Alain Mabanckou

Das Geschäft der Toten

Roman
Cover: Das Geschäft der Toten
Liebeskind Verlagsbuchhandlung, München 2023
ISBN 9783954381661
Gebunden, 240 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Liwa Ekimakingaï, seines Zeichens Küchengehilfe im Hotel Victory Palace in Pointe-Noire, hat unter mysteriösen Umständen das Zeitliche gesegnet. Am Abend des kongolesischen Nationalfeiertags trifft er in einem Nachtklub die schöne Adeline, er begleitet sie nach Hause ... und erwacht nicht etwa in ihrem Bett, sondern in einem Grab auf dem Friedhof Frère-Lachaise. Liwa findet den eigenen Tod ziemlich unfair und macht sich auf, Licht in die Angelegenheit zu bringen. Bei seiner Reise in die eigene Vergangenheit begegnet er höchst illustren Figuren, lebendigen wie verstorbenen. Da ist beispielsweise Augustin Biampandou, der als Hafenmeister das einträglichste Amt der Stadt bekleidet, sich aber trotz seiner Allmacht zum Schutz eine "Haushexe" hält. Oder der Sänger Lully Madeira, bei dessen Auftritten die Frauen gleich reihenweise in Ohnmacht fallen - aber erst seit er einen Buckel hat, in dem Geister wohnen. Liwa muss erkennen, dass sich die Welt der Toten kaum von der der Lebenden unterscheidet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.01.2024

Rezensentin Andrea Pollmeier scheint durchaus angetan von Alain Mabanckous Roman, der dem jüngst Verstorbenen Liwa Ekimakingai auf einer viertägigen Reise zwischen dem Totenreich und der Welt der Lebenden folgt. Aus dieser ungewöhnlichen Perspektive entwirft Mabanckou, lernen wir, ein Bild des gegenwärtigen Kongo, das von Machtkämpfen und Interessenkonflikten gekennzeichnet ist. Liwa besucht unter anderem, zeichnet die Rezensentin nach, seine eigene Beerdigung, außerdem lernen die Leser seine Großmutter kennen und erfahren einiges über eine weibliche Solidargemeinschaft, die sich über ein zinsloses Kreditsystem organisiert. Aber auch allerlei gefährliche Typen tauchen auf, berichtet Pollmeier von ihrer Lektüre, unter anderem Polizisten und Politiker, und der in die Welt der Lebenden zurückgekehrte Liwa vermag sie plötzlich allesamt zu durchschauen. Besonders beeindruckt Pollmeier die anschauliche Darstellung der Existenz im Zwischenreich, die die Logiken der Alltagswahrnehmung umdreht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.12.2023

Rezensent Jonathan Fischer erkennt im Roman des franko-kongolesischen Autors Alain Mabanckou eine Erzählweise, wie sie sonst für Fabeln verwendet wird. Wie der Autor anhand des Selbstgesprächs eines jung Verstorbenen afrikanische Mythen, magischen Realismus und Kritik an den korrrupten Zuständen der kongolesischen Gesellschaft miteinander verbindet, findet Fischer stark. Der politische Stachel im Gewand der Folklore, das ist für Fischer eine originelle Interpretation des postkolonialen Diskurses.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.11.2023

In dieser "herrlich überdrehten Geistergeschichte" von Alain Mabanckou liest Kritiker Cornelius Wüllenkemper einiges "über die postkoloniale Wirklichkeit": Der Protagonist Liwa Ekimakingai ist ein Untoter, der in der kongolesischen Stadt Pointe-Noire wieder auferstanden ist, jetzt will er erforschen, wie es zu seinem eigenen Tod kam.  Dem Rezensenten werden hier soziale Distinktionen zwischen den verschiedenen Schichten der kongolesischen Gesellschaft offenbart - so darf der Trauerzug der Beerdigung nicht durch die reichen, weißen Viertel laufen, die nichts mit den niedrigeren Schichten zu tun haben wollen, die ihrerseits gegen die Oberschicht agitieren. Wüllenkemper kann bei der Lektüre viel zur (auch sozialen) Geschichte des Kongo und seiner Entwicklung lesen, dabei, so lobt er abschließend, übt sich der Autor in dieser Groteske, seinem nun schon 14. Buch, nicht in falscher Zurückhaltung.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 25.08.2023

Einen "erzählerischen Filou" nennt Rezensentin Dina Netz Alain Mabanckou, der in "Das Geschäft mit den Toten" einmal mehr seine literarische Raffinesse unter Beweis stellt. Nachdem knalligen Einstieg, indem ein junger Mann namens Liwa zu seiner eigenen Überraschung auf dem Friedhof aufwacht - dem als Toter auf dem Armen-Friedhof wohlgemerkt - und sich fragt, wie er dort gelandet ist, versorgt Mabanckou seine Leserschaft im ersten Teil ganz konventionell mit ein wenig Familiengeschichte, wobei der Autor am Beispiel von Liwas Familie bereits einen Eindruck der sozialen Verhältnisse im Kongo vermittelt. Wenn er sich im Anschluss dann in einigen wunderbar pointierten Porträts jenen kruden Charakteren auf dem Friedhof widmet, und sein literarisches Gesellschaftspanorama so erweitert, scheint es bei aller Unterhaltsamkeit zunächst, als verliere er den Plot aus den Augen. Doch genau hier zeigt sich das große Können dieses Autors, der es auf meisterhafte Weise versteht, die vielen Fäden schließlich doch wieder zusammenzuziehen zu einem logischen und überraschenden Ende, lesen wir. Heiter, zugleich zornig und voller Tragik ist dieser Roman - eine scharfe Kritik an den Missverhältnissen im Kongo, und zugleich ein Lob derer, die Mitgefühl zeigen, Mut aufbringen und Widerstand leisten, so die hingerissene Rezensentin.