Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Russland und Europa

Aus den Tagebüchern
Cover: Russland und Europa
Friedenauer Presse, Berlin 2023
ISBN 9783751806374
Gebunden, 214 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen und herausgegeben von Walter Koschmal. Nicht nur die russische Politik, auch die westliche Berichterstattung über den Angriffskrieg Russlands greift immer wieder auf einen Fundus an Zuschreibungen zurück, in dem der den Russen so vertraute Dostojewski eine zentrale Rolle spielt. Sein Tagebuch eines Schriftstellers wurde lange vernachlässigt, dabei ist es nicht nur für sein literarisches Werk von zentraler Bedeutung. Es geht darin um das Selbstbild der Russen, um das russische Wesen, um ein Konzept von Aufklärung, in dem das Fühlen das Denken dominiert, um die Einheit Russlands und seine vermeintliche Beschützerrolle gegenüber den übrigen slawischen Völkern, um die Notwendigkeit von Krieg. Im Mittelpunkt aber steht das Konzept des Russischen im Vergleich zum Europäischen - eine Beziehung, die Dostojewski zufolge stets von Missverständnis und Misstrauen der Europäer gegenüber den Russen geprägt war. Die Aktualität der von Walter Koschmal aus dem umfangreichen Tagebuchwerk ausgewählten und nach 100 Jahren erstmals übersetzten Texte ist frappierend. Es werden tief verankerte traditionelle Denkweisen offenbar, die ihre Relevanz mit dem Ende des 19. Jahrhunderts zweifellos nicht verloren haben. Im Gegenteil, 2022 trat die Gefahr eines von Dostojewskis fast grenzenloser Russophilie abgeleiteten russischen politischen Denkens und Handelns erschreckend klar in unseren Alltag.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2023

Rezensentin Sonja Zekri hätte Dostojewski vielleicht gern verteidigt gegen eine einseitige Verdammung, allein diese Sammlung bietet ihr keine Gelegenheit. In den von Walter Koschmal zusammengestellten Texten erlebt sie den russischen Schriftsteller in seiner ganzen "provinziellen Selbstbeweihräucherung", der Verherrlichung der orthodoxen Kirche und des russischen Bauern, in Judenfeindschaft und Großrussentum. Unappetitlich findet Zekri das. Allerdings hätte sie gern die Behauptung des Herausgebers belegt gesehen, dass Dostojewskis Einfluss aufs heutige Denken in Russland nicht zu unterschätzen sei.
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