Eva Illouz

Undemokratische Emotionen

Das Beispiel Israel
Cover: Undemokratische Emotionen
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783518127803
Kartoniert, 259 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Michael Adrian. Ist es für einen Herrscher besser, geliebt oder gefürchtet zu werden? Da sich beides schwer vereinen lasse, gibt Machiavelli in Der Fürst, seiner berühmten Abhandlung zu den Grundsätzen der Staatsräson, der Furcht den Vorrang. In ihrem neuen Buch schließt die israelische Soziologin Eva Illouz in zweierlei Hinsicht an Machiavelli an: Sie unterstreicht die Bedeutung von Emotionen in der Politik und arbeitet heraus, wie Rechtspopulisten bestimmte Gefühle instrumentalisieren. Israel ist seit seiner Gründung wie kaum ein anderes Land von Sicherheitsfragen geprägt. In dieser Situation sei dem langjährigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu das machiavellistische Kunststück gelungen, gerade wegen der Furcht, die er sät, geliebt zu werden. Anhand ausführlicher Interviews mit u. a. Menschenrechtsaktivisten zeigt Illouz, wie Angst und Ressentiment Gesellschaften spalten und die Demokratie unterminieren.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.05.2023

Eine "Pflichtlektüre" für alle, die sich mit dem "Schicksal Israels" auseinandersetzen, liest Rezensent Micha Brumlik mit dem Buch der Soziologin Eva Illouz. Sie geht darin den Ursachen für die Erstarkung des Rechtspopulismus nach und kommt laut Brumlik zu spannenden Ergebnissen: Gefühle werden für Illouz auch durch soziale Gegebenheiten bestimmt und durch "kollektive Narrative" geformt, so der Kritiker. Die israelische Gesellschaft ist der Soziologin zufolge von zwei Gefühlen geprägt, der Angst (vor Antisemitismus) und, im Falle der "rechtsreligiösen Regierungsmehrheit" von Ekel, der sich auf die religiöse Unterteilung in "rein" und "unrein" zurückführen lässt, lesen wir. Es entsteht eine "Gefühlskonstellation", die von der rechtspopulistischen Ideologie so bedient wird, dass eine dauerhaft linksliberale Regierung kaum vorstellbar ist, erläutert Brumlik Illouz' These. Der Kritiker hat jedenfalls bisher keine kompetentere Analyse der israelischen Aktualität gelesen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 30.04.2023

Rezensent Marco Martin lässt sich anregen von Eva Illouz und ihrem Buch über den israelischen Populismus. Wie mit Gefühlen Politik gemacht wird, kann ihm die Soziologin anhand von Israel darlegen, ohne dem Antizionismus das Wort zu reden. Etwas schematisch findet Martin zwar, wie Illouz Emotionen wie Angst, Ressentiment und Liebe auf ihre die Demokratie beeinflussende Macht hin analysiert, doch spricht aus der Darstellung stets das "sympathische" Gesellschafts- und Politikverständnis der Autorin, versichert der Rezensent. Auch wenn sich Martin hier und da mehr Tiefgang und Kritik (so beim Thema "Rechtsruck der israelischen Gesellschaft") gewünscht hätte, findet er den Band lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2023

Natürlich ist nicht alles ganz neu, was die israelisch-französische Starsoziologin Eva Illouz in ihrem Band über den Populismus schreibt, räumt Rezensent Jens-Christian Rabe ein. Dennoch findet er ihre Analyse umsichtig und instruktiv. Wie Illouz vier große undemokratische Gefühle herausarbeitet, die vom Populismus geschürt würden - Angst, Abscheu, Ressentiment und blinden Nationalstolz -, findet Rabe weiterführend. Wichtig erscheint ihm auch, was Illouz über die langfristige Wirkung des Rechtspopulismus schreibt: Ihm sei nicht nur gelungen, die Linke von der Arbeiterschaft abzukoppeln, sondern auch vom "Diskurs der Rebellion". Dass die Soziologin schließlich nicht die Liebe, über die sie so viel gearbeitet hat, den negativen Gefühlen entgegensetzt, sondern die Brüderlichkeit, wertet er als einen "warmherzigen Idealismus", der zumindest auch das Gespür für demokratische Pflichten wieder stärken könnte.
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Buch in der Debatte

9punkt 31.10.2023
Die Linke hat nach den Pogromen der Hamas "moralisch und intellektuell eine sehr wichtige Prüfung nicht bestanden. Die Linke wird sich von diesem Zusammenbruch nicht erholen", sagt die israelisch-französische Soziologin Eva Illouz, im FR-Gespräch, in dem sie aber vor allem mit Benjamin Netanjahu abrechnet: "Er wird als derjenige in die Geschichte eingehen, der die größte Katastrophe über Israel gebracht hat." Unser Resümee