Elisabeth Wellershaus

Wo die Fremde beginnt

Über Identität in der fragilen Gegenwart
Cover: Wo die Fremde beginnt
C.H. Beck Verlag, München 2023
ISBN 9783406799327
Gebunden, 158 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Fremdheit ist ein Phänomen, das die Journalistin Elisabeth Wellershaus seit frühester Kindheit aus den Zuschreibungen anderer kennt. In ihrem Buch zeichnet sie nach, wie viel komplexer, allgegenwärtiger und bereichernder sie die Fremde selbst wahrnimmt - und warum sie uns verbindet. Wellershaus ist im bürgerlichen Stadtteil Hamburg-Volksdorf mit ihren weißen Großeltern und ihrer weißen Mutter aufgewachsen. Ihr Vater lebte als Kind auf einer Kakaoplantage in Äquatorialguinea und zog in den 1960er Jahren an die Costa del Sol. Fremdheit hat sie als schwarze Deutsche zwischen Hamburg, Malaga und den Lebenswelten ihrer Eltern als komplexes Konstrukt kennengelernt. Nach Studienjahren in London lebt sie als Journalistin mit klassischer Kleinfamilie im gentrifizierten Teil des Berliner Stadtteils Pankow. Heute gehört sie zur privilegierten Mittelschicht, und einfache Zugehörigkeitsnarrative greifen längst nicht mehr.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.06.2023

Rezensentin Sophia Zessnik findet die Suchbewegung in Elisabeth Wellershaus' Buch bereichernd zu lesen. Die zum Teil im Hamburger Stadtteil Volksdorf, zum Teil im spanischen Costa del Sol aufgewachsene Schwarze Autorin begibt sich hier auf eine Erkundungstour der eigenen Identität, immer auch in Bezug auf allgemeinere Überlegungen über aktuelle Identitätsdebatten, die Abschottung in der Pandemie oder die generelle Sehnsucht nach Zugehörigkeit, wie Zessnik zusammenfasst. Aus dem Buch und einem Gespräch mit der Autorin erfährt die Kritikerin viel über das Aufeinanderprallen der beiden Welten des soliden Hamburger Bürgertums und des "schwerelosen Mittelmeerlebens", die bei Wellerhaus gleichermaßen Fremdheitsgefühle hervorriefen. Dem entgegen halte die Autorin ein Vertrauen in eine multiple Verbundenheit, in eine "Vielzahl persönlicher Zugehörigkeiten", wie Zessnik zitiert. Dass Wellershaus' Buch trotzdem keine eindeutigen Antworten auf Identitätsfragen liefere, liegt für Zessnik in der Natur der Sache. Den Wert des Buches sieht sie vielmehr im poetischen "Tasten" der Autorin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.05.2023

Einen "fein gewobenen Text" über die Mechanismen gesellschaftlicher Ausgrenzung liest Rezensentin Andrea Pollmeier mit dem Sachbuch von Elisabeth Wellershaus. Als schwarze Journalistin war sie Zeit ihres Lebens immer wieder mit diesen Schemata der Exklusion konfrontiert, schon als Teenager passten Haare, Haut und Stil nicht zur "geballten Kraft weißer Wohlstandshomogenität", zitiert Pollmeier sie. Auch in ihrem Beruf machte Wellershaus immer wieder Diskriminierungserfahrungen, lesen wir. Dass Rassismus in unserer Gesellschaft immer noch fest verwurzelt ist, zeigt Wellershaus der Rezensentin mit einer Zusammenführung von literarischen Passagen, wissenschaftlichen Untersuchungen und Aufzeichnungen ihrer eigenen Erfahrungen. Dieser komplexe, "multiperspektivische Ansatz" hat Pollmeier tief beeindruckt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.04.2023

Ausgrenzung erfährt Elisabeth Wellershaus, Kind von Eltern unterschiedlicher Hautfarbe, selbst. Wie sie Erlebtes beschreibt und hinterfragt, inwiefern sie selbst andere Menschen ausgrenzt, ist für Rezensentin Elisa Schüler eine umfassende Analyse derzeitiger Befindlichkeiten in Deutschland. Besonders beeindruckt Schüler, dass Wellershaus die Leser in sehr persönliche Erfahrungen mitnimmt und sich dabei auch schonungslos selbst den Spiegel vorhält, um zu fragen, was es mit dem Wunsch nach Zugehörigkeit auf sich hat und ob wir "uns selbst nicht alle fremd" seien, zitiert die Rezensentin. Auch weil die Instrumentalisierung von Identitätsdebatten thematisiert wird, empfiehlt Schüler diese Abhandlung zum Nachdenken über Betroffenheit und Vorurteile. 
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