Bernhard Schlink

Das späte Leben

Roman
Cover: Das späte Leben
Diogenes Verlag, Zürich 2023
ISBN 9783257072716
Gebunden, 240 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Martin, sechsundsiebzig, wird von einer ärztlichen Diagnose erschreckt: Ihm bleiben nur noch wenige Monate. Sein Leben und seine Liebe gehören seiner jungen Frau und seinem sechsjährigen Sohn. Was kann er noch für sie tun? Was kann er ihnen geben, was ihnen hinterlassen? Martin möchte alles richtig machen. Doch auch für das späte Leben gilt: Es steckt voller Überraschungen und Herausforderungen, denen er sich stellen muss.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 17.01.2024

"Trost und Einsicht" spendet Bernhard Schlinks neuer Roman Rezensent Marc Reichwein. In Schlinks Geschichte über den unheilbar kranken Martin verbinden sich "Moralphilosophie" und "Existenzfragen", so Reichwein, mit den Mitteln der Unterhaltungsliteratur, also einer einfachen und zugänglichen Sprache (wie es Schlinks Credo ist). Martin muss nun entscheiden, was er mit den ihm verbliebenen Wochen anfangen will, er entschließt, seinem kleinen Sohn einen Brief zu hinterlassen. Dieser behandelt die großen Themen Liebe, Glaube, Herkunft und soll seinem Kind eine Lebenshilfe sein - dient dem Protagonisten aber auch als Mittel zur Selbstreflexion. Ein paar nicht ganz so originelle Nebenfiguren kann der Rezensent verzeihen, denn die Manier, mit der Schlink hier über den Tod reflektivert, überzeugt ihn auf alle Fälle.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 14.12.2023

So ganz zufrieden ist Rezensent Oliver Jungen nicht mit Bernhard Schlinks neuem Roman, der sich dem Abschiednehmen vom Leben widmet: Der Protagonist Martin ist 76 Jahre alt, hat vor wenigen Jahren nochmal eine Familie gegründet und sieht nun der Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs und damit dem nahenden Tod ins Auge. Er hinterlässt seinem sechsjährigen Sohn einen Haufen Briefe, um ihn auf das Leben vorzubereiten, erklärt Jungen, dann erfährt er, dass seine 30 Jahre jüngere Frau ihn betrügt. Das gerät zum Teil zum Klischee und den "schmalen Grat zwischen dem Anrührenden und dem Rührseligen" weiß Schlink nicht immer zu überbrücken, bemängelt der Kritiker, er hätte sich insgesamt mehr "erzählerische Offenheit" gewünscht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.12.2023

Einen "weisen, desillusionierten Blick" gewährt Bernhard Schlink seinem sterbenden Protagonisten im neuen Roman, den Rezensent Andreas Platthaus gerne gelesen hat. Kompositorisch "stimmt hier alles", nickt der Kritiker, auch die schnörkellose Sprache entspricht der Ernüchterung von Martin Brehm, der nach einer vernichtenden Krankheitsdiagnose einen Weg zu finden versucht, sein Leben, den drohenden Tod vor Augen, so gut wie möglich zu führen. Dabei drehen sich seine Sorgen vor allem um seine dreißig Jahre jüngere Frau und seinen kleinen Sohn: an diesen verfasst Brehm einen Brief, der sich in sieben Episoden durch das Buch zieht, so der Kritiker. Hier hält das Buch Überraschungen bereit, denn Brehms Schreiben ist ganz anders, als man es erwarten würde - und so ist Schlink, trotz ein wenig "kitschiger Körperlichkeit" eine weitere, kluge Auseinandersetzung mit dem Tod gelungen, freut sich Platthaus.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.12.2023

Rezensent Nils Minkmar liest den neuen Roman von Bernhard Schlink vor dem Hintergrund eines Motivs von Michel de Montaigne: "Philosophieren heißt sterben lernen". Denn darum geht es: Held Martin, deutlich betagter als Partnerin Ulla, Mutter des gemeinsamen Sohnes David, erhält eine Todesdiagnose und hat nur noch wenige Wochen, um die letzten Dinge zu regeln. Sorgen spielten in der "Gediegenheit bundesrepublikanischer Bourgeoisie", in der Schlink die Familie einbettet, bisher keine Rolle, resümiert der Kritiker. Nun aber beginnt Martin einen Brief mit Lebensaufgaben an seinen Sohn zu verfassen, den Mutter Ulla mit Entsetzen liest, erkennt sie darin doch nicht mehr als ein Zeugnis "sozialer Reproduktion" im Sinne Bourdieus. Der Kritiker liest all das mit großem Interesse, verzichtet Schlink doch nicht nur auf das ganze medizinische Behandlungschaos, sondern auch auf jeglichen "Kitsch". Vielmehr gelingt es dem Autor, die Frage nach den letzten Dingen auch auf den Leser zu übertragen, staunt Minkmar. Schlink wäre nicht Schlink, würde er nicht auch die Frage nach familiären Bezügen zur NS-Zeit im Roman stellen, schließt der Rezensent, bei dem die Lektüre lange nachhallt.
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