Ronya Othmann

die verbrechen

Gedichte
Cover: die verbrechen
Carl Hanser Verlag, München 2021
ISBN 9783446270831
Gebunden, 112 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

"wir werden die detonation rückwärts lesen." Die Wörter können viel im ersten Gedichtband Ronya Othmanns. Sie kennen keine Grenzen für Zeiten, Begehren und Nationen. Sie bergen und betrauern die verschütteten Geschichten des Lebens zwischen allen Konventionen und Kulturen. Widerständig und zugleich an jeder Stelle ungeschützt und intim tragen diese existenziellen Gedichte einen neuen Ton in die Gegenwart. Die menschenverachtenden Verbrechen der Welt und das pure Glück, die Fremde des eigenen Lebens und das nie endende Heimweh finden zusammen in all dem "wovon du weißt, wenn du deine augen schließt".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.02.2022

Rezensent Philipp Böttcher preist die existenzielle Tiefe und den "interventionsfähigen" Universalismus der Gedichte von Ronya Othmann. Über Krieg, Verfolgung, Heimatverlust schreibt die Autorin laut Böttcher zwar mit Bezug zu ihrer Familiengeschichte und zum Schicksal der Jesiden im Nordirak, doch verrichtet sie dabei auf souveräne Weise "kollektive Erinnerungsarbeit", indem sie etwa ein lyrische Du einsetzt, wie Böttcher erläutert. Überzeugend findet der Rezensent Othmanns ernsthaften, von zeitgeschichtlichen Details und literarischen Bezügen getragenen Ton und ihre "eindrücklichen" Bilder. In den Gedichten bleiben die Verbrechen des IS im Nordirak präsent, meint er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.2022

Rezensent Christian Metz liest die Gedichte von Ronya Othmann über Flucht und Vertreibung mit Faszination. Als Leser schaltet er sich in die Zwiegespräche der Autorin mit Familienmitgliedern oder mit Dichtern wie Celan oder Trakl ein, die das Leid der Jesiden im Grenzgebiet zwischen Türkei, Syrien und Irak thematisieren, wie Metz schreibt. Dass Othmann diese Leiderfahrung "nur" im Wort nachvollzieht, nicht selbst erlitten hat, bleibt für Metz durchweg erkennbar. Othmanns Sprachgestus aber scheint ihm überzeugend, intensiv und tastend. In den Texten entdeckt Metz eine "Kippfigur" zwischen der Bukolik der Heimat und ihrem Zusammenbruch. Othmanns Formensprache erscheint ihm vielfältig, schillernd zwischen Zerbrechlichkeit und Lebendigkeit.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.10.2021

Rezensent Nico Bleutge lässt sich von Ronya Othmanns Gedichten in eine karge Landschaft entführen. Es handelt sich laut Rezensent um eine Geografie zwischen Syrien und der Türkei, der Heimat von Othmanns Familie, aber zugleich auch um eine innere Landschaft, die die Autorin in Form einer Selbsterkundung durchstreift. Überblendungen zwischen den beiden Geografien verbinden Inventarlisten des Verlorenen mit Erinnerungen an das Landleben und an die Ängste und Verluste innerhalb der Familie, erläutert Bleutge seine Lektüreindrücke. Der elegische Ton und der Rhythmus der Verse erscheinen Bleutge zwar nicht unbedingt neu, aber ihre "sensorische Fülle" bezaubert ihn immer wieder.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 26.10.2021

Rezensent Alexandru Bulucz wünscht sich die Übersetzung von Ronya Othmanns Lyrikdebütin möglichst viele Sprachen. Der Band der Autorin mit jesidisch-syrischer Familie trägt für ihn nur bei ganz genauem Hinschauen die Insignien eines Debüts. Bulusz stößt bei der Autorin auf hohe ethische Ansprüche, beachtliche Stoffsicherheit bei den Themen Krieg und Terror, Flucht und Vertreibung und eine eher konservative Form. Zugleich sind die protokollarischen Gedichte über Erfahrungen mit Repression oder zerstörtes Landleben gut zugänglich, findet er. Dass die Autorin gelegentlich Vokabeln der Trauer verwendet, statt auf die Perfomativität ihrer Texte zu vertrauen, ist für Bulucz der einzige kleine Hinweis darauf, dass der Leser es mit einem Debüt zu tun hat.
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