Henning Mankell

Mittsommermord

Roman
Cover: Mittsommermord
Zsolnay Verlag, Wien 2000
ISBN 9783552049628
gebunden, 603 Seiten, 23,01 EUR

Klappentext

Aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt. Kommissar Wallander in Bedrängnis: Er ist nicht gesund, verliert häufig die Beherrschung und fürchtet, den Ermittlungen nicht gewachsen zu sein. Doch schließlich meistert er auch diesen Fall eines offenbar wahnsinnigen Mörders.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.06.2000

In einer Sammelrezension bespricht Christine Holliger sechs Kriminalromane skandinavischer Autoren.
1.) Henning Mankell: "Die falsche Fährte" (Verlag Paul Zsolnay)
2.) Henning Mankell: "Mittsommermord" (Verlag Paul Zsolnay)
Bei Mankells Romanen macht die Rezensentin ein sich stets wiederholendes Prinzip aus: So werfe der Autor zunächst einen Köder aus, erzählt einen Zwischenfall, der auf den ersten Blick nichts mit dem Verbrechen zu tun hat, um dann anschließend eine Geschichte nach "klassischem Erzählmuster" zu entwickeln. Dies tut er ihrer Ansicht nach durchaus spannend, denn "Mankell ist ein guter Erzähler", wie sie anerkennend, aber ohne Überschwang feststellt. Dabei stehe und falle der jeweilige Roman mit der Figur des Ermittlers Kurt Wallander, der "seine Fälle nicht mit übermenschlichen Fähigkeiten, sondern mit harter Arbeit" löst. Holliger betont vor allem die Menschenkenntnis, mit der der Kommissar jede Reaktion der Tatverdächtigen registriert. Mit der Zeichnung der Charaktere scheint sie jedoch nicht ganz zufrieden zu sein. Nur so läßt sich ihre "Zuversicht" deuten, Mankell werde in Zukunft den Charakterzügen "mehr Tiefenschärfe" verleihen.
3.) Hakan Nesser: "Das grobmaschige Netz" (btb-Taschenbuch)
Zwiespältig äußert sich Holliger über diesen Roman. Nesser orientiert sich - wie ihr scheint - sehr an van de Wetering, Nicolas Freeling und Mankell. Auch ihr Urteil, Nesser sei ein "ganz passabler Handwerker" klingt nicht gerade begeistert. Dennoch fällt ihr viel Lobenswertes zu dem Band ein. So hält sie Nessers Romane für "gut konstruiert und stringent geschrieben", außerdem beschäftigt sich der Autor ihrer Meinung nach nicht unnötig lange mit dem Privatleben des Kommissars oder -- anders als Mankell - mit "oberflächlichen sozialkritischen Prätentionen". Es scheint ihr zu gefallen, dass van Veteren als Kommissar über einen ausgeprägten Jagdinstinkt verfügt und moralische Ambitionen dabei nicht im Vordergrund stehen. Nicht zuletzt hält sie Nessers Dialoge für "wirklichkeitsnah", was sie offenbar für das Genre recht ungewöhnlich findet.
4.) Kerstin Ekman: "Die drei kleinen Meister" (btb-Taschenbuch)
5.) Kerstin Ekman: "Der brennende Ofen" (btb-Taschenbuch)
Holliger merkt zunächst an, dass die beiden Romane Ekmans bereits in den sechziger Jahren erschienen sind und bei der Neuedition nicht neu übersetzt wurden, was sie bedauerlich findet. Dennoch kommen Leser, die ein Faible für "ländliches Milieu" und "als Puzzle angelegte Form" haben, auf ihre Kosten, findet sie. Anders als beispielsweise Mankell gehe es der Autorin vor allem um den Unterhaltungswert ihrer Romane. So lesen sich diese Roman nach Holligers Ansicht sehr leicht und machen keinen "ambitionierten" Eindruck.
6.) Liza Marklund "Olympisches Feuer" (Hoffmann und Campe)
Im Zentrum dieses Romans stehen nach Holliger vor allem die Probleme von Frauen, sich in der Arbeitswelt einen angemessenen Platz zu erobern. Dies betrifft nicht nur Annika, die Kriminalredakteurin, sondern auch den "Täter oder die Täterin". Von der Geschichte selbst ist die Rezensentin nicht besonders beeindruckt. Ihr gefällt jedoch die Zeichnung der Protagonistin, "der plausible Hintergrund sowie Spannung und Tempo" dieses Bandes.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.05.2000

Aloys Behler beschreibt hingebungsvoll den sich sorgenden Kommissar Wallander: Er ist übergewichtig, kurzatmig und strubbelig grauköpfig, sein Blutzuckerspiegel und Blutdruck sind viel zu hoch und er fühlt sich alt und müde. Behler identifiziert sich so vorbehaltlos mit der "außergewöhnlichen Durchschnittlichkeit" des Kommissars Wallander, dass man als Leser etwas misstrauisch wird - ist dass nun ein Fall von ungewöhnlicher Bescheidenheit oder Eitelkeit? Wallander, der die Morde an drei jungen Menschen aufklären muss, macht sich ständig sorgen um den Zustand der Gesellschaft, die immer gewalttätiger wird. Auch das ist dem Rezensenten sympathisch. Er bewundert Mankells Sprache für ihre "Nüchternheit" und "beinahe altmodische Wahrhaftigkeit".
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