Juan Gomez Barcena

Kanada

Roman
Cover: Kanada
Secession Verlag, Zürich 2018
ISBN 9783906910345
Gebunden, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Steven Uhly. Ein Mann kehrt zurück in seine zerstörte Heimatstadt. Unfähig an die verlorene Vergangenheit vor dem Krieg anzuschließen, hofft er, auch sein Haus möge in Trümmern liegen. Doch es steht noch, und seine Wohnung darin ist alles, was ihm geblieben ist. Familie, Erinnerung, Hoffnung - alles hat sich aufgelöst. Er schließt sich ein in sein Büro, verlässt es bald gar nicht mehr - versorgt allein von seinem Nachbarn und dessen Frau, von denen kaum zu sagen ist, ob sie seine Retter oder seine Wärter sind, zieht sich immer mehr in sich zurück, in ein zeit- und raumloses Vakuum, in dem die Außenwelt kaum mehr als ein Rauschen ist. Und doch sind ihre Bedrohungen real: der Hunger, die Scham, die Gewalt in den Straßen und immer wieder das Lager - das Lager, das der Mann überlebt hat, das Lager, das ihn beherrscht, das ihn wie ein schwarzes Loch zu verschlucken droht und in das er dennoch zurückkehren muss, um den Trümmern seiner haltlosen Identität wieder eine Ordnung zu geben.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 20.04.2019

Dieser Roman ist bisher an der Kritik vorbeigegangen, schreibt Rezensent Yahyah Elsaghe, völlig zu Unrecht, denn er zeige, dass auch heute noch ein jüngerer, 1984 geborener Autor ein gültiges Buch zum Thema Holocaust schreiben könne. Die Kontrastfolie für dieses Gelingen liefert für den Rezensenten der Skandal um den Roman "Stella" von Takis Würger, bei dem der Holocaust nur zu einem Rohstoff für Kolportage verkomme, ein parasitärer, ja abstoßender Vorgang, so Elsaghe. "Kanada" dagegen verzichte auf alles Spekulative. Es ist eine Rückkehrergeschichte, eine Geschichte über einen, der "kein Lebender, bloß ein Überlebender" ist. Und ein Roman, der dem Rezensenten zugleich deutlich macht, warum das Überleben so grauenhaft ist - weil die Überlebenden nolens volens auch ein Rädchen in der Mordmaschine waren - und wie widersprüchlich die Nachkriegsgesellschaft war. Gültig ist der Roman überdies, meint Elsaghe, weil er die Widersprüchlichkeit unserer eigenen Erinnerungskultur thematisiere, in der die Täter Namen haben und die Opfer eine anonyme Masse sind.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 19.03.2019

Katharina Teutsch kommt nur langsam rein in den Roman von Juan Gomez Barcena. Die Erinnerungen eines im Holocaust traumatisierten Naturwissenschaftlers im Nachkriegs-Ungarn entfaltet der Autor auf gemächliche, wenngleich eindringliche Weise, erläutert Teutsch. Die Lagerdialektik und -gewalt, die Schuldgefühle der Überlebenden und die Funktion des Erinnerns vermag der Autor laut Teutsch in einem von einer präzisen Sprache geprägten Gedankenstrom zu vergegenwärtigen.