Arnold Stadler

Komm, gehen wir

Roman
Cover: Komm, gehen wir
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007
ISBN 9783100751270
Gebunden, 390 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Jim kommt aus Florida, jetzt ist er in Italien auf der Suche nach seinen Vorfahren. Rosemarie und Roland möchten heiraten, und Capri ist ihre vorgezogene Hochzeitsreise. Es ist ihr letzter Tag. Da kommt Jim an den Strand und fragt nach einem Schluck Wasser. Das ist ein Anfang, denn jede Liebe beginnt mit einem Blick. Was dann passiert, passiert in einer Nacht. Sie vergessen die Zeit, und später haben sie ein Leben lang etwas, das sie nicht vergessen können. "Komm, gehen wir" ist die Geschichte von drei Leben, drei Lieben, Glück und Unglück. Es bleibt die Sehnsucht. Das war fast alles. So als wäre die Liebe etwas gewesen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.07.2007

Ein wenig enttäuscht zeigt sich Beatrice von Matt von Arnold Stadlers neuem Roman "Komm, gehen wir". Mit den vorangegangen Romanen des Autors kann er ihres Erachtens nicht mithalten. Zwar findet sie auch hier großartige Passagen. Die Beschreibung der ersten Begegnung von Roland und seiner Frau mit dem Amerikaner Jim auf Capri etwa. Matt bewundert, wie wunderbar Stadler hier die "Fragilität der Liebesstimmung" einfängt: "leicht, kauzig, luftig - und ergreifend zugleich". Aber zu ihrem Bedauern bleibt das nicht so. Die Geschichte wirkt auf sie immer öfter "lustlos", "zu ausführlich", "nachgeschoben". Schmerzlich vermisst sie das Gedrängte, Lakonische, Geheimnisvolle der früheren Romane. Die Schilderungen scheinen ihr zu allgemein, oft auch zu beredt. Wo dagegen explizite Worte gefragt wären, wie in den entscheidenden Liebesszenen, ist ihr Stadler zu wortkarg. Auch die Komposition von "Komm, gehen wir" hat die Rezensentin nicht so überzeugt. Dabei verhehlt sie nicht, dass Lieben, Sehnen, der Plot in diesem Roman eigentlich das Zeug zu einer "großen Geschichte" gehabt hätten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.07.2007

Uneingeschränktes Lese-Vergnügen hat Arnold Stadlers auf Capri spielende Menage-a-trois der Rezensentin Kristina Maidt-Zinke bereitet. Offensichtlich von autobiografischen Erlebnissen geprägt, entfalte sich in dieser Konstellation um ein deutsches Paar und einem Amerikaner eine "anarchische Mischung? von Dokumentarischem und Fiktionalem, mit versteckten Pointen und genialen Beobachtungen. Anspielungen auf die hohe Literatur (Kafka, Beckett, Joyce) verdeutlichen - "so unfrisiert, geschwätzig und zotig" die Erzählung sich an vielen Stellen gebe -, dass es um einen "Erkenntnisgewinn spiritueller Art" gehe. Die Renzensentin sieht Stadlers Stärken genau dort, wo "derber Realismus auf philosophischen Feinsinn trifft". Das Leiden an der Liebe, das zunehmend den Deutschen (Roland!) erfasst, mündet am Ende in der befreienden Erkenntnis, die Liebe, das Leben und die Illusion vom Glück seien nur ein großer Witz.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.06.2007

Nur partiell zufrieden ist Rezensent Jochen Hieber mit dem neuen, dem nunmehr achten Roman Arnold Stadlers. Er kann auch ganz genau sagen, was er mag und was nicht. Großartig findet er nämlich die Anfangskapitel, die auf Capri spielen und die Protagonisten, das einander versprochene Paar Rosie und Roland, mit dem wie schaumgeborenen Amerikaner Jim sich in eine hetero-, homosexuelle Dreiecksbeziehung verwickeln lassen. Da gelinge Stadler Schönheit ohne Kitsch, eine Beschwörung des Südens, zu der der Autor freilich erst sehr viel später zurückfinde. Alles, was dazwischen liegt, ist dann vertrauter Stadler. Also auch nicht eigentlich schlecht, wie Hieber versichert, aber die Dreieckskonstellation wie überhaupt die ganzen schwarzwäldischen Typen und Figuren seien inzwischen doch allzu bekannt. Etwas anderes noch hat Hieber zu beklagen: Es geht nicht an, findet er, dass ein großer Autor der Gegenwart über Bettszenen einfach so, wortlos fast, hinweggeht. Jedenfalls wenn sie so wichtig sind wie in diesem Fall. Also insgesamt gemischte Gefühle bei der Lektüre. Aber die Capri-Passagen, die haben "Glanz".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.06.2007

Als "wild und sexy, tief, traurig und zugleich berauschend komisch" feiert Rezensentin Ina Hartwig Arnold Stadlers neues Buch, das sie auch als Hommage an die "lebensspendende Kraft" des Begehrens" begeistert hat. Es geht ihren Informationen zufolge um einen Mann, der in einer turbulenten Ehe lebt, und gleichzeitig einen Mann nicht vergessen kann, dem er eine erotische Offenbahrung verdankt. Die Rezensentin macht auch darauf aufmerksam, dass es sich bei Vornamen des Protagonisten Roland um ein Anagramm von Arnold handelt. Hartwig beschreibt die erzählte Geschichte einer Menage a Trois als Männergeschichte und ist begeistert von Staders Erzählstil, den sie als "Crossover von zeitlichen Ebenen, von Hochsprache, Jargon und Fachausdrücken, ist eine am Kalauern knapp vorbeischrammende Kulturkritik" beschreibt. Beglückt registriet sie immer wieder auch "gezielte Stilbrüche von obszöner Heiterkeit" - und den "Pasolini-Blick", den der abgebrochene Priesterstudent Stadler immer wieder auf Katholizismus wirft.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.06.2007

Für Rezensentin Verena Auffermann ist "Komm wir gehen" ein Buch über vieles: über die Unmöglichkeit zu lieben, über die Versuchung, über erschreckend zielorientierte Frauen und schließlich über die Siebziger. Natürlich auch eine Hommage an Pasolini, Truffauts "Jules und Jim" und an Julien Green. In der Geschichte selbst geht es um den stillen Roland, der zunächst recht glücklich mit Rosemarie zusammen ist. Beide verlieben sich aber in den Italo-Amerikaner Jim. Aus dieser Konstellation ist ein schön trauriges, "ergreifend einfach" geschriebenes Buch geworden, das mit Sicherheit schon in das Regal mit den literarischen Lieblingen Auffermanns eingereiht wurde, so begeistert erzählt sie von Arnold Stadlers bisher umfangreichstem Roman. "Ein starkes, leicht geschriebenes Buch über ein rutschiges Thema", befindet die Rezensentin, die diese Kombination außerordentlich gelungen findet.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.05.2007

Irgendwie toll, manchmal ein bisschen schwierig, insgesamt trotzdem ausgesprochen großartig findet Rezensent Christoph Schröder Arnold Stadlers neuen Roman, den er auch als Befund über die Liebe in Zeiten, in denen die Freude durch den Spaß ersetzt wurde, gelesen hat. Schröder zufolge wird hier auf verschlungenen Wegen die Geschichte einer Menage a Trois zwischen Capri, Rom und der baden-würtembergischen Provinz in den siebziger Jahren erzählt, inklusive Coming-Out und Schwangerschaft. Es beginnt, wie wir lesen, 1978 auf Capri am Strand, wo das junge Paar Roland und Rosemarie auf den Italo-Amerikaner Jim trifft. Stadler macht, so Schröder, dem Leser besonders hier den Einstieg nicht leicht, und fordert mit "struktureller Anarchie" eine Menge Leserenergie. Zoten, Wiederholungen und erzählerische Sackgassen, Stadler bemüht dem Rezensenten zufolge eine ganze Palette von Stilmitteln, um in "ziemlich heilloser Weise" die Biografien seiner drei Protagonisten retrospektiv aufzurollen und gleichzeitig die Geschichte dieser Beziehung zu erzählen. Doch der Energieaufwand lohnt sich, wie man dem anschwellenden Begeisterungssound der Rezension entnehmen kann. Besonders Stadlers Blick für menschliche Schwächen und provinzielle Monstrositäten, überhaupt diese "Stadler-Momente, Stadler-Sätze" begeistern Schröder schwer.
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