Birgit Vanderbeke

Geld oder Leben

Roman
Cover: Geld oder Leben
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783100870216
Gebunden, 140 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Und woran glauben Sie? An Geld oder an Leben? - Die Leute in diesen Erzählungen glauben alle an etwas anderes: Die Großmutter an Pfifferlinge, ein Kind an Schokoriegel, Mütter an die große Liebe und die heile Familie, Väter an die Freiheit, eineLehrerin an die Gerechtigkeit und die Studenten zunächst an Nein-Danke und später an die große Geldvermehrung. Solange man an sie glaubt, scheint sie ja auch zu funktionieren. Oder etwa doch nicht?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.10.2003

Es ist der neunten Prosaband der Autorin, die Protagonisten - darunter eine Heranwachsende, die in den siebziger Jahren nach alternativen Lebensentwürfen jenseits des Horizonts ihrer Familie sucht - sind mittlerweile schon alte Bekannte, stellt Maike Albath missgelaunt fest. Auch die "stilisierte Naivität", mit der die Ich-Erzählerin ausgestattet ist, geht der Rezensentin auf die Nerven, nicht zuletzt, weil sie auch diesen Tonfall aus den vorhergehenden Büchern der Autorin zur Genüge kennt. Die Erzählweise Vanderbekes, die auf Wiederholungen, umgangssprachliche Wendungen, "ungeschminkte Einfalt" und "Lakonie" setzt, ist inzwischen zur "Masche" geworden, mäkelt Albath. Am meisten aber stört sie der "tantenhaft belehrende Unterton", mit dem die Ich-Erzählerin als "neunmalkluge, unangepasste Hüterin des Wahren" gegen die materialistische Haltung ihrer Umwelt zu Felde zieht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.09.2003

Den Titel des neuen Buches von Birgit Vanderbeke bezeichnet Rezensent Martin Krumbholz rundheraus als Schlamperei. Hier werde, wie er findet, die Einsicht, dass Leben Geld kostet, was der Rezensent als ein Grundthema des Buches identifiziert, "frohgemut ins Gegenteil verkehrt". Krumbholz vermutet, dass dies einen Fan der Autorin wenig stört, da doch auch in dieser Neuerscheinung der typische Vanderbeke-Sound erklinge: Das Kind im Leser werde auch hier wieder behutsam an die Hand genommen, ihm werde die Welt gezeigt, "wie sie eben nicht ist: quadratisch, überschaubar sauber und feinkörnig wie im Sandkasten". Was herausspringt sei "Einverständnis auf schlichtestem Niveau", urteilt Krumpholz. Ihm wird jedoch bis zum Ende des Buches nicht klar, was die Autorin eigentlich erzählen will. Dass mal wieder die Kinderseele im Leser gestreichelt wird, stellt ihn jedenfalls ganz und gar nicht zufrieden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.08.2003

Der naive Blick kann so manche Dinge auf Anhieb vereinfachen und anschaulich machen, schickt Tobias Döring seiner Besprechung voraus. Ein Kunstgriff, der aber nicht immer funktioniert, wie Döring wohl mit dieser Einleitung andeuten will. Denn die Erzählerin in Birgit Vanderbekes neuester Erzählung stelle sich ganz einfach dumm, stellt er fest, um uns, "zu lehren, die Welt unverstellt zu sehen". Auch in "Geld oder Leben", das den Werdegang einer jungen Frau in den 70er, 80er und 90er Jahren erzählt, von der politisierten Gymnasialzeit über die öko- und friedensbewegte Uni bis zu den konsumterroristischen 90ern mit Kabelfernsehen und Werbepausen, gebe es starke typische Vanderbek'sche Momente, gibt Döring zu; doch wögen diese nicht die triviale Bordüre aus Binsenwahrheiten auf, deren schlichte Machart durch das Gutgemeinte auch nicht verbessert würde. Dass Konsumterror und Markenwahn entrüstenswert sind, sei so weit nachvollziehbar, meint Döring; aber wer das vermeintlich wahre Leben so platt dagegensetze, mache sich selbst modeverdächtig. Überhaupt nervt ihn, wie Vanderbeke alles umschreibt: da dürfen die Dinge nicht mehr beim (Artikel-)Namen genannt werden, höhnt er, weil man ihnen ja sonst "in falschem Glauben verfallen" könnte.
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