Philip Roth

Empörung

Roman
Cover: Empörung
Carl Hanser Verlag, München 2008
ISBN 9783446232785
Gebunden, 208 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz. Er ist jung, anständig und fleißig, er revoltiert ein einziges Mal, und er bezahlt dafür mit seinem Leben. Marcus Messner beginnt 1951 sein Studium am konservativen College von Winesburg in Ohio. Während der Koreakrieg ins zweite Jahr geht, durchlebt Marcus eine Geschichte, die von Unerfahrenheit handelt, von Widerstand, Sex, Mut und Irrtum. Kaum ist er im College, kommt es zu einem ersten, ihn völlig verstörenden Erlebnis mit einem fragilen jungen Mädchen, und er begegnet einer Form der Diskriminierung, die ihn empört. Wider Willen wird Marcus zum Rebellen, gegen seine Kommilitonen, aber auch gegen seinen Vater - und er bleibt hartnäckig bis zum bitteren Ende.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.03.2009

Um Alter und Gegenwart ging es in den letzten Werken des für die Begriffe der Rezensentin Felicitas von Lovenberg erstaunlich produktiven Altmeisters Philip Roth. Diesmal bewegt er sich allerdings zurück in die fünfziger Jahre und lässt seinen Helden Marcus "Markie" Messner die Geschichte seines letzten Lebensjahrs aus dem Jenseits erzählen. Dorthin gelangt er als Opfer des Korea-Kriegs, aber paradiesisch ist auch sein kurzes Leben davor kaum zu nennen. Aus dem heimatnah gelegenen College flieht er in das von Winesburg in Ohio - das sich jedoch als schrecklich konservativ erweist. Seinen Studienleistungen ist dabei nicht nur die Liebe zur schwierigen Olivia nicht zuträglich. In einem nach Ansicht der Rezensentin grandiosen Roman (allerdings eher eine Novelle, meint sie), sei diese Olivia, weil ihr etwas viel aufgebürdet wird, die einzige etwas schwächere Figur. Wie Roth hier aber wieder einmal das auf die jüngst vergangenen Bush-Jahre durchaus übertragbare "Porträt eines bis zur Heuchelei angepassten Amerikas" entwerfe, das mache ihm einfach keiner nach.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.02.2009

Irgendwie kalt gelassen hat Andrea Köhler Philip Roth' jüngster Roman "Empörung". Der amerikanische Autor lässt darin das kurze Leben des Studenten Marcus Messner als Tragödie antiken Zuschnitts, von Marcus selbst aus dem Jenseits erzählt, seinen unvermeidlichen Verlauf nehmen: um sich aus der obsessiven Umklammerung seines Vaters zu lösen, wählt Marcus ein weit entferntes, protestantisches College, wird dort wegen einer eigentlich kleinen Verfehlung ausgeschlossen und landet deshalb im Koreakrieg, wo er beim ersten Einsatz ums Leben kommt. So ungefähr fasst die Rezensentin diesen "schmalen" Roman zusammen, der ihr schon wegen der motivischen Komplexität etwas überfrachtet scheinen will. Köhler gesteht, dass ihr das Schicksal von Marcus' Kommilitonin Olivia, die dem Helden zu seinem einzigen erotischen Erlebnis verhilft, weit näher gegangen ist, wie sie überhaupt findet, dass die Hauptfigur seltsam "blass und hohlwangig" bleibt. Dass Roth zudem die "Moral der Geschicht'" im letzten Satz vorbeten muss, statt sie aus sich selbst heraus zu entwickeln, schwächt ihr Vertrauen in diesen Roman zusätzlich und so bemängelt die Rezensentin die fehlende "emotionale Dringlichkeit", die sich dem Leser genauso wenig mitteile wie die titelgebende "Empörung".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.02.2009

Als "tragisch-schauriges Pendent" zu Roth' 1969 erschienenem Roman "Portnoys Beschwerden" beschreibt der hier rezensierende Schriftsteller Stefan Wackwitz in seiner Rezension den neuen Roman "Empörung", den Wackwitz als "amerikanische Tragödie" gelesen hat. Denn Roth liefert Wackwitz' Eindruck zufolge nun die "dunkle Vorgeschichte" des früheren Romans (und der "Großen Kleinbürgerlichen Kulturrevolution" von 1968) nach, der ihn als jungen Autor berühmt gemacht habe. Roth gibt nun eine späte und skeptische Antwort auf die "optimistisch-turbulente Komödie" von einst, lesen wir. So ziemlich alles an diesem Roman ist "gothic", schreibt Wackwitz, besonders die Tatsache, dass der Erzähler, der 18jährige Marcus, aus dem Jenseits die Vorgeschichte seines Todes erzähle. Die beiden jungen Protagonisten Marcus und Olivia seien beschädigt. Mit Marcus' langsam wahnsinnig werdendem Vater zeichne Roth das Bild der Generation, die mit 68 abtreten werde. Der Treibstoff des Romans sei sexuelle Frustration und Sehnsucht nach Erlösung. Doch während man in den geschilderten fünfziger Jahren und ihrer Obsessionen schon die Turbulenzen von 1968 sich ankündigen spüre, blicke man bereits auf die Nachtseite der Revolte und ihre Verlustrechnung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.02.2009

Rundum begeistert zeigt sich Peter Michalzik von diesem neuen Roman des vielleicht größten lebenden amerikanischen Romanciers, der hier, wie der Rezensent feststellt, noch einmal das Maximum an schriftstellerischer Spannkraft beweist. Michalzik kann kaum fassen, was Philip Roth in gerade mal 200 Seiten packt. Dass Roth wie kein zweiter in der Lage ist, Zeit und Welt zu vermitteln und Intelligenz, narrative Ironie und Schwung zu vereinen, wusste Michalzik bereits. Mit welcher Wucht nun der Autor die beiden mächtigen Prinzipien Libido und Todestrieb gegeneinander antreten lässt, indem er gerade mal zwei Jahre aus dem Leben seiner Hauptfigur vor dem Hintergrund einer Collegelaufbahn und des Korea-Kriegs erzählt, verschlägt Michalzik schier den Atem. Ist ihm der Topos Sex bei Roth selbstverständlich geläufig, staunt er über die nun auftretende dunkle und bedrohliche Macht, die Roth mit der Folie des Krieges ins Spiel bringt. Einen Wermutstropfen muss der Rezensent allerdings schlucken: Ausgerechnet an der Stelle, wo sich laut Michalzik der Kampf der Prinzipien entscheidet, bringt die Übersetzung den von Roth so elegant geführten Textfluss ins Stocken und der Leser wird vom schönen Sinn abgelenkt. Das, findet Michalzik, wäre ja vielleicht nicht nötig gewesen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.02.2009

In seinem jüngsten Roman "Empörung" entwickelt Philip Roth eine Geschichte, die sich in ihrer unentrinnbaren Zwangsläufigkeit geradezu zur klassischen Tragödie auswächst, stellt Gustav Seibt fest. Detailliert fasst der Rezensent die Geschichte des jüdischen Studenten Marcus Messner zusammen, der, um sich von erdrückender väterlicher Fürsorge zu befreien, in ein christliches College geht, aus dem er, als er sich gegen die zwangsweise verordnete Frömmigkeit auflehnt, rausgeworfen wird. Daraus folgt mit "uhrwerkhafter" Notwendigkeit, dass Marcus in den Koreakrieg eingezogen wird, wo er kurz darauf umkommt, so Seibt weiter. Er preist die "Meisterschaft", mit der der amerikanische Autor die äußerst düstere, dichte Atmosphäre des Romans entwickelt und zeigt sich beeindruckt, wie plausibel Roth seine Tragödie mit einer historischen "Diagnose" verknüpft. Denn nach Roth entsteht die tragische Kausalität, der Marcus zum Opfer fällt, aus historischen Bedingungen heraus, die "offenkundig wiederkehren können", so der Rezensent.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.01.2009

Rezensentin Iris Radisch mochte diesen neuen Altersroman von Philip Roth, wenngleich sie durchblicken lässt, dass es sich aus ihrer Sicht nicht um ein echtes Meisterwerk handelt. Aber die Art, wie Roth hier seinen Protagonisten 57 Jahre nach dessen Tod im Koreakrieg noch einmal aus dem Jenseits sprechen lässt, bewegt sie doch. Nicht allein wegen der handwerklich beeindruckenden Geschlossenheit der Erzählung und ihrer Motive, sondern auch weil sie den gut sortierten Erzählbogen so zart von Adjektiven koloriert findet. Die existenzielle Botschaft der Geschichte, dass einer im Jenseits im Gefängnis seiner dürftigen Erinnerungen an das Leben ebenso eng wie in diesem Leben selber lebt, berührt ihre Seele fast noch tiefer als der in diesem Buch erneut von Roth zelebrierte Skandal der Sinnlosigkeit des Todes.
Stichwörter