Gayl Jones

Corregidora

Roman
Cover: Corregidora
Kanon Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783985680399
Gebunden, 224 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Pieke Biermann. Kentucky 1947: Jeden Abend singt Ursa in Happy's Café den Blues. Die Männer hängen an ihren Lippen. Denn Ursas Gesang handelt vom Schmerz und vom Bösen. Er gilt Corregidora, einem Sklavenhalter des vergangenen Jahrhunderts, der gleichzeitig ihr Großvater und Urgroßvater ist. Diesen Fluch muss Ursa überwinden. Nur wenn sie in ihrem Takt singt, wenn sie auf ihre Art liebt, wenn sie endlich zu sich kommt, kann sie Corregidora bannen. - Ein zutiefst ergreifender Roman über die Schmach des amerikanischen Erbes und die Sehnsucht nach Selbstbehauptung. Gayl Jones' Roman "Corregidora" ist ein Klassiker der afroamerikanischen Literatur. Am Beispiel der Blues-Sängerin Ursa erzählt er von den generationsübergreifenden Traumatisierungen des Gewaltsystems der Versklavung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.12.2022

Tief beeindruckt ist Rezensent Andreas Platthaus von dem nun endlich in deutscher Übersetzung erscheinenden Roman "Corregidora" von Gayl Jones. Jones ist schwarz, wie auch ihre Protagonistin Ursa, die von ihrem Ehemann Mutt verprügelt wird und ihr Kind verliert. Doch das ist nicht das einzige Trauma, das sich in ihrer Biografie verbirgt, wie der Rezensent verrät: Der Urgroßvater, dessen Namen sie und das Buch tragen, vergewaltigte seine Sklavinnen und zeugte mit ihnen Kinder. Die brutale Geschichte ihrer Herkunft wird von Generation zu Generation weitergegeben, nun aber zwangsläufig durch Ursa unterbrochen, die wegen der Schläge ihres Mannes, zu dem sie nach Jahren der Trennung letztlich doch wieder zurückkehrt, keine Kinder mehr bekommen kann, lesen wir. Platthaus lobt den herausragenden musikalischen Sound, der sich sowohl durch den Rhythmus der Sprache von Jones als auch die vielen Verweise und Anlehnungen an den Blues bemerkbar macht, und dem deutschen Publikum durch die kongeniale Übersetzung von Pieke Biermann zugänglich gemacht wird, wie er besonders hervorhebt. Der Kritiker ist tief beeindruckt von der "Allgemeingültigkeit" dieser Erzählung über Trauma und Gewalt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.10.2022

Im Original erschien dieser Roman bereits 1975, auf Deutsch liegt er jetzt erst vor. Die mitunter tragische, von Rassismus und anderen Leiderfahrungen geprägte Geschichte der Bluessängerin Ursa Corregidora, die in den 1940ern durch Kentucky tingelt, wirft für Rezensentin Hanna Engelmeier auch Fragen nach der Übersetzbarkeit innerer Monologe und ähnlicher literarischer Anrufungsverfahren auf. Corregidora arbeite nicht nur die Geschichte der Sklaverei auf dem amerikanischen Kontinent auf, sondern entwickelt auch auf famose Weise "eine eigene Ästhetik für die Mündlichkeitstradition der afroamerikanischen Kultur" - und Pieke Biermann sei es (abgesehen von schlicht Unübertragbarem) tatsächlich gelungen, dieses literarische Glanzstück angemessen in die deutsche Sprache zu transportieren. Mit entsprechend großem Interesse las die Rezensentin denn auch Biermanns Nachwort, das einen Einblick in die Werkstatt des Übersetzens und die spezifischen Herausforderungen gestattet.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 20.09.2022

Rezensentin Lara Sielmann dankt dem Kanon Verlag, dass es nun endlich eine deutsche Übersetzung von Gayl Jones "Corregidora" gibt. Die 1949 in Kentucky geborene Autorin erzählt darin von der Blues-Sängerin Ursa und ihre Traumata, ausgelöst durch einen brasilianischen, sklavenhaltenden Urgroßvater, der durch familiäre Vergewaltigung auch ihr Großvater ist, wie Sielmann erklärt. Die Sprache der Autorin ist der Rezensentin zufolge hierbei stets direkt und unsentimental und springt zwischen Dialogen, Traumsequenzen und erzählenden Passagen. Dass innerhalb einer Szene nie mehr als zwei Figuren aufeinandertreffen erinnert Sielmann an ein bedrohliches, intimes Kammerspiel. Jones ist in Deutschland nicht bekannt, auch die Rezensentin verrät nicht viel über das wendungsreiche Leben dieser Autorin, doch sie hofft, dass sich das mit der Veröffentlichung dieser klingenden und akkuraten Übersetzung durch Pieke Biermann ändert.