John Updike

Landleben

Roman
Cover: Landleben
Rowohlt Verlag, Reinbek 2005
ISBN 9783498068837
Gebunden, 414 Seiten, 19,80 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Susanne Höbel und Helmut Frielinghaus. Ein alter Mann wacht auf: Owen Mackenzie, ein Computeringenieur der ersten Generation, der mit einem Partner eine kleine Software-Firma gegründet und rechtzeitig an Apple verkauft hat. Seither hat er keine Geldsorgen mehr. Der Unruhestand seiner 70 Jahre lässt uns teilnehmen an seiner erotischen Biografie. Sie beginnt mit einem dem Knaben unverständlichen Graffito an der Wand der Schule, mit Blicken in den Umkleideraum der Mädchen, der merkwürdigen Reaktion der Mutter, als er bei einem Sonntagsspaziergang ein Kondom findet. Dann: Petting der Teenager in Vaters Auto, Studium am MIT, Verliebtsein, frühe Heirat mit Kommilitonin Phyllis, die Hochzeitsnacht, Kinder, Seitensprünge - ernsthafte und beiläufige -, Geliebte, Scheidung, neue Ehe mit Julia, der Geschiedenen des Geistlichen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.05.2006

Eine Art Faszination spricht aus Ingeborg Harms' Besprechung dieses Romans um den Ingenieur Owen, seine Affären und das langsame Verenden seiner zwei Ehen in einer Kleinstadt in den sechziger Jahren. Owen, so die Rezensentin, ist einer, der zu früh geboren ist für das, was er leben will, nämlich die "lobenswerte Wirtschaftlichkeit" von Affären, die die Enge einer Ehe umgehen. Wie Updike diesen "beharrlichen Chronisten zerschellender Träume" sprachlich in Szene setzt, ist für die Rezensentin von bestechendem Reiz. Und noch etwas hebt diesen Roman für die Rezensentin heraus: Updike feiere nicht die Virilität eines alternden Mannes oder den Sexus, sondern die Frau und den "transzendenten Wert" - wie es im Buch heißt - den sie dem Geschlechtsakt verleiht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.04.2006

Der Rezensent Thomas Hermann kommt bei seiner Bewertung von John Updikes neuem, nicht gerade hoffnungsfrohen Roman zu einem ambivalenten Fazit. Einerseits ist er offensichtlich etwas gelangweilt von dem Umstand, dass Updike das seine gesamte Schriftstellerkarriere begleitende Thema - Sexualität und ihre Moral - wieder neu aufbereitet, was seiner Ansicht nach in einem "Mangel an Welthaltigkeit" resultiert. Doch auch wenn nach Meinung des Rezensenten das "permanente Überblenden verschiedener semantischer Felder oft forciert wirkt", gefällt ihm die Struktur und Dramaturgie des Romans, die vordergründig schlicht scheint, in Wirklichkeit aber mit einem "dichten und klug komponierten Erinnerungs- und Traumnetz" unterlegt ist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.03.2006

Es gibt, stellt Jana Simon gegen Ende ihrer Rezension klar, in John Updikes "Landleben" auch schöne Stellen. Doch. Die innere Fadheit von amerikanischen Kleinstädtern zum Beispiel - die beschreibe der Autor sehr gekonnt. Der Rest allerdings? Simon hat sich an Updikes sensationshaschender "gynäkologischer Präzision" gestoßen, an der abgelutschten Abgrundssehnsucht und an dem leeren Schematismus der Figurenzeichnung. Die Ehe eine Hölle? Aha. Das Thema sei doch wohl langsam durch, findet die Rezensentin. Und besser wird die Sache in ihren Augen auch dadurch nicht, dass man einen geilen alten Mann beschreibt, der, aus völlig unerfindlichen Gründen und ohne erkennbare psychologische Motivierungen, eine Frau nach der anderen flachlegt. Eine Mischung aus Ekel und Ennui empfindet die Rezensentin angesichts dieses "Sexualfetischismus". In Rückblenden wird das Leben von Owen Mackenzie erzählt, Gründer einer Computerfirma, Vater von vier Kindern - und für eheliche Verhältnisse offensichtlich nicht geschaffen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2006

Als "solides Alterswerk" würdigt Willi Winkler diesen neuen Roman von John Updike in dem er den 70-jährigen ehemaligen Computeringenieur Owen Mackenzie auf sein recht erfolgreiches Leben, seine beiden Ehen und zahlreiche Affären zurückblicken lässt. Winkler stört sich nicht daran, dass in "Landleben" wieder die alte Updike-Geschichte vom Ehebruch in den gehobenen Kreisen an der amerikanischen Ostküste erzählt wird, nur dass das Personal diesmal älter geworden ist, die Firma verkauft, die Kinder aus dem Haus sind. Im Gegenteil: der Roman versetzt ihn zeitweise regelrecht ins Schwärmen. Er durchwandert das "vertraute Gelände" im "beinah unveränderten Updike-Country", das er als eine "seltsam unwirkliche und dennoch vertraute Märchenwunderwelt" beschreibt. Erfreut zeigt er sich auch über die Qualität der Übersetzung, die er, von einigen Patzern abgesehen, als "schmiegsam" und "elegant" lobt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.01.2006

Christian Thomas sieht in John Updikes jüngstem Roman einmal mehr den "VIP der Leporellokunst" am Werk, der seinen Protagonisten Owen Mackenzie, einen 70-jährigen ehemaligen Computeringenieur an der Schwelle zur Senilität, in Tagträumen und Rückblicken sein erotisches Leben Revue passieren lässt. Mackenzie stellt sich dabei als "Erotomane" heraus, der vom "Impuls einer fieberhaften Promiskuität" angetrieben wird, erklärt der Rezensent. Der amerikanische Autor, der in seinem gesamten Oeuvre stets den "American Way of Sex" beschworen habe, nehme in "Landleben" kein Blatt vor den Mund und lasse "kaum etwas unausgesprochen", wobei diese Erzählhaltung eine "unzweideutige Illusionslosigkeit" zeitigen würde, so Thomas weiter. Der "reißende Bewusstseinsstrom" des Protagonisten lässt aus einer Entdeckungsreise eine "Pilgerfahrt" werden, in der Sex zum bannenden Mittel gegen den Tod wird, meint der Rezensent, der in dieser "metaphysischen Ahnung", die den Helden befällt, auch das Melancholische des Romans ausmacht. Immerhin, Mackenzie leidet in diesem Lebens- und Libidorückblick, der auch offen legt, dass er "zwei Familien zerstört" und für einen Tod verantwortlich ist, keineswegs an einem "unglücklichen Bewusstsein", stellt Thomas fest, denn seine erotischen Erlebnisse belegen zumindest, dass er "wahrhaftig gelebt hat".
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