Franz Dobler

Ein Sohn von zwei Müttern

Roman
Cover: Ein Sohn von zwei Müttern
Tropen Verlag, Stuttgart 2024
ISBN 9783608504224
Gebunden, 224 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Der Junge ist Adoptivkind. Doch seine Erziehung ist nicht nur Sache seiner Adoptiveltern, eines Eisenbahners und einer Hausfrau. Der New Yorker Jazz, das "Roaring Munich" der 80er prägen ihn mindestens genauso. Ein Sohn von zwei Müttern ist ein Roman, der vom Aufwachsen eines bayrischen Jungen mit persischen Wurzeln erzählt. Und von der Entwicklung eines Landes vom Provinzialismus der Nachkriegszeit zur modernen Bundesrepublik.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.03.2024

Ein Buch, dessen Unsicherheit zur großen Stärke wird - das liest Rezensent Andreas Lesti bei Franz Dobler, der darüber schreibt, wie es ist, als Adoptivkind zwei Mütter zu haben. Unverkennbar sind die biografischen Bezüge in diesem Roman, so Lesti, Dobler ist auch adoptiert worden, so wie die beiden Protagonisten, einmal das junge "Bübchen", das gegen die bayrische Spießerumgebung rebelliert und sich auf die Suche nach der eigenen Identität macht, und der Mittsechziger, dessen Lebensdaten und -umstände mit dem Autor identisch sind. Distanz schafft er bei den Fragen danach, wie eine solche Erzählung umzusetzen ist und ob das nicht eigentlich zu privat ist, durch die dritte Person, in der er schreibt - nachdenklich, manchmal etwas gekünstelt, aber mit "charmanter Transparenz" spürt Dobler der eigenen Identität nach, hält der Kritiker abschließend fest.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.02.2024

Schon wieder ein autofiktionaler Roman, muss das sein, fragt sich Rezensentin Cornelia Geißler und antwortet klar: ja, es muss, denn Franz Doblers Buch über seine eigene Adoptionsgeschichte zeichnet sich durch einen außergewöhnlichen Umgang mit dem Stoff aus. Und zwar, führt Geißler aus, weil der Text des 1959 geborenen Autors, der von Kindheitsfreunden über seine Adoption erfuhr, bis in die Struktur einzelner Sätze eine Bewegung des Suchens nachvollzieht. Nur bruchstückhaft setzt sich dieses Leben zusammen, fährt die Rezensentin fort, eigene Fehler werden reflektiert und immer wieder zu Leseerfahrungen in Beziehung gesetzt, was dazu führt, dass Doblers Roman auch ein Buch über Literatur ist. Außerdem geht es, heißt es weiter, um die Nöte der beiden Mütter, die leibliche und die in der Adoptivfamilie. Am Ende ist das, bilanziert die sehr angetane Rezensentin, die Chronik einer Selbstermächtigung.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.02.2024

Für "große Kunst" hält Rezensent Ulrich Gutmair den neuen Roman von Franz Dobler, der unschwer erkennbar auf der persönlichen Geschichte des Autors basiert. Allerdings wird hier keineswegs das eigene Leben ausgeschlachtet, vielmehr erzählt uns Dobler distanziert, souverän und doch emotional, was es heißt, zwei Mütter zu haben, so Gutmair: Die leibliche Mutter hatte ihn abgegeben, die Adoptivmutter, bei der er in der konservativen bayerischen Provinz der Sechziger aufwächst, nennt er "Mama". Väter spielen im Roman nur eine marginale Rolle, vielmehr dreht sich der Roman auf der Erzählebene darum, wie es zur Adoption kam. Darüber hinaus aber, und das macht das Buch so besonders, reflektiert Dobler nicht nur, was es bedeutet, adoptiert worden zu sein, Dobler stellt auch immer wieder die Frage nach dem Verhältnis von Verdrängung und Erinnerung, so der Kritiker. Mehr noch: Auch die Bedeutung des Erzählens denkt der Autor immer mit, klärt Gutmair auf, der ganz nebenbei hier auch von dem existentiellen Problem liest, "eine Mutter zu haben". Und dass dem Roman dabei noch die "Coolness" eignet, die Gutmair bereits aus Doblers Krimis kennt, ist für den Kritiker ein zusätzliches Plus.