Leben erwachten Dämonen anzukämpfen und ihren Willen durchzusetzen?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.12.2021

Endlich hat Rachel Cusk wieder einen "richtigen" Roman geschrieben, jubelt Rezensent Wolfgang Schneider, für den das Buch nicht weniger als ein "Meisterwerk" ist. Das Thema mag bekannt sein - ein berühmter Künstler entpuppt sich menschlich als Niete - aber wie Cusk es anpackt, findet der Kritiker brillant. Wenn die Autorin schildert, wie jener L. aufgrund der während einer nicht näher benannten Pandemie eingebrochenen Marktpreise bei einer gewissen M. unterkommt, eine junge Geliebte mitbringt und jene M. bis an die Grenze des Ertragbaren demütigt, erkennt Schneider in Cusk einmal mehr die "subtile" Meisterin in der Darstellung des "Peinigend-Peinlichen im sozialen Miteinander". Wie die Autorin kluge Reflexionen, eine Prise Magie und atemberaubende Beschreibungen zu einem Roman von "existentieller Eindringlichkeit" zusammenfügt, ringt Schneider größte Anerkennung ab.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 24.11.2021

Rezensentin Verena Auffermann gehört zu den Fans von Rachel Cusk. So gnadenlos wie Cusk durchleuchtet kaum jemand das eigene Ich, meint sie. Der neue Roman ist für die Kritikerin denn auch ein "Purgatorium", in dem Cusk psychologisch reinen Tisch macht: Erzählt wird die Geschichte einer "reifen" Mutter und Ehefrau, die einen von ihr verehrten Maler in ihr Haus an der Küste Englands einlädt und deren Selbstbild durch die Anwesenheit des "egozentrischen" Künstlers ins Wanken gerät. Ein "raffinierter" Künstlerroman und ein "erbarmungsloses" Porträt des Älterwerdens, schließt die Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.11.2021

Rezensentin Daniela Strigl empfiehlt Rachel Cusks neuen Roman mit kleinen Einschränkungen. Dass die kanadische Autorin hier nicht ihre "Nabelschau" fortsetzt, sondern auf die Memoiren von Mabel Dodge Luhan anspielt, die vom misslungenen Besuch D.H. Lawrence' berichtete, verbucht Strigl erstmal als Gewinn. Erzählt wird die Geschichte der fünfzigjährigen M., die sich einst in die Bilder des Malers L. verliebte und diesen Jahre später zu sich und ihrem Mann in ihr Cottage im englischen Marschland einlädt. L., in einer Schaffenskrise steckend, bringt eine junge Affäre mit und straft M. mit Missachtung und Demütigungen, resümiert die Kritikerin. M's Tochter Justine und ihr Schnösel-Freund gesellen sich außerdem zu diesen "Wahlverwandtschaften", fährt Strigl fort, die amüsiert den sich immer neu bildenden Verbindungen zwischen den einzelnen Figuren folgt. Über ein paar "Banalitäten" kann die Rezensentin deshalb hinwegsehen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 08.11.2021

Rezensentin Maike Albath erkennt, dass Rachel Cusk die Erzählhaltung aus ihren früheren Romanen im neuen Text umdreht: Während die Protagonistin früher vor allem anderen zuhörte, ist es nun die Hauptfigur selbst, die spricht - von ihren Gefühlen, über ihren Beruf, die Familie. Dass Cusk wiederum kein Blatt vor den Mund nimmt und die destruktiven Momente von Beziehungs- und Familienleben anspricht, gefällt Albath. Die Dynamik zwischen den pointiert gezeichneten durchaus nicht immer sympathischen Figuren, der bissige Humor und der "beschwingte" Genremix aus Psychogramm, Brief- und Künstlerroman überzeugen die Rezensentin. Die Vorlage des Romans, die Memoiren der Mäzenin Mabel Dodge, hat Cusk auf gekonnt charakteristische Weise umgearbeitet, findet Albath.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.11.2021

Rezensent Christoph Bartmann kann sich keinen rechten Reim machen auf Rachel Cusks Roman, der sich als neue Version einer älteren Vorlage ausgibt (über die er jedoch nichts verrät). Cusk, die in ihrer "Outline"-Trilogie so kühl und klar Geschlechterverhältnisse umkreisen konnte, erzählt in "Der andere Ort" von einer Frau, die ein Leben in der Provinz an der Seite eines Mannes von pragmatischer Vernunft führt und von einem unbegreiflichen Verlangen nach einem selbstherrlichen Malerfürsten erfasst wird. Meint sie das ernst, fragt sich Bartmann, der diese klischeebeladene "Auslieferung an einen Künstler-Despoten" nur mit Mühe verkraften kann. Aber wenn nicht, worauf will sie hinaus?
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