Hermann Kant

Kennung

Roman
Cover: Kennung
Aufbau Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783351033019
Gebunden, 250 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Linus Cord gilt als "aufstrebender Kritiker", sein Ehrgeiz ist es jedoch, ein "beträchtlicher Essayist" zu werden. Der Aufsatz, an dem er jetzt, im Frühjahr 1961, schreibt, soll ihm die erhoffte Anerkennung bringen. Eines Vormittags steht einer der auffällig unauffälligen Herren mit der Klappkarte vor seiner Tür. Ohne Umschweife erkundigt er sich, ob Cord noch die Nummer seiner Wehrmachts-Erkennungsmarke wisse. Da Cord verneint, fragt er, ob er bereit wäre, sich bei der Westberliner Auskunftsstelle danach zu erkundigen. Cord lehnt gewunden - immerhin ist er überzeugter Genosse -, aber deutlich ab. Als der ungebetene Besucher gegangen ist, ist Cord mit sich im Reinen. Noch ahnt er nicht, welches Szenarium für ihn vorgesehen ist. Was er von nun an auch tut, es wird ihn hineinziehen in die alltägliche Absurdität eines Macht- und Ränkespiels und zerstören.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.07.2010

Den Eindruck eines Mannes, der über seine Vergangenheit nicht sprechen will, das "aber mit möglichst vielen Worten", hat Hermann Kant in seinem neuen Roman auf Thomas Winkler gemacht. Dessen Geschichte spielt Winkler zufolge wenige Monate vor dem Mauerbau und handelt von einem Literaturkritiker und der allgegenwärtigen Bespitzelung durch die Stasi, für die Kant einst selbst aktiv geworden ist. Das und auch die Seitenhiebe auf Günter Grass und dessen SS-Mitgliedschaft (der im wirklichen Leben Kant für einen auf ihn angesetzten Spitzel hielt, was Kant wiederum bestritt, wie Winkler schreibt) gibt dem Roman aus Sicht des Kritikers eine schlüpfrige, ja pikante Note. Spannender hätte Winkler gefunden, einmal von einem Insider zu erfahren, wie der Sozialismus durch seine "Späher des Friedens" behütet wurde. Stattdessen erzähle Kant seinen Lesern Märchen, strickt dieser Autor den Eindruck seines Kritikers zufolge unziemlich auch an einer dekonstruierenden Ironie, die am Ende auf Winkler lediglich wie das rostige Schutzschild eines Schriftstellers wirkt, der seine Verbitterung nicht eingestehen will.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.04.2010

Etwas langatmig stellt uns Sabine Brandt den neuen Roman von Herman Kant vor. Und langweilig hat sie das Buch selbst gefunden. Den Rat der Rezensentin, den Text zu kürzen, könnten wir eigentlich auch Brandt geben. Um die eigene Enttäuschung über einen verlockenden Stasi-Insiderbericht, der sich als rätselhaftes Märchen mit ganz unmärchenhaften, dafür wortreich, redundant vorgetragenen Deutungen, aber ohne neue Er- noch Bekenntnisse entpuppt, zu beschreiben, braucht es so viele Worte schließlich nicht.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.04.2010

Darüber, dass die Stasi im neuen Roman von Hermann Kant nicht schlecht weg kommt, ist Helmut Böttiger nicht erstaunt. Wie reibungslos die Ironiewalze hier funktioniert und als "Herrschaftstechnik" breit über alles hinwegwalzt, findet er aber schon ein bisschen unheimlich. Etwas zu lustig, bei aller stilistischen Fertigkeit des Autors, trotz des liebevoll gestalteten Stasi-Personals, erscheint dem Rezensenten das Sujet gewendet vom wendigen Autor. Dass sogar Erotik Platz findet in der Geschichte vom bespitzelten Kritiker Linus Cord (-hose!), macht Böttiger zwar staunen. Es scheint jedoch, als gingen ihm Kants Wortspielereien in dieser zu allem Überfluss als Literatur-Literatur sich entpuppenden Story ganz schön auf die Nerven.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.03.2010

Wer wenig weiß über die DDR, dem prophezeit Insa Wilske Verständnisschwierigkeiten bei der Lektüre von Hermann Kants neuem Roman, der ihren Informationen zufolge in die Frühzeit dieses Staats zurückführt. Um die Geschichte eines Literaturkritikers, bei dem eines Tages ein Stasimann klingelt, herum habe der "umstrittene frühere Präsident des DDR-Schriftstellerverbandes" eine Groteske entworfen, in der er Psychothriller, Teufelspaktsgeschichte und Literaturbetriebsgroteske sampeln würde. Doch so recht kann das Ergebnis die Kritikerin nicht überzeugen: zu blass der Held, zu ausgedacht der Plot, und auch die Rolle des Erzählers als Conferencier wirkt eher hilflos als witzig auf sie. Diverse "laut geflüsterte" Anspielungen auf Komplexe von Brecht bis Makarenko, Inspektor Clouzot und Stefan Hermlin jedoch machen die Lektüre der Einschätzung der Kritikerin zufolge zumindest für zwei Gruppen lohnend: für die der Mitwisser und der Fährtenleser.