Ricardo Piglia

Falscher Name

Hommage an Roberto Arlt. Ein kurzer Roman
Cover: Falscher Name
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783803131843
Gebunden, 100 Seiten, 15,50 EUR

Klappentext

Eingeleitet von Hanns Zischler. Mit einem Nachwort von Leopold Federmair. Aus dem argentinischen Spanisch von Sabine Giersberg. "Ich habe die einzige Erzählung von Arlt entdeckt, die nach seinem Tod unveröffentlicht geblieben ist", behauptet der Protagonist dieses Kurzromans. Sein Name lautet wie der des Autors: Ricardo Piglia. Dieser Piglia stieß auf ein Notizbuch des berühmten Roberto Arlt, das den Plan einer Erzählung mit dem Titel Luba enthält. Bei seiner Suche nach diesem unbekannten Text sieht er sich in geradezu kriminelle Machenschaften verwickelt, bis er am Ende dem mitfiebernden Leser im Anhang eine vollständige Fassung der Erzählung präsentieren kann. Nur: eine Erzählung Luba von Roberto Arlt gibt es nicht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.08.2004

Als eine "Wundertüte" von "rätselhaftem und fast unerschöpflichem Inhalt" hat Rezensent Uwe Stolzmann diesen Kurzroman empfunden. Denn hier werde ein kluges "Spiel mit vorgetäuschter Authentizität" getrieben, voll von "Zweideutigkeiten und dunklen Bezügen". Stolzmann hatte offenbar seine Freude an diesem Vexierspiel und lobt den argentinischen Autor Ricardo Piglia in höchsten Tönen: Die literarisch "manipulierte Wirklichkeit" habe er zu derart "beunruhigender Perfektion" entwickelt, dass er dem großen Borges durchaus ebenbürtig sei. In dem Buch berichtet ein Ich-Erzähler, der gleichnamig mit dem Autor ist, von seinen Bemühungen, eine "verschollene" Erzählung des Schriftstellers Roberto Arlt aufzuspüren. Roberto Arlt, 1900-1942, war laut Rezensent Stolzmanns kundigen Ausführungen "literarischer Gegenspieler" von Borges - während Borges sich "elitär" und großbürgerlich gab, war Arlt die "Stimme von Plebejern und Kleinbürgern". Dass diese ominöse Erzählung Arlts tatsächlich am Ende des Kurzromans abgedruckt ist und vor "Kitsch und Klassenkämpfer-Pathos" strotzt, ist für Rezensent Stolzmann Nebensache. Denn Arlt habe diese Erzählung "nie geschrieben"; die Pointe sei vielmehr, dass Piglia hier die Gegenspieler Borges und Arlt "virtuell" gekreuzt habe. "Eine Arlt'sche Geschichte, erzählt in Borges Stil", so lautet der Interpretationsansatz von Stolzmann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.04.2004

Endlich ein Buch, "das sich lohnt", jubelt Karin Ceballos Betancur. Endlich ein Buch, das ihr mehr zu sein scheint als "ein postmodernes Spiel". In dem das "Leben mehr ist als ein Quiz", schreibt sie, und wir, die Leser, "mehr sind als Kandidaten". Das so bejubelte Buch ist ein kurzer Roman von nur 87 Seiten, der von dem Argentinier Ricardo Piglia stammt und der seinen Erzähler unter dem gleichen Namen im Roman auftreten läßt, wo er ein literarisches Spiel mit der Suche nach einem verschollenen Romanmanuskript des großen argentinischen Schriftstellers Roberto Arlt betreibt. Arlt wiederum hat es tatsächlich gegebenen, erläutert Ceballos Betancur und bedauert, dass seine Romane auf Deutsch schon lange vergriffen sind. Wer also trägt nun den "Falschen Namen": die Figur im Roman des Romans? "Falscher Name" greift alle wichtigen Themen Roberto Arlts auf, meint Betancur: Angst, Schuld, Verbrechen. Allein schon für seine Kunst, Arlt literarisch heraufzubeschwören, mit einem gefakten Manuskript, dafür gebühre Piglia aller Respekt, lobt Betancur und verweist darauf, dass der Roman aber mehr als das leiste, weil er sich mit der Frage beschäftige, wo die Grenze zwischen Authentizität, Plagiat und Fälschung verliefe. Ein Roman, der zwei Ebenen hat und beide voll ausschöpft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.12.2003

Kompliziert, kompliziert: Ein Protagonist namens Ricardo Piglia beschäftigt sich in einem - diesem - Kurzroman von Ricardo Piglia mit einem Romanfragment von Roberto Arlt, der neben Borges der große argentinische Erzähler seiner Zeit war. In einer "literarisch-kriminalistischen Suche" macht sich die Figur Piglia auf die Suche nach dem fehlenden Stück des Fragments, einer Erzählung, die laut Piglias Piglia "zum Besten, was Arlt je geschrieben hatte", zählt. Er findet das Stück, eine Erzählung, und stellt sie an das Ende seiner Suche - das Ende des Romans. Ein großer "Betrügerreigen", schreibt der faszinierte Rezensent Florian Borchmeyer und meint, dass ein weiteres Buch von gleicher Länge vonnöten wäre, um das Durcheinander zu entwirren. Alles nur postmoderne Spiel von gestern? Nicht doch, ruft Borchmeyer - schließlich sei dieses erstmals ins Deutsche übersetzte Buch dreißig Jahre alt, da hatte man sich in Europa an den argentinischen Experimenten noch nicht einmal versucht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.11.2003

Katharina Döbler hat ein "merkwürdiges Buch" gelesen, ein "Werk der Metaliteratur, das zwischen Original und Fälschung, zwischen Vorbild und Vorlage sein Spiel mit der Fragwürdigkeit des Authentischen" treibe, schreibt sie in ihrer Besprechung zu Ricardo Piglias Künstlerbiografie Roberto Arlts. Ein wenig konfus scheint es in dem Buch zuzugehen, sieht die Rezensentin doch eine "wilde Mischung" aus allerlei Texten zu "teuflischer Wirrsal gesteigert" erleben. Dennoch habe der Autor dennoch nicht die Übersicht verloren und eine "schillernde Geschichte" geschaffen, "die ebenso nebensächlich wie bezaubernd ist", versichert Döbler. Ausgestattet ist das Buch noch mit einem informativen Vor- wie Nachwort, so dass sich die Rezensentin abschließend nur noch wundern kann darüber, "wie viel Literatur über Literatur in ein so kleines Buch passt".