Kathrin Schmidt

Seebachs schwarze Katzen

Roman
Cover: Seebachs schwarze Katzen
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2005
ISBN 9783462036121
Gebunden, 286 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Kathrin Schmidt führt den Leser auf spannungsreichen Wegen in ein rätselhaftes Familienschicksal. Die Geschichte von Bert Willer und seinem Sohn David, seiner Frau Lou und seiner Nebenfrau Bejla zeigt, wie mächtig die Vergangenheit wirken und auf welche Abwege sie führen kann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.07.2006

Bloß eine weitere DDR-Spitzelgeschichte? Pia Reinacher ist anderer Meinung. Die Bruchstellen der Historie, die sich auftuenden Abgründe und die traumatischen Folgen für die Menschen hat sie selten so hautnah mitbekommen. Das ist die gute Seite der verwickelten Handlung, die die Folgen von Lügen und Doppelleben ihrer Figuren authentisch abbilden möchte. Die schlechte Seite ist die Gefahr einer dieser Genauigkeit geschuldeten allzu großen Künstlichkeit. "Äußerste Verdichtung" und "extreme Detailfreudigkeit" heißt das bei Reinacher. Beides scheint aber den genussvollen Schauer der Nähe nicht zu übertrumpfen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.03.2006

So richtig kann sich Katrin Hillgruber mit dem jüngsten Roman der Thüringer Autorin Kathrin Schmidt nicht anfreunden. Wie schon ihr Buch "Koenigs Kinder" ist es eine Familiengeschichte, in der Ereignisse aus der DDR-Zeit in die Gegenwart ragen, erklärt die Rezensentin. Bert Willer hatte als "Romeo" für die Staatssicherheit seine Geliebte Bejla selbst in seiner eigenen Hochzeitsnacht ausgehorcht, und seine Frau Lou hatte sich, als bei ihr eine schwere Krankheit diagnostiziert wurde, das Leben genommen, so Schmidt zusammenfassend. Die Rezensentin wirkt durch die etwas "schwerfällige", anachronistische "Metaphorik" etwas irritiert. Zudem scheint sie zu stören, dass Schmidt viele Rätsel in diesem Familiendrama ungelöst lässt. Eine Episode, in der aus der Sicht eines Hundes berichtet wird, der Willer an seine tote Frau erinnert und ihn beinahe zu "sodomitischen" Handlungen hinreißt, attestiert Hillgruber "unfreiwillige" Komik. Insgesamt handele es sich bei diesem Roman um einen eher "behäbigen Psychothriller", so das Urteil der Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.02.2006

Nicht wirklich überzeugt ist der Rezensent Stephan Maus von dem Genre des psychologischen Romans überhaupt. Kathrin Schmidt sei darin aber immerhin die "originellste" Vertreterin im deutschen Sprachraum. 15 Jahre nach dem Fall der Mauer holt den Protagonisten seine Vergangenheit ein. Bert Willer war ein Frauen-Verführer im Stasi-Auftrag. Als Womanizer hat er zahlreiche oppositionelle Frauen ausgehört. Sein Sohn kommt nun auf die Schliche, und auch das damalige"Lieblingsopfer" sinnt nach Rache. Die Diplom-Psychologin Schmidt bediene sich leider einer "befremdlich krampfhaften Seelenklempnerei", klagt Maus. Um einen spannenden Plot aufzubauen, habe vor allem im ersten Teil der Geschichte jedes "Gänseblümchen" ein Trauma, beschwert sich der Rezensent. Erstaunlicherweise schaffe Schmidt es trotzdem, dass der "analytische Familienroman" zu einem "Psycho-Thriller" im "David Lynch-Stil" werde. Aber wenn auch der Hund sich schließlich an die sexuellen Misshandlungen durch seine Geschwister erinnert, kann sich der Roman in seinen Augen vor "unfreiwilliger Komik" nicht mehr retten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.01.2006

Die Rezensentin Kristina Maidt-Zinke kann dem neuen Roman der ostdeutschen Lyrikerin und Erzählerin Kathrin Schmidt wenig abgewinnen. Einerseits erfülle er, wie die vorhergehenden beiden Romane, die Lesererwartungen, was den bekannten schnodderigen wie zugleich märchenhaften Ton des magischen Realismus betreffe. In der Kombination aus "Familiendrama, Enthüllungskrimi oder politisch ambitionierter Aufarbeitungsliteratur" leide aber die gesamte Konstruktion an einem Zuviel, gekleidet in eben diesen Ton aus "Saft-und-Kraft-Prosa". Im Wesentlichen gehe es um den Witwer Bert Willer, der in seinem früheren Leben ein auf Damen spezialisierter Stasi-Spitzel gewesen ist und nun, als alleinerziehender Vater, auf der Urlaubsinsel Teneriffa mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Wie die Rezensentin bedauert, gelingt es der Autorin nicht Täter und Opfer gegeneinander in Position zu bringen, das Ganze bleibt eine eigentümliche Mischung aus verkappter Geschichtsanalyse in einem Milieu "nervenaufreibender Mittelmäßigkeit". "Kunst oder Krampf" fragt sich die Rezensentin und hält dem immerhin Roman zugute, dass man ihn schnell vergisst.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.10.2005

Eigentlich steckt in diesem Roman viel Potenzial, findet Rezensentin Silja Ukena. Doch ihrer Meinung nach ist die Autorin Kathrin Schmidt zu sehr verstrickt in ihren Stil, um der Geschichte wirklich eine Chance zu lassen: Schmitt hätte ihrer Meinung nach mehr auf die Wucht des "unerhörten" Ereignisses vertrauen sollen, von dem sie erzählt, und auf dessen "psychologische wie politische Brisanz". Trotz dieser Kritik attestiert sie dem Roman durchaus Qualitäten, mit denen Schmidt an ihrem Vorgänger-Roman "Königs Kinder" anschließt. Den magischen Realismus, der obgleich "etwas kantig geraten", findet man nach Meinung der Rezensentin in der deutschen Literatur so nich" und auch ihre "vor Körperlichkeit strotzende Sprache" übt auf die Rezensentin durchaus eine gewisse Anziehung aus.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2005

Kathrin Schmidts Spezialität sind die "Bruchstellen deutscher Geschichte", stellt Rezensent Roman Bucheli fest und glaubt, dieser "großen Künstlerin" der geschichtlichen Erzählung ihre zwei "Geheimnisse" entlockt zu haben: Zum einen eine "wirkliche stille Hingabe" an ihre Figuren und zum anderen das Bewusstsein, dass wir, so gut wir auch Vergangenheit und Gegenwart kennen, trotzdem nicht verstehen, "wie aus der einen Geschichte die andere hervorgegangen sein soll". Im vorliegenden Roman um den Stasi-Agenten Bert Willer und ein gruseliges Verwechslungsspiel werden Schmidts Figuren von ihrer traumatischen Vergangenheit aufs Bitterste eingeholt. Besonders gefällt dem Rezensenten, dass Schmidt - und dies wird vor allem am rätselhaften, in einer "beklemmenden Schwebe" gelassenen Ende deutlich - nichts erklärt, nichts deutet und vor allem nicht urteilt. Sie zeige lediglich die "Verwüstungen" und die "prekäre Wirklichkeit" derer, denen ein Bruch durchs Leben gefahren ist. In ihrer "atemberaubend schönen und zugleich hochpräzisen Sprache", schreibt der Rezensent hochachtungsvoll, gibt die Autorin dem deutsch-deutschen Unglück eine "Würde" zurück, die es so leider bisher nur in der Literatur gebe.
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