Milena Michiko Flasar

Oben Erde, unten Himmel

Cover: Oben Erde, unten Himmel
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783803133533
Gebunden, 304 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Herr Ono ist unbemerkt verstorben. Allein. Es gibt viele wie ihn, immer mehr. Erst wenn es wärmer wird, rufen die Nachbarn die Polizei. Und dann Herrn Sakai mit dem Putztrupp, zu dem Suzu nun gehört. Sie sind spezialisiert auf solche Kodokushi-Fälle. "Fräulein Suzu", wie der Chef sie nennt, fügt sich widerstrebend in die neuen Aufgaben. Es braucht dafür viel Geduld, Ehrfurcht und Sorgfalt, außerdem einen robusten Magen. Die Städte wachsen, zugleich entfernt man sich voneinander, und häufig verschwimmt die Grenze zwischen Desinteresse und Diskretion. Suzu lernt schnell. Und sie lernt schnell Menschen kennen. Tote wie Lebendige, mit ganz unterschiedlichen Daseinswegen. Sie sieht Fassaden bröckeln und ihre eigene porös werden. Und obwohl ihr Goldhamster sich neuerdings vor ihr versteckt, ist sie mit einem Mal viel weniger allein. Milena Michiko Flašar hat eine frische, oft heitere Sprache für ein großes Thema unserer Zeit gefunden. Und sie hat liebenswert verschusselte Figuren erschaffen, die man gern begleitet.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 31.05.2023

Vom ersten Satz an fasziniert ist Rezensent Harald Eggebrecht vom Roman der japanischen-österreichischen Schriftstellerin Milena Michiko Flašar. Die Autorin beweist nicht nur ein feines Gespür für Figurenzeichnung, wenn sie die Geschichte von Suzu Takada erzählt, die sich einem Putztrupp anschließt, der die Wohnungen von einsam verstorbenen Menschen reinigt, freut sich Eggebrecht. Sie beherrscht es auch, die Themen Einsamkeit und Tod mit so viel Sensibilität, und ja, auch Humor, zu verarbeiten, dass die Lektüre grundsätzlich leicht und erheiternd ist, bewundert der Kritiker. Mit "poetischer Melancholie" schildert die Autorin, wie ihre Protagonistin gerade durch die Konfrontation mit dem Tod selbst zu neuem Leben erwacht, ohne kitschig oder geschmacklos zu sein, resümiert der zufriedene Kritiker.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.03.2023

Rezensent Paul Jandl bewundert, wie Milena Michiko Flasar in ihren Romanen die "zarte Macht der Beschreibung" gegen das Verschwinden des Individuums in der japanischen Arbeitsgesellschaft in Stellung bringt. So auch im neuen Roman über das Phänomen des Kodokushi, das "einsame Sterben" als entmenschlichte Form des Todes. Traurig, aber auch trostvoll findet Jandl, wie die Autorin das Phänomen beschreibt, unpathetisch und ironisch in der Sprache. Worum es in der japanischen Kultur geht, darüber erzählt Flasar soziografisch, anrührend, meint er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.03.2023

Wie Milena Michiko Flašar es schafft, in eine eisige Gesellschaft Wärme zu hauchen, ist für Rezensentin Cornelia Geißler eine reife Leistung. Die in Wien lebende Autorin mit japanischen Wurzeln erzählt von Suzu, die als Kellnerin gekündigt und zur Tatortreinigerin wird. Messerscharf analysiere die Protagonistin nicht nur die Gesellschaft, sondern auch sich selbst. Das sei zwar zuweilen unbehaglich zu lesen, schreibt die Rezensentin, habe sie aber auch neugierig auf die Geschichte gemacht, die Flašar in bedächtige Worte gesetzt habe. Wie sie damit Isolation einfange, beeindruckt Geißler sehr. Suzu und ihr Team zeigen, wie das endgültige Verschwinden in Japan organisiert ist, was Einsamkeit in dieser Gesellschaft praktisch bedeutet, und wie wertvoll es ist, wenn das, was andere übersehen, zumindest im Tod geschätzt wird. Auch die Prise Selbstironie gibt dieser Geschichte für die Rezensentin eine bewundernswerte "Balance".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 27.02.2023

Die Lektüre von Milena Michiko Flasars Roman tut Rezensentin Sabine Peters gut. Die Geschichte um die Japanerin Suzu, die sich einer Putzkolonne anschließt, die sich auf Wohnung vereinsamt Gestorbener spezialisiert hat, gerät manchmal zwar ein bisschen an die Grenzen des Kitschs, so die Kritikerin. Suzu lernt während ihrer Arbeit nicht nur sich selbst lieben, sondern auch die Menschen um sich herum. Aber der Autorin gelingt die Kurve: die positiven Botschaften von Harmonie und Menschenliebe werden mit subtilem Humor und Sprödigkeit erzählt. So werden existenzielle Fragen in alltäglicher Manier gestellt, wofür Peters dankbar ist. Der Rezensentin gefallen auch die skurrilen Charaktere, die man im echten Leben wohl nie kennengelernt hätte. Eine sympathische Lektüre, findet Peters.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.02.2023

Suzu wurde geghostet und gefeuert: Das ist der Auftakt von Milena Michiko Flašars Roman "Oben Erde, unten Himmel", verrät Rezensentin Sara Wagener. Von so viel Unglück ausgehend entwickelt sich dann aber eine Geschichte von Gemeinschaft und der Frage nach dem guten Leben, in die die Autorin ihre eigene japanisch-österreichische Herkunft gelungen verwebt, meint die Rezensentin. Bei ihrem neuen Job als Reinigungskraft für "Kodokushi", lange unentdeckt gebliebene Todesfälle, lernt die Protagonistin, ihrer Einsamkeit zu begegnen, und macht die Bekanntschaft neuer, ganz verschiedener Menschen, die, wie Wagener bezeugt, großartig und eigensinnig ausbuchstabiert werden. Eine universalgültige Geschichte vom Allein- und Zusammensein, vom Leben und vom Tod, urteilt die Kritikerin.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 06.02.2023

Rezensentin Irene Binal berichtet von der Geschichte von Suzu, die, einst zum Studieren in die Großstadt gezogen, nun droht, sich in der sozialen Isolation zu verlieren. Doch sie nimmt einen neuen Job an, der etwas skurril anmutet, wie die Kritikerin einräumt: Suzu wird Reinigungskraft für Leichenfundorte und gewinnt damit wieder an Lebensfreude und Sozialkontakten. Milena Michiko Flašar hat mit der Botschaft ihres Romans zwar das Rad nicht neu erfunden, aber ein liebenswürdiges, lustiges und doch nicht oberflächliches Buch vorgelegt, urteilt Binal.