Nathan Hill

Wellness

Roman
Cover: Wellness
Piper Verlag, München 2024
ISBN 9783492072144
Gebunden, 736 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren und Stephan Kleiner. Als Jack and Elizabeth 1993 ein Paar werden, spricht alles gegen sie. Doch der junge Fotograf mit den bäuerlichen Wurzeln und die Psychologiestudentin aus gutem Hause heiraten - und erleben in der vibrierenden Kunstszene Chicagos aufregende erste Jahre. Doch nicht alles läuft glatt. Inmitten von Achtsamkeitsseminaren, polyamourösen Bekanntschaften und schrillen Immobilienträumen droht ihre Ehe zu scheitern. Und schließlich müssen sich diese nicht mehr ganz so jungen Träumer den Dämonen ihrer Vergangenheit stellen, wenn sie nicht das Wertvollste verlieren wollen: einander. Von den Absurditäten moderner Technologie bis zur perfekten Kindererziehung legt Nathan Hill unser Leben bloß und stößt auf tiefe Wahrheiten über Liebe, Intimität und Nähe.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.01.2024

Elizabeth und Jack, das Paar, das im Zentrum des neuen Romans Nathan Hills steht, lernt sich, so Rezensentin Christiane Lutz, zufällig kennen, weil sie einander gegenüber wohnen, und diesen Zufall halten sie für Vorbestimmung. Später hat sich die Beziehung verändert, die beiden wollen eine eigene Wohnung kaufen, aber Elizabeth möchte nicht mehr mit Jack im selben Bett schlafen. Jack gefällt das nicht, vielleicht, so zeichnet Lutz nach, weil das die Geschichte der Beziehung in Frage stellt, und darum geht es in dem Buch vor allem: um Geschichten, die man sich erzählt und für wahr hält, obwohl sie es vielleicht gar nicht sind. Das passt, heißt es weiter, zu Elizabeths Arbeit als Leiterin eines Wellness-Instituts, das Leuten faktisch wirkungslose Lösungen für Lebensprobleme andreht, es passt aber auch zu den Kunstprojekten, mit denen sich Jack beschäftigt. Einen perfekt, geradezu fugenlos konstruierten Gesellschaftsroman hat Hill geschrieben, konstatiert die Rezensentin, und er läuft für sie auf die Erkenntnis heraus, dass es die eine felsenfeste Wahrheit manchmal nicht gibt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.01.2024

Ein großer, sehr amerikanischer Roman ist für Rezensentin Maja Becker Nathan Hills Zweitwerk. Es geht um die Gefahren des Normalwerdens in der Lebensphase nach dem Coming-of-age, und zwar am Beispiel eines Ehepaars: des Kunstdozenten Jack und Elizabeth, die in einem Wellnessinstitut arbeitet und dort, führt Becker aus, Leuten pseudowissenschaftlichen Unsinn andreht, der ihnen bei ihren Problemen helfen soll. Die Rezensentin freut sich, wie genau Hill die Ausformungen der Wellnesskultur trifft und merkt an, dass sie den beiden Hauptfiguren freilich nicht hilft, ihre Eheprobleme zu bewältigen. Stattdessen versuchen sie es mit Wohnungskauf und Swingerparties, was auch nicht viel weiter hilft. Hill selbst nimmt bei aller satirischen Wucht seine Figuren ernst und arbeitet mit geschickten Perspektivverschiebungen, die die Illusionen der Protagonisten offenlegen, lobt die Kritikerin. Langweilig wird ihr das auch über 730 Seiten hinweg nie. Auch die Übersetzer Dirk van Gunsteren und Stephan Kleiner leisten, einigen kleinen Haklern zum Trotz, sehr gute Arbeit, versichert sie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.01.2024

Read-Bait könnte man das nennen, was Rezensentin Judith von Sternburg uns hier entgegenwirft: Rätsel, Herausforderungen der Art "darauf werden Sie nie kommen", kleine Appetit-Häppchen von jener perfekt konstruierten, hochdramatischen Satire, für die es laut Rezensentin kein Lobeswort zu viel geben kann, selbst wenn der Autor es am Ende vielleicht ein wenig zu bunt treibt, und selbst wenn die Übersetzer eventuell nicht immer die treffendsten Worte gefunden haben. Nichts in diesem Roman ist dem Zufall überlassen, lesen wir, jedes Detail hat seinen Platz und seine Bedeutung für die große, ganze Geschichte, die da ist: eine Geschichte über Geschichten, über die Realität als Erzählung oder auch über die "arglistige, freundliche, dumme, tödliche Unwahrheit", wie von Sternburg es ausdrückt. Wovon Hill schreibt, das repräsentiert "Wellness" selbst - herrliche, betörende, vollendete Künstlichkeit. Dass der Autor seine Erzählung über eine im Laufe der Jahre ernüchterte Liebesbeziehung in die Zeit kurz vor Trump, vor Fake News, vor dem Siegeszug der Verschwörungsmythen, in die Jahre 1993 und 2010 bettet, ist nicht nur witzig, sondern auch logisch, wenn man davon ausgeht, dass man erst den Wahnwitz von gestern begreifen muss, um den Wahnwitz von heute verstehen zu können. Mehr über diesen Wahnwitz weiß man zwar nicht nach der Lektüre, und doch bietet "Wellness" einen Überblick, und das auf die denkbar unterhaltsamste Weise, schließt die begeisterte Rezensentin.