Hanna Johansen

Der schwarze Schirm

Roman
Cover: Der schwarze Schirm
Carl Hanser Verlag, München 2007
ISBN 9783446207554
Gebunden, 160 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Claire ist auf der Suche nach ihrer Tochter, die sie vor Jahren zur Adoption freigegeben hat. Doch die Reise war vergeblich, der Zug verlässt den Bahnhof. Da steht plötzlich eine Frau in der Tür und schaut in den Wagen. Ihr Mantel ist zu groß, sie ist jung, hat aber nichts Jugendliches an sich. "Wie heißt du", fragt sie, und damit hat der Zufall eine Geschichte begonnen, die immer tiefer in die Vergangenheit und in die Einsamkeit der Frauen führt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.03.2008

Interessiert und bewegt verfolgt Sabine Doering die Geschichte von zwei Frauen, die Hanna Johansen in ihrem Buch "Der schwarze Schirm" entfaltet. Durch eine Zufallsbegegnung im Zug lernen sich die 50-jährige Claire und die halb so alte Rose kennen und daraus ergibt sich ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht, glaubt Claire doch, es könnte sich um ihre vor 25 Jahren zur Adoption freigegebene Tochter handeln, fasst die Rezensentin zusammen. Beklommen nimmt sie die schrittweisen Enthüllungen von Claires Messie-Existenz und die Gründe dafür zur Kenntnis, und sie versichert beeindruckt, dass Johansen dabei nicht zuletzt durch ihre feinfühlige Sprache der Gefahr der "Küchenpsychologie" entgeht. Trotz des "pseudodokumentarischen" Charakters der Geschichte bleibe die Autorin ganz dicht an ihren beiden Protagonistinnen und es gelinge ihr dabei, ihren Roman zu einer "Parabel" für "moderne Beziehungslosigkeit" und die Auflösung alter Familienbande auszuweiten, so Doering spürbar beeindruckt.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.06.2007

Großartig findet Meike Fessmann diesen Roman, der eine seltsam anachronistische Atmosphäre schafft und dennoch ein zeitgemäßes Thema verhandelt. Sehr ökonomisch und mit großer Nüchternheit erzählt die Autorin Hanna Johansen von zwei Frauen, die sich auf einer Zugfahrt begegnen, jeweils auf der Suche nach ihrer Tochter beziehungsweise nach ihrer Mutter, stellt die Rezensentin fest. Sie ist beeindruckt, mit wie wenig sprachlichem Aufwand die Autorin ihre Figuren und ihre Lebenssituation zu charakterisieren vermag und ergibt sich gern der "chaplinesken Komik", die sich aus dem Leitmotiv eines vergessenen schwarzen Herrenschirms ergibt. Mit dem 1999 spielenden Roman trifft Johansen auf geradezu geniale Weise, wenn auch vielleicht nicht bewusst, den Geist der Jahrtausendwende, so die Rezensentin begeistert. Johansen stellt sich als meisterhafte Beschwörerin verborgener Hinweise heraus, ohne dafür ins Raunen zu verfallen, schwärmt die Rezensentin, die sich mit diesem Roman an Ingeborg Bachmann oder Marlen Haushofer erinnert fühlt, jedoch die subtile Unterfütterung mit "schwarzem Humor" zu schätzen weiß. Und doch hält es Fessmann für falsch, den titelgebenden Schirm einfach psychoanalytisch zu deuten und rät, ihn erst einmal als das zu nehmen, was er ist: ein altmodischer Gegenstand einer vergangenen Zeit.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.02.2007

Ein "Meisterwerk der Doppeldeutigkeit" habe Hanna Johansen mit diesem Roman geschaffen, lobt und staunt der Rezensent zugleich, denn bekannt sei die Autorin schließlich für die große Klarheit ihrer Figuren und deren Sprache. Doch mit der Heldin Claire, einer Frau um die fünfzig, verhalte sich alles anders. Sie falle sogar aus dem Zug, so "schutzlos" und verstört sei sie über die Begegnung mit einer jungen Frau, die ihre Tochter sein könnte, die Claire wiederum nach der Geburt zur Adoption freigegeben habe. Genau in der Zeit der späten Suche nach der Tochter und des sich Erkennens in der eigenen Mutter, skizziert Rezensent Samuel Moser die Schichten der Handlung, tauche im Zug diese junge Frau auf, die ihrerseits bei Claire Anlehnung suche. Bis in jede Zelle des Romans wiederhole oder spiegele sich die Geschichte von der weggegebenen Tochter, und als Chiffre dafür stehe der schwarze Schirm des Titels. Auch er gelange nicht zur Besitzerin, der jungen Frau, zurück.
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