Adèle Rosenfeld

Quallen haben keine Ohren

Roman
Cover: Quallen haben keine Ohren
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783518431351
Gebunden, 221 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Nicola Denis. In ihr rechtes Ohr dringen noch ein paar Töne, links herrscht Stille. Seit ihrer Kindheit befindet Louise sich in einer Zwischenwelt. Im Hellen kann Louise die Lippen der Menschen lesen. Wird es dunkler oder sind Gesichter abgewandt, driftet sie ab in einen Zustand zwischen Imagination und Realität, in einen Raum der unendlichen Möglichkeiten. Dann beginnt sie, die Hörlücken mit ihrer Fantasie zu füllen, die bevölkert ist von drei fiktiven Figuren: einem Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg, einem Hund namens Zirrus sowie einer launischen Botanikerin, die Louise während der langen Monate des Nachdenkens und Zweifelns begleiten. Denn Louise steht vor einem radikalen Schritt: Ihr Gehör schwindet nach und nach, und die Ärzte raten ihr, ihr verbleibendes natürliches Gehör durch ein Cochlea-Implantat zu ersetzen. Um sich der Entscheidung zu entziehen, flüchtet sich Louise immer mehr in ihre Traumwelt, die ständig mit den großen Veränderungen in ihrem Leben kollidiert - einer beginnenden Liebesbeziehung, dem ersten Job bei der Stadtverwaltung, einer zerbrechenden Freundschaft. Doch die Zeit drängt, und Louise muss ihre Entscheidung treffen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 16.11.2023

Ziemlich begeistert ist Rezensent Christoph Vormweg von Adèle Rosenfelds Debütroman, der eine junge Frau ins Zentrum stellt, die unter Hörschwäche leidet und dabei ist auch noch den letzten Rest ihres Hörsinns zu verlieren. Sie versucht das zu verbergen, lesen wir, und hat sich außerdem als Kompensation eine Fantasiewelt ausgedacht, die mit der realen bisweilen in Konflikt gerät. Eben dieses Nebeneinander von echtem Leben und Imagination macht den Reiz dieses Buchs aus, findet Vormweg, gerade auch in sprachlicher Hinsicht. Die von Nicola Denis ausgezeichnet übersetzte Prosa findet immer wieder, so der Rezensent, eigensinnige, überraschende Sprachbilder und von existenzieller Verzweiflung durchbebte Metaphern, die die innere Spannung der Protagonistin dem Leser nahebringen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 25.09.2023

Louise verliert ihr Hörvermögen zunehmend: Soll sie sich ein Implantat setzen lassen oder weiter auf die Gehörlosigkeit zusteuern? So erklärt Rezensentin Dina Netz die zentrale Frage in Adèle Rosenfelds für den Debütpreis des Prix Goncourt nominierten Roman, die zunächst nach einer rein medizinischen Abwägung klingt, in den Worten der selbst hörbehinderten Autorin aber zu so viel mehr wird. Je weniger ihre Protagonistin hört, desto größer wird ihre Fantasie, weiß Netz, und gleichzeitig ist die Protagonistin hin- und hergerissen zwischen hörender und nicht-hörender Welt. Von letzterer wird sie abgelehnt, in ersterer findet sie sich aber auch nicht mehr zurecht. Dieses Hin- und Herüberlegen hat Nicola Denis für die Kritikerin perfekt übersetzt, sie freut sich auch, dass Hörende dazu angeregt werden, ihr eigenes Verhältnis zu Sinneswahrnehmungen und Behinderung zu reflektieren. Ein fantasievolles und lehrreiches Buch, schließt sie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.09.2023

Zumindest bis zu einem gewissen Punkt liest Rezensentin Birthe Mühlhoff Adèle Rosenfeld Debütroman gern. Im Zentrum steht, lernen wir, Louise, eine junge Frau, die weite Teile ihres Höhrvermögen einbüßt, woraufhin sie ein neues Verhältnis zu Klängen und auch zu Sprache entwickelt. Wie Mühlhoff ausführt, basiert die Geschichte auf eigenen Erfahrungen der Autorin, was die Rezensentin dem Buch auch anmerkt. Irgendwann hat Mühlhoff allerdings das Prinzip verstanden und sie beginnt darüber nachzudenken, ob manche der Metaphern vielleicht doch zu schlicht sind. Außerdem tut es dem Buch nicht gut, findet Mühlhoff, dass der Verlag mithilfe von Schriftgröße und -satz die Seitenzahl in die Höhe getrieben hat. Der Text wirkt dadurch verlaberter als er ist, so die Kritik.
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