Georg Kamphausen

Die Erfindung Amerikas

In der Kulturkritik der Generation von 1890
Cover: Die Erfindung Amerikas
Velbrück Verlag, Weilerswrist 2002
ISBN 9783934730502
Gebunden, 324 Seiten, 40,00 EUR

Klappentext

Die Entdeckung Amerikas fällt in das Jahr 1890 - das heißt: in diesem Jahr beginnt eine Generation europäischer Intellektueller zu bemerken, daß Europa nicht mehr der Mittelpunkt der Weltgeschichte ist. Es ist zugleich der Zeitpunkt, zu dem der Alte Kontinent, ermüdet von den sozialen und kulturellen Auseinandersetzungen des 19. Jahrhunderts, der bürgerlichen Kultur und ihrer Trägerschicht, dem Bürgertum, den Totenschein ausstellt. "Kulturuntergangsstimmung" macht sich breit: Es beginnt ein tiefgreifender Wandel des europäischen Selbstverständnisses.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.08.2002

Offensichtlich mit großem Gewinn hat Kersten Knipp Kamphausens Studie zur "Erfindung Amerikas" gelesen. Schließlich habe sich die "Generation 1890" zum ersten Mal die Frage stellen müssen, woher die USA ihre gewaltige Dynamik bezog, während die europäischen Kräfte mehr und mehr zum Stillstand kamen. Ihre Antwort respektive ihre Rechtfertigung war: Amerika sei das Land des Handelns, nicht der Reflexion. Damit haben die deutschen Intellektuellen um die Jahrhundertwende, so Knipp, den Grundstein für das negative Amerika-Bild gelegt, den deutschen Tiefsinn gegen amerikanische Oberflächlichkeit in Stellung gebracht. "Ein ganzes Heer ebenso arroganter wie ignoranter Intellektueller schuf ein Amerikabild, das wenig mit der Wirklichkeit, dafür umso mehr mit den eigenen Interessen zu tun hatte", schreibt der Rezensent. Werner Sombart etwa sah in Amerika "alles ist mit kapitalistischem Öl gesalbt". Dieses Denken war immer strategisch und damit frei von der Wirklichkeit, schließt Knipp: "Dass es bis heute kaum anders ist - eben das macht Kamphausens wunderbaren Text auch zu einer hochaktuellen Analyse der Gegenwart."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.03.2002

Franziska Augstein beginnt ihre Rezension mit einem langen Vorspann zum gegenwärtigen europäischen Antiamerikanismus, den sie als ganz vergebliche Angelegenheit darzustellen versucht. Die Gründe, warum die USA sich, und zwar ziemlich zu Recht, wie Augstein meint, kaum um Kritik der Europäer kümmern, findet sie in Kamphausens "ideenreichem" Buch erklärt. Was Kamphausen nämlich bereits bei der von ihm untersuchten Generation der Intellektuellen von 1890 vermisst, ist die Fähigkeit, über den eigenen, aus der alteuropäischen, säkularisierungsbesessenen Moderne hereinfallenden Schatten zu springen. Augstein, der es sehr um eine Verlängerung der Diagnose in die Gegenwart zu tun ist, streicht heraus, dass justament diese Fähigkeit auch die heutigen kulturkritischen Antiamerikaner vermissen lassen. Während, so wieder Kamphausen, die europäischen Intellektuellen - insbesondere Max Weber - das notwendige Unheil der Moderne in der Entzauberung zu erkennen glaubten, hatte Amerika, das man deshalb für rückständig hielt, kein Problem mit "Optimismus, Pragmatismus, the pursuit of happiness und dem Vertrauen in den menschlichen Fortschritt". Genau diese Eigenschaften, inklusive der Vielfalt koexistierender Religionen, machen aber, so Kamphausens Pointe, die eigentliche kapitalistische Moderne aus.
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