Arno Orzessek

Schattauers Tochter

Roman
Cover: Schattauers Tochter
Rogner und Bernhard Verlag bei Zweitausendeins, Berlin 2005
ISBN 9783807710013
Gebunden, 648 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Ist wirklich vergangen, was im Kalender zurückliegt? 1937, Kleinbärengrund in Masuren. Marie Schattauer, Tochter pietistischer Bauern, lernt unter heiklen Umständen zwei Reisende kennen. Sie verliebt sich in Hermann und geht mit ihm in den Westen. Ihre Liebe steht noch am Anfang, als Hermann in den Krieg zieht ... 1982, Osnabrück. Der charismatische Gustav Eckstein eröffnet seinen Schülern eine neue Welt. Dank seiner Zungenfertigkeit lässt er sozialen Aufstieg, Geld und Sex greifbar nah erscheinen. Dabei ist der Rhetoriklehrer keineswegs selbstlos und reißt seinen Lieblingsschüler Eduard in einen Strudel von Eifersucht und Gewalt ...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.01.2006

Durchaus beeindruckt zeigt sich Christoph Bartmann von Arno Orzesseks "mächtigem Prosa-Erstling", der Chronik einer deutschen Familie zwischen Masuren und Osnabrück von 1937 bis 1990. "Schattauers Tochter" kündet für ihn von nicht geringer Ambition und so lobt er das Werk als "außerordentlich gelungenen, dicken, packenden, neo-konventionellen Erzählroman". Er hebt hervor, hier werde erzählt, "dass es kracht". Was bei ihm gemischte Gefühle auslöst, übertreibt es der Autor für seinen Geschmack doch bisweilen. Andererseits gefällt Bartmann gerade das Verschwenderische in der Erzähllust Orzesseks. Die verwickelte Geschichte um den mondänen Rhetoriklehrer Eckstein und seinen Lieblingsschüler Eduard, die in einer Katastrophe mündet, lasse 55 Jahre deutscher Geschichte mitschwingen. Wie Orzessek das gemacht hat, befindet Bartmann, "hat schon etwas sehr Überzeugendes und manchmal auch Überwältigendes".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.05.2005

Das Motto, das Rezensent Markus Clauer ausgibt, hört man häufiger: ein großartiges Buch, aber leider auch großartig gescheitert. Der Autor, gelernter Journalist, hat Talent, stellt Clauer fest, aber er weiß es nicht zu zügeln. Zuviel Pathos, zu viele Worte, zu viel Seifenoper, bedauert der Rezensent. Worte kämen bei Orzessek "chemischen Waffen" gleich, die vorzugsweise in weiblichen Körpern ihre Wirkung entfalteten. Einer, der "mit aufgerissenem Visier" schreibt, so Clauer, was ihm den Autor grundsätzlich erst mal sympathisch, weil angreifbar macht. Ein Problem neben der ständig überstrapazierten Bildhaftigkeit von Orzesseks Sprache ist in Clauers Augen sein Parforceritt durch sechs Jahrzehnte Zeitgeschichte: da sollen die Kohl-Ära oder Achtziger-Jahre-Ingredienzen im Westfälischen atmosphärisch neben Kriegserlebnissen in Polen, Flucht und Vertreibung bestehen. Zuviel des Guten, kritisiert Clauer, der zwangsläufig eine Einebnung der vielen Erzählstränge und des damit verbundenen drastischen oder aufgeregten Tons eintreten sieht. Die literarische Provokation gerate streckenweise zur Schnurre, kritisiert Clauer, dem die herrschaftliche Geste des Autors trotzdem imponiert hat.