Anke Feuchtenberger

Genossin Kuckuck

Cover: Genossin Kuckuck
Reprodukt Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783956403460
Gebunden, 480 Seiten, 44,00 EUR

Klappentext

Kerstin kommt zu spät: Ihre Großmutter ist bereits beerdigt und das Fotoalbum, welches ihr versprochen wurde, ist nicht zu finden. Sie kommt nicht mehr weg aus der alten Dorfschule, in der ihre Großmutter Russischlehrerin war und in der sie aufwuchs. Kerstin wird von Effi heimgesucht, der sie noch die Einlösung eines Schwurs schuldig ist und Sternemann&Greiff, die - mit Rachegedanken ins Dorf zurückgekehrt - erfahren, wer sie damals wirklich ins Heim gebracht hat. Dem Buch sei eine Warnung vorangestellt: Es wird gefressen, sich vermehrt, zersetzt, geschlagen und Plasma gesungen. Niemand entkommt der rasenden Gewalt des veteranischen Wesens. Hermaphroditen, Kannibalen, Geschöpfe, die weder Tier noch Pflanze sind, gehen im Taumel der blütenlosen Hochzeit sofort in andere Formen des organischen Lebens über. "Genossin Kuckuck" ist eine fantastische und zugleich autobiografische Bilderzählung, die den Bogen über eine Kindheit im Dorf Pritschitanow der 1960er Jahre bis zur Privatisierung von Volkseigentum in den 1990ern spannt. Anke Feuchtenberger hat unter dem Arbeitstitel "Ein deutsches Tier im deutschen Wald" über ein Jahrzehnt an dieser Geschichte gearbeitet.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.03.2024

Rezensentin Martina Knoben betrachtet mit viel Freude Anke Feuchtenbergers Graphic Novel. Die Geschichte dreht sich um Kerstin und Effi, die zunächst beste Freundinnen sind. Traumartig entwickelt sich diese Geschichte, die in den 1960ern beginnt und in der DDR spielt - bei Feuchtenberg ein abgründiges, märchenhaft anmutendes Land. Schönheit und Schrecken sind nah beieinander in dieser Welt, etwa wenn es um Naturbeschreibungen geht, so Knoben weiter. Es sind vor allem die Naturbilder, mit Bleistift und Kohle illustriert, die Knoben nicht zuletzt durch ihre Vielschichtigkeit ganz besonders beeindrucken. Möglicherweise ist dieses Buch ein Meilenstein auf dem Weg zur Anerkennung der Graphic Novel als Kunstform, glaubt die Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.03.2024

Rezensentin Judith von Sternburg ist hin und weg von diesem Comic. Ach was, Comic, ein gezeichneter Roman, mehr noch, ein Langgedicht mit Prosa vermischt. Und sehr rätselhaft, schwärmt sie. Es geht im weitesten Sinne um zwei Mädchen, die in der DDR aufwachsen. Coming of age, Gewalt, sexueller Missbrauch werden angedeutet, erklärt Sternburg, aber vor allem ist dies für sie ein - wenn auch finsteres - Buch über kindliche Wahrnehmung und Phantasie, die Tiere im Menschen sieht und immer wieder ins Irreale gleitet. Alles verändert sich ständig, so Sternburg, die findet, dass dieses "Opus magnum" völlig zu Recht für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik nominiert wurde.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.03.2024

Rezensent Ralph Trommer erscheint es nur richtig, dass Anke Feuchtenberger mit ihrer zwischen Kunst und Literatur changierenden Graphic Novel für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert wurde. Die Geschichte einer Kindheit in Vorpommern in den 1960er Jahren erzählt die Zeichnerin laut Trommer mit Kohleschraffuren und Bleistiftlinien als fiktive, immer wieder ins Surreale kippende "Bilderzählung", poetisch und mystifizierend. Wie ein Märchen kommen ihm die Dorf-Episoden vor, wenn die Grenzen zwischen Natur und Mensch zerfließen und gruselige Gewalterfahrungen und Rituale als prägende Kindheitserfahrungen von der Autorin kunstvoll in Bild und Text gefasst werden.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 21.09.2023

Sehr gern liest und vor allem betrachtet Rezensentin Jule Hoffmann Anke Feuchtenbergers neuen Comic, der von einer Dorfjugend in Mecklenburg-Vorpommern zu DDR-Zeiten handelt. Die Details der Handlung um die Freundinnen Kerstin und Effi bleiben oft Andeutung, so Hoffmann, außerdem gibt es eine Nähe zur Tierfabel, tierische und menschliche Figuren begegnen einander auf Augenhöhe. Überhaupt ist die Rezensentin sehr angetan von Feuchtenbergers "Faszination für alles Organische", und auch von den stimmungsvollen Naturimpressionen in den Zeichnungen. Der emotionale Gehalt liegt durchweg in den Bildern, nicht in erklärendem Text, führt die beeindruckte Rezensentin aus, die das alles nicht nur an Mal-, sondern auch an Dichtkunst erinnert.