Agota Kristof

Irgendwo

Nouvelles
Cover: Irgendwo
Piper Verlag, München 2007
ISBN 9783492048712
Gebunden, 128 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Carina von Enzenberg. Eine Frau erklärt dem eilig herbeigerufenen Arzt, dass sie nicht versteht, wie die Axt in den Schädel ihres Gatten kommen konnte. Die Axt muss neben dem Bett gelegen haben, und er ist hineingefallen. Sie selbst hat gut geschlafen und fühlte sich beim Aufwachen großartig. Als wäre sie eine Last losgeworden. So ist es nun mal, das Leben: gleichzeitig schrecklich und wunderbar.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.2007

Durchwachsen scheint Rezensentin Pia Reinacher dieser Band mit Erzählungen von Agota Kristof. Zu ihrem Bedauern zeigt die Autorin nicht in allen Geschichten, was sie eigentlich kann. Angesichts der harten Themen wie Hass, Gewalt, Einsamkeit und Niedertracht, an denen sich Kristof seit Jahren abarbeitet, verwundert es Reinacher nicht, dass die Geschichten nicht immer die Wirkung entfalten, die sie in vorangegangenen Werken einmal hatten. Sie hält der Autorin vor, dieses Mal "zu nahe am Bösen und zugleich zu weit entfernt" zu sein, etwa in der Erzählung "Die Axt", die ihre "radikale Botschaft" verspiele. Andererseits findet Reinacher auch im vorliegenden Band Stücke, die sie vollauf überzeugen, besonders wenn Kristof "Hinterlist und Heuchelei ganz nebenbei" aufdecke wie in der großartigen Geschichte "Die falsche Nummer".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.04.2007

Sehr beeindruckt zeigt sich Rezensent Martin Krumbholz vom neuen Erzählband Agota Kristofs, die darin für ihn wieder ein Exempel ihrer "kargen, minimalistischen" Kunst abgeliefert hat. Manchmal sei eine Geschichte gerade mal zwei Seiten lang. Trotzdem bleibt den Figuren darin Krumbholz zufolge wenig erspart. Doch selbst die größte Ungeheuerlichkeit komme bei Kristof immer lakonisch daher und treibt dem Rezensenten wohl gerade deshalb gelegentlich den Schweiß des Entsetzens auf die Stirn. Auch erschüttert ihn der "gravierende" Pessimismus, die existenzielle Wucht dieser Erzählungen. Und ihr "düsterer Humor", der aus seiner Sicht selbst größte Katastrophen mit einem "sardonischen Lächeln" instrumentieren würde.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2007

Diese Atmosphäre einer "gelösten Desillusion" kennt und schätzt Iris Radisch schon seit Agota Kristofs Erstling "Das große Heft". Die vorliegenden Erzählungen, die nach Radischs Vermutung teilweise noch vor den Romanen entstanden sein könnten, atmen wieder den dialektischen Duktus aus Sentimentalität und Lakonie, den Radisch lieb gewonnen hat. Kristof bleibe sich treu. Die "absurden, existenziellen, komischen und naiv grausamen" Kurztexte könnten alle von den beiden Hauptfiguren des ersten Romans geschrieben worden sein. Radisch ist eine Freundin der "heiteren Depression", aus der Kristof heraus schreibt, und sie bewundert Intensität wie Radikalität der entstandenen Miniaturen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.03.2007

Unterschiedlich gut gelungen findet der Rezensent Thomas Laux die Prosaminiaturen der ungarischstämmigen, in der Schweiz lebenden und auf Französisch schreibenden Agota Kristof. Deutlich unterschieden sich die 25 Geschichten, die sich in dem schmalen Band versammeln, in ihrer Qualität, zwischen solchen mit hohem "Unbestimmbarkeitspotenzial" und jenen, die eher konventionell auf "kleine Pointen" abzielten. Obwohl sich inhaltliche und stilistische Gemeinsamkeiten ausmachen lassen - das Ausloten existenzieller Fragen, die bis zur äußersten Verknappung getriebene Syntax, das Spiel mit der Naivität - plädiert der Rezensent für die offenen, ins surreale kippenden Erzählungen, die dem "Kunstcharakter" der kristofschen Sprache entsprechen. An den parabelhaften, mit einem Ende versehenen Geschichten stören Laux die "banalen Pointen" und ihr "fast aufdringlicher Gleichnischarakter".
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