Jean-Philippe Toussaint

Das Schachbrett

Cover: Das Schachbrett
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2024
ISBN 9783627003180
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Joachim Unseld. Wie schon in seinem ersten Roman, Das Badezimmer, wo der Held das Badezimmer nicht mehr verlässt, spielen im Werk des Schriftstellers Jean-Philippe Toussaint geschlossene Orte eine große Rolle. Orte, an denen man ungestört über die Welt und deren gebrechliches Gefüge nachdenken kann. Als im Frühjahr 2020 von einem Tag auf den anderen sämtliche Pläne Toussaints über den Haufen geworfen werden, beginnt er, Stefan Zweigs Schachnovelle zu übersetzen, seine erste Übersetzung. Und so beschreibt er auf humorvolle Weise die Fallstricke dieser Übersetzung. Tag für Tag übersetzend entsteht dabei, fast ungewollt, ein Buch. Und was der Autor in dem Moment noch nicht ahnt: Das Buch, das er im Begriff ist zu schreiben, nimmt unter seiner Hand einen autobiographischen Charakter an. Zum ersten Mal spricht Toussaint von sich in der ersten Person: Eine spannende Autofiktion entsteht. Wir treten mit Toussaint in sein Schreibzimmer, blicken ihm über die Schulter, wenn er schreibend zurück in seine früheste Kindheit geht, vom Leben - und vom Tod - erzählt. Wir erfahren, wie sich seine Berufung zum Schriftsteller offenbarte. Eine Reise in 64 Kapiteln beginnt, die den 64 Feldern eines Schachbretts entsprechen. Denn um das Schachspiel dreht sich alles in diesem Buch, Schach ist Dreh- und Angelpunkt seiner ausschweifenden Erinnerungen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.03.2024

Ganz glücklich wird Rezensent Joseph Hanimann nicht mit Jean-Philippe Toussaints Buch, das den Versuch unternimmt, entlang von Schachmotiven Erinnerungsbilder miteinander zu kombinieren. In 64 Kapiteln entfaltet sich diese Prosa so Hanimann, den Rahmen gibt der Covid-Lockdown ab, wobei Toussaint kein Interesse an an einer Kommentierung dieser Krise hat, und sie lediglich zum Anlass einer Rückschau nimmt. Eine geplante Übersetzung von Stefan Zweigs "Schachnovelle" spielt eine Rolle, erfahren wir, ebenso wie Angstbilder aus der Kindheit, eheliche Szenen und eben Schachreflexionen. Manches wirkt etwas zu gewollt in diesem Buch und einige der ausgebreiteten Anekdoten wirken beliebig, räumt der Rezensent ein, der allerdings anmerkt, dass die Autofiktion nicht Toussaints Genre ist und dass er sich auf den nächsten Roman des Autors freut.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.03.2024

Rezensent Jürgen Kaube folgt Jean-Philippe Toussaint und dessen sprunghaften Erinnerungen aus der Zeit des Lockdowns. Wie der Autor die stillstehende Zeit nutzte, indem er Anekdoten aus der Kindheit heraufbeschwor, innige Porträts von Familienmitgliedern und müßigen Schulstunden notierte und sich, wie immer melancholisch und ironisch zugleich, mit der eigenen Arbeit und Perspektive auseinandersetzte, kann der Rezensent nun begeistert nachlesen. Toussaints Leidenschaft für das Schachspiel und für die Ästhetik Nabokovs kommen im Band ebenso vor wie Buch- und Filmkommentare, freut sich Kaube.  

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 15.03.2024

Als "perfekter Roman" und literarisches Großereignis wurde Jean-Philippe Toussaints neues Buch angekündigt. Das ist es nicht, meint Rezensent Cornelius Wüllenkemper, allerdings ganz ohne Enttäuschung. Denn: wo man nach einer solchen Ankündigung und mit Kenntnis des übrigen Ouevres dieses französischen Weltklasseautors "formelle Raffinesse", und eine ausgeklügelte Romankonstruktion erwarten würde, findet man etwas anderes, Unerwartetes: Eine spannende und überraschend offene Introspektion, ein locker luftiges Geflecht aus Anekdoten, Reflektionen, Poetologie, und Selbsterzählung - hier und da vielleicht ein wenig sehr weitmaschig, und dennoch nie langweilig. Mit legerer Eleganz und "vornehmer Zurückhaltung", so Wüllenkemper, verknüpft Toussaint die verschiedenen Fäden seiner Erzählung, die ihn schließlich zu einer zentralen Erkenntnis führen, dem "roten Faden", der sich durch sein Leben und Werk zieht: Das Schachspiel und den Sieg, den sein Vater ihm im Schach verwehrte. So, durch diesen verwehrten Sieg, wurde Jean-Philippe Toussaint zum Autor. Rezensent Wüllenkemper hat sich mit Gewinn und Vergnügen davon erzählen lassen.