Katty Salie

Das andere Gesicht

Depressionen im Rampenlicht
Cover: Das andere Gesicht
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2023
ISBN 9783462005042
Gebunden, 352 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

"Wir sind wieder mehr, wir sind jetzt schon zwei", sagte Torsten Sträter zu Kurt Krömer, als der sich in seiner Sendung zu Depressionen bekannte. Am Tabu der Krankheit wird gekratzt. Und doch trauen sich noch immer viele Menschen nicht, offen darüber zu sprechen. Katty Salié weiß aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, wenn das Leben plötzlich schwer wird und man nicht mehr funktioniert. Und man sich gleichzeitig dafür schämt, denn schließlich steht man auf der Sonnenseite des Lebens. Doch Erfolg und Prominenz schützen nicht vor Depressionen, betroffen sind auch die, von denen man es vielleicht am wenigsten erwartet. In diesem persönlichen Buch beschreibt Katty Salié ihre Krankheit und spricht mit vielen prominenten Menschen über deren Erfahrungen. So entsteht ein Kompendium von Lebensgeschichten, die durch die Krankheit verbunden sind. Mit Torsten Sträter, Till Räther, Gesine Schwan, Atze Schröder, Sophie Passmann, Zoë Beck, Ronja von Rönne und vielen anderen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.10.2023

Rezensentin Barbara Vorsamer hat genug von depressiven Promis. Katty Salies Buch bietet ihr vor allem Bekanntes aus dem Leben von Kurt Krömer, Sophie Passmann und anderen öffentlichen Personen. Dass die Autorin selbst Kulturjournalistin ist und also nicht als depressiver Maurer von der Krankheit berichten kann, versteht Vorsamer natürlich. Dennoch: Wäre es nicht erhellender gewesen, zur Abwechslung einmal mit depressiven Lehrerinnen oder Mechanikern das Gespräch zu suchen und sich vom "Glitzernarrativ" zu entfernen, fragt sich die Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15.10.2023

Rezensentin Novina Göhlsdorf beginnt ihre dichte und vielschichtige Rezension des Buchs von Katty Salié über Prominente, die an Depression erkrankt sind, mit einer Reflexion über das Verhältnis von Depression und Sprache: Eben weil der Kern der Krankheit sprachlich nicht fassbar ist, produziere Depression, quasi als Ausweichbewegung, eine Textproduktion über Dinge, die mit ihr in Beziehung stehen. Insofern läuft, erläutert Göhlsdorf, beim Schreiben über Depression immer eine Metaebene mit, die auf das verweist, was durchs Schreiben nicht fassbar ist. Das gilt laut Rezensentin auch für die Saliés Buch, das hauptsächlich aus Interviews mit Betroffenen besteht, die durch Gedanken über die eigenen Depressionserfahrungen der Autorin ergänzt werden. Salié weist in ihrem Buch darauf hin, dass heute mehr über psychische Erkrankungen bekannt ist als früher, was Göhlsdorf mit dem Boom autobiografischer Ratgeberliteratur zum Thema in Verbindung bringt. Nicht ganz teilen möchte die Rezensentin die Ansichten der Autorin, psychische Krankheit sei heute noch stigmatisiert und Depression werde mit Verrücktheit gleichgesetzt. Vielmehr wird Fragilität vielerorts zur Tugend umgedeutet, meint Göhlsdorf, und wer sich heutzutage als depressiv oute, könne auf ein umfangreiches mediales Feedback vertrauen. Ihren eigenen Krankheitsverlauf beschreibt Salié, heißt es weiter, in bekannter Manier und insbesondere als Heilungsgeschichte, was nicht auf alle, aber doch auf viele der Interviews ebenso zutreffe. Göhlsdorf zeigt sich irritiert über den "Überhang aus Text", der die ja eigentlich sprachfeindliche Depression überlagert und außerdem kritisiert sie, dass der Zusammenhang von Kapitalismus und Depression - als einer nicht funktionalen, weil Wachstum behindernden Störung - nicht ausreichend gewürdigt wird.