Jose Saramago

Das Zentrum

Roman
Cover: Das Zentrum
Rowohlt Verlag, Reinbek 2002
ISBN 9783498063511
Gebunden, 395 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Portugiesischen von Marianne Gareis. In einem portugiesischen Dorf betreibt der alte Cipriano Algor eine kleine Töpferei. Seine Waren verkauft er an ein hypermodernes Einkaufszentrum in der Stadt. Eines Tages wird ihm mitgeteilt, dass Plastik besser sei als Ton und dass man künftig auf seine Dienste verzichtet. Der Markt will es so. Doch der Markt hat seine Rechnung ohne Cipriano gemacht. Der weise Alte wehrt sich und lernt, dass es nie zu spät ist, zu Neuem aufzubrechen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.10.2002

Klaus Siblewski bejubelt mit dem neuen Roman des portugiesischen Autors ein "Meisterwerk", und er macht sich in seiner eingehenden Rezension daran, dies unumstößlich nachzuweisen. Der Rezensent ist sehr beeindruckt, dass sich Samarago in diesem Buch, in dem ein Töpfer seine Arbeit für ein großes Warenhaus - das Zentrum - verliert, und damit beginnt, Figuren zu skulptieren, nochmals gegenüber seinen vorhergehenden Büchern "steigert". Dieses Buch sei kein typischer "Arbeitslosenroman" mit "sozialistisch-realistischem Unterton" und "Ausgebeuteten-Rührseligkeiten", so Siblewski erleichtert, obwohl er klarstellt, wo die Sympathien des Autors liegen. Was den Roman so besonders macht, ist der "analytische Furor", der sowohl die Erzählerposition genau befragt, als auch das Innenleben des Helden, schwärmt der Rezensent. Dass dabei besonders die ambivalenten Gefühle des Töpfers, der sich verliebt, es aber nicht recht wahrhaben will, so einfühlsam dargestellt werden, begeistert Siblewski und er sieht hier die Gründe für "Tiefe und Glanz" des Buches. Hoch anzurechnen sei Samarago, dass er aus dem einigermaßen "zähen Thema Arbeit" einen derart vielschichtigen Roman schreiben konnte, der, so der Rezensent hingerissen, auf eine "herzergreifend unerschütterliche Weise sachlich" ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.06.2002

Mit dem Roman "Zentrum", schreibt ein sichtlich bewegter Thomas Sträter, hat der Nobelpreisträger des Jahres 1998 "eine beklemmende Metapher der modernen kapitalistischen Welt im Zeichen von Globalisierung und Virtualisierung geschaffen". Nach den Anschlägen am 11. September ließ ihn das Einkaufszentrum im Roman, dieser architektonische Block von fast zehn Millionen Kubikmetern und 48 Stockwerken, an dessen gläserner Fassade alle Blicke abprallten, unweigerlich an das World-Trade-Center denken: "eine in ihren gigantischen Ausmaßen und Möglichkeiten einschüchternde wie Wünsche weckende Kathedrale des Konsums", dazu "Wohnmaschine mit Krankenstation", "Altersheim mit künstlichen Erlebniswelten" sowie "Entsorgungsanstalt seiner ausscheidenden Bewohner". Den Originaltitel "A Caverna" findet der Rezensent philosophisch anspielungsreicher, weil er sich auf Platons Höhlengleichnis und die Erkenntnisfähigkeit des Menschen beziehe. Im Mittelpunkt des Romans steht ein Töpfer namens Cipriano Algor, dessen Handwerk für Saramago zum Beispiel der nichtentfremdeten Arbeit werde, wie uns der Rezensent wissen lässt, für den der portugiesische Autor zu den bedeutendsten zeitgenössischen Romanciers zählt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.04.2002

Verena Auffermann gerät angesichts dieses Romans des portugiesischen Schriftstellers ins Schwärmen: Sie preist ihn als wirkliches "Meisterwerk" und vorläufigen "Höhepunkt" im Werk Saramagos. Dieses Buch, das den Graben zwischen dem "einfachen Leben und der Existenz in der gespenstischen modernen Welt" anhand des Schicksals von vier Menschen und einem Hund darstellt, ist ein "Buch der Erkenntnis", so die Rezensentin hingerissen. Der Autor habe keinen "realistischen Roman", sondern trotz der realistischen Darstellungsweise ein philosophisches Werk geschrieben: "groß und weise". Auffermann bejubelt seine "Klugheit" und bekennt, dass sie ein solches Buch ständig "bei sich tragen möchte". Wer diesen Roman nicht liest, so die Rezensentin kategorisch, ist "selbst daran schuld", und sie stellt nachträglich fest, Saramago habe 1998 zu Recht den Literaturnobelpreis erhalten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.04.2002

Der 80-jährige Landarbeitersohn und Literaturnobelpreisträger Jose Saramago hat mit "Das Zentrum" einen weiteren großen Roman geschrieben, meint Evelyn Finger, und er ist der Rezensentin eine lange Besprechung wert. Detailliert teilt sie dem Leser Inhalt, Form und Kritik dieses Werks mit. Es handelt von den "kleinen Leuten" Portugals, den Landarbeitern, die in der freien Marktwirtschaft des Landes keinen Platz mehr finden. "Das Zentrum", eine anonyme "nach innen gestülpte Stadt" hat sich breitgemacht und verdrängt alles, was diese Menschen an Fähigkeiten in die Gesellschaft einbringen können. Die Arbeiten des Töpfers Cipriano jedenfalls finden im "Zentrum" keinen Anklang mehr, berichtet die Rezensentin. Weder habe Saramago einen kommunistisch gefärbten Roman zur Kapitalismuskritik geschrieben, noch eine "pfiffige Moritat", wie der Rowohlt-Verlag behauptet. Saramago versetze den Leser vielmehr ins Innere des Romans, lasse ihn an den Perspektiven seiner Protagonisten teilhaben, verweise dabei kräftig auf Platon und setze "würdevoll" all den jungen Literaten, die "Markenartikeldichtung" fabrizierten eine "Warnutopie" entgegen. Und zwar eine mit "Galgenhumor", "poetischer Brillanz" und "Selbstironie", schwärmt Finger.
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