Klaus Bittermann

Der Intellektuelle als Unruhestifter

Wolfgang Pohrt. Eine Biografie
Cover: Der Intellektuelle als Unruhestifter
Edition Tiamat, Berlin 2022
ISBN 9783893202843
Gebunden, 696 Seiten, 36,00 EUR

Klappentext

Mit Fotografien. Als Anfang der achtziger Jahre Wolfgang Pohrt die öffentliche Bühne betrat, wurde den Lesern schnell klar, dass da jemand einen neuen Ton anschlug. Pohrt verstand es, seine Thesen mit großer Schärfe, Klugheit und Eleganz zu formulieren. Seine Kritik an den Grünen und der Friedensbewegung ist legendär, vor allem, seit diese nationale Töne anschlugen und die Nation nicht mehr abschaffen, sondern retten wollten. In der Biographie wird daran erinnert, dass die Linke in Deutschland zwar versagt hat, aber dank Wolfgang Pohrt das Niveau der Kritik an ihr weit besser war, als sie es verdient hatte, man kann sagen, dass ein realistisches Bild von ihr nur deshalb erhalten geblieben ist, weil Pohrt sich ihrer Fehler und Eigenarten angenommen und damit die Mythenbildung erschwert hat. Mit seiner großen Massenbewusstseinsstudie der Deutschen und dem Konkret-Kongress 1993 kündigte sich sein Abschied an, aber noch heute macht sich sein Einfluss bemerkbar, als ob seine Gedanken wie ein schwacher unterirdischer Strom immer wieder einen Nerv treffen und eine Reaktion erzeugen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 13.08.2022

Man spürt beim Lesen dieser Kritik Claudius Seidls die Lust, mit der er anhand der Pohrt-Biografie eine Archäologie der heutigen Linken betreiben kann. Pohrt war ein scharfer Polemiker und in vielem sah er sehr klar, schreibt Seidl, dem die Biografie Anlass ist, Pohrts Leben und seine Stellung in den Debatten der siebziger und achtziger Jahre nachzuzeichnen. Frappierende Aktualität hat für vor allem ihn Pohrts Kritik am "Antizionismus" deutscher Linker in dieser Zeit, die - damals schon! - über die "Endlösung der Palästinenserfrage" durch Israel schwadronierten. Die Figur Pohrts sollte die deutsche Öffentlichkeit auch zu einer kritischen Sebstbefragung veranlassen, findet Seidl: Wie kann es kommen, dass ein so brillanter Polemiker seinerzeit alles andere als in die Systeme und Apparate integriert war und eine marginale Existenz fristen musste? Er hat ja vor allem in minoritären Organen wie der konkret und der taz publiziert, auf die die Journalisten der "großen" Medien seinerzeit doch eher von oben herab blickten. Bittermanns große Biografie ist für Seidl darum auch so etwas wie eine Wiedergutmachung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.05.2022

Ganz deutlich wird aus der Kritik des bekennenden Marxisten in FAZ-Diensten Dietmar Dath nicht, ob Klaus Bittermanns monumentale Biografie der Faszination des linken Kritikers der Linken gerecht wird. Dath hat nicht viel Platz, sagt wenig über das Buch selbst und kommt nochmal auf die Person Pohrt zurück, die er als einen "polemischen Einmannbetrieb" charakterisiert. Kurz erzählt er nach, wie Pohrt schon in den frühen Dreißigern die "trüben Zeiten der Rückzugsgefechte" durchmachen musste, nachdem die wilden antiimperialistischen Fantasien der 68er nur noch schal schmeckten. Und dann, so scheint es in Daths Nacherzählung, hasste Pohrt eine Rekonversion ehemaliger Linksradikaler in Richtung Demokratie ebenso sehr wie ein verbissenes Festhalten an den Illusionen. Abschließend lobt Dath die große und gelungene Hommage Bittermanns an seinen Freund Pohrt.
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