Liao Yiwu

Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs

Roman
Cover: Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023
ISBN 9783103972917
Gebunden, 448 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Chinesischen von Brigitte Höhenrieder. Im Geheimen begann Liao Yiwu im Gefängnis in Sichuan ein großes Buch. Seite für Seite wurden sie als Kassiber hinausgeschmuggelt und fanden erst im Berliner Exil zueinander. Es entstand ein Roman, der den ganzen Widersinn Chinas in einem Leben und vier Liebesgeschichten umreißt. Dreh- und Angelpunkt für den Helden und für ganze Generationen ist die Kulturrevolution. In ihrer Erbarmungslosigkeit zählt sie mit zu den schwärzesten Perioden im letzten düsteren Jahrhundert. Kinder verrieten ihre Eltern. Liebespaare denunzierten einander.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2023

Halb abgestoßen, halb tief bewegt liest Judith Leister diesen Roman, der, wie sie gleich zu Anfang ihrer Kritik notiert, "am eigenen Lärmpegel" zu ersticken droht. Aber offenbar wird hier, gespiegelt durch den Protagonisten Zhuang Zigui und seine Liebste Nie Honghong, noch einmal das ganze grauenhafte Panorama der Kulturrevolution entfaltet, von Eltern, die man in Psychatrien steckte, 2000 Jahre alten Tempeln, die man zerstörte, und weiteren Eltern, die man lebendig begrub, während das westliche Kunst- und Intellektuellenvolk Mao als Popikone feierte. Es gibt keine Körperflüssigkeit, mit der Liao Yiwu in diesem Buch nicht herumspritzt, so die leicht entgeisterte Rezensentin. Aber sie nimmt es auch als Zeichen ohnmächtigen Protestes. Innerhalb Chinas sei eine kritische Auseinandersetzung mit Mao überhaupt nicht mehr möglich, die Exilautoren stehen alleine da, und Mao "genießt noch immer in einem Mausoleum auf dem Platz des Himmlischen Friedens kultische Verehrung".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.08.2023

Man sollte sich nicht allzu sehr vor "Kotze, Kacke, Pisse" und Rotz ekeln, um den neuen Roman des chinesischen Dissidenten Liao Yiwu durchzuhalten, warnt Rezensent Hans-Christoph Buch vor. Auch über ein paar Längen und vor allem sprachliche Mängel, bei denen Buch nicht sagen kann, ob sie der Übersetzung anzulasten sind oder dem Autor, muss man hinwegsehen, fährt der Kritiker fort. Er jedenfalls liest den Roman dennoch mit Spannung: Die maoistische Kulturevolution beschreibt Yiwu aus Sicht eines drangsalierten Ich-Erzählers als "Chronik einer Massenhysterie", an Drastik spart der Autor dabei nicht, klärt der Rezensent auf. Von der Eleganz chinesischer Lyrik ist der Roman weit entfernt, aber als "tolldreiste Prosa" kann er sich in der chinesischen Literatur durchaus behaupten, schließt Buch.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.07.2023

Der Titel von Liao Yiwus neuem Roman erinnert den Rezensenten Marko Martin an Garcia Marquez, nur dass hier nicht die Cholera die bedrohliche Kulisse bildet, sondern das maoistische China. Im von der Kulturrevolution verwüsteten Land ist Liebe kaum noch möglich, stellt der beeindruckte Martin fest, vielmehr brechen sich (staatliche) Gewalt, Repressionen und Niedertracht Bahn, die der mittlerweile im Exil lebende Autor ihm in aller höllischen Grausamkeit vermittelt. Die Mischung aus Repression und Orgiastik erinnert den Kritiker an die Gemälde von Francis Bacon. Er wünscht diesem so wichtigen wie brutalen Buch einen durchschlagenden Erfolg.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.06.2023

Merklich beeindruckt liest Rezensentin Cornelia Geißler Liao Yiwus neuen Roman, den der Autor in den frühen 1990er Jahren als politischer Gefangener in einem chinesischen Gefängnis begonnen hatte. Klandestin aus dem Knast herausgeschmuggelt werden musste damals der Romanbeginn wie auch andere Schriften des Autors, erzählt Geißler. Yiwu wendet sich hier, der Titel lässt es erahnen, chinesischer Geschichte unter Mao Zedong zu. Erzählt wird in drei Teilen von Zhuang Zigui, einem leidenschaftlichen Mao-Anhänger, der seine Eltern denunziert und den erst die Liebe zu einer Frau, die ihn mit Freud, Nietzsche oder Pasternak vertraut macht, aus der ideologischen Bahn wirft, resümiert Geißler. Der Roman besticht nicht nur durch zahlreiche Verweise auf chinesische Geschichte und Kultur, die im gründlichen Anhang erläutert werden, sondern auch durch Bildreichtum und "grotesken Humor", schließt die Kritikerin, die ergänzend Liaos ebenfalls gerade auf Deutsch erschienene Schrift "Unsichtbare Kriegsführung" empfiehlt.