Philipp Oehmke

Schönwald

Roman
Cover: Schönwald
Piper Verlag, München 2023
ISBN 9783492071901
Gebunden, 544 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Anders als Harry findet Ruth Schönwald nicht, dass jedes Gefühl artikuliert, jedes Problem thematisiert werden muss. Sie hätte Karriere machen können, verzichtete aber wegen der Kinder und zugunsten von Harry. Was sie an jenem Abend auf einem Ball ineinander gesehen haben, ist in den kommenden Jahrzehnten nicht immer beiden klar. Inzwischen sind ihre drei Kinder Chris, Karolin und Benni erwachsen. Als Karolin einen queeren Buchladen eröffnet, kommen alle in Berlin zusammen, selbst Chris, der Professor in New York ist und damit das, was Ruth sich immer erträumte. Dort bricht der alte Konflikt endgültig auf.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 15.09.2023

Als "Sensation" bezeichnet Rezensent Peter Huth diesen Roman von Philipp Oehmke, den er mit Freude im Seychellen-Urlaub gelesen hat: Um einen Familienroman handelt es sich, der deshalb so groß(artig) ist, weil er noch viele weitere Themen in sich vereint. Die deutsche Schuld wird ebenso elegant behandelt wie die Frage, ob man mit "Nazigeld" einen queere Buchhandlung eröffnen darf, freut sich Huth. Diese "Kaskade aus Rückblicken" geht bis in die Grundfeste dessen, was Familie ist - das beeindruckt den Kritiker derart, dass er direkt beginnt, selbst bei seinen Urlaubsbekanntschaften nach der Ergründung der wirklich wichtigen Fragen zu suchen, erzählt er abschließend.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.08.2023

Rezensent Michael Wolf hat selten etwas so Reaktionäres gelesen wie Philipp Oehmkes Familienroman. Dass der Autor Jonathan Franzen nacheifern möchte und daran kläglich scheitert, weil ihm die literarische Finesse und Souveränität im Umgang mit seinem Material und seinen Figuren abgeht, ist für Wolf nur die eine Schattenseite dieses Debüts. Die andere, weitaus ärgerlichere ist für ihn die: Die ganze Dysfunktionalität der vorgeführten Familie mit Wehrmachtsvater wird bei Oehmke auf Privates zurückgeführt. Damit folgt der Autor der beliebten Schlussstrichmentalität, meint Wolf. Dass der Text keine Scham kennt angesichts der NS-Vergangenheit, findet Wolf geradezu obszön.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.08.2023

Das "Verhängnis des moralischen Maximalismus" lernt Rezensent Jens Jessen mit Philipp Oehmkes Roman einer Familie verstehen, die sich ständig sorgt, moralisch nicht auf der richtigen Seite zu stehen und genau deshalb in allem fehlschlägt. "Deutsches Schuldbewusstsein" und "Exzesse des Selbstverdachts", hier durchexerziert am Beispiel einer Familie, die einen Großvater aufzuweisen hat, der im Zweiten Weltkrieg Offizier war, kann am Ende nur zur Verdrängung führen, weil ein "richtiges" Leben gar nicht mehr möglich ist, erkennt Jessen, sorgt dafür, dass die einzelnen Familienmitglieder angesichts der Unmöglichkeit, sich richtig zu verhalten, einfach aufgeben oder erst recht alles falsch machen (sich Donald Trump anschließen zum Beispiel). Der Spiegel-Reporter erzählt das manchmal etwas zu flapsig-reporterhaft, dennoch ist der Kritiker sich sicher, hier DEN Roman der Gegenwart gefunden zu haben, der zeitgenössische Ideologien rund um das Deutschsein klug und treffend behandelt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 01.08.2023

Vergangenheit sehr aktuell: Zu Beginn von Philipp Oehmkes Debütroman kommt die gesamte Familie Schönwald zur Eröffnung des Buchladens von Karolin zusammen, die aber durch eine Störaktion von Aktivisten unterbrochen wird, resümiert Rezensent Samuel Hamen. Diese werfen ihr vor, den Buchladen mit dem Geld ihres Großvaters finanziert zu haben, der damals mit den Nazis kooperiert haben soll. In der Folge entspinnt sich eine Familienerzählung, der es nicht an politischen Kontroversen oder Fehden fehlt. Dabei wirken die Nacherzählungen aus dem Stammbaum der Familie nicht fad, viel eher fügt der Autor sie gekonnt in den Kontext gegenwärtiger Debatten ein. Vor "lauter Aktualitätsdekor" verliert Oehmke manchmal die Handlung aus dem Blick, moniert der Rezensent, dennoch gelingt es ihm, "rasant, komisch und treffsicher" eine Familiengeschichte mit den aktuellen Debatten der Gegenwart zu verquicken.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.07.2023

Rezensent Cornelius Pollmer findet Philipp Oehmkes Familienroman nicht so toll. Den verlagsseitig erzwungenen Vergleich mit Franzen hält der Text jedenfalls nicht stand, meint er. Als etwas billige deutsche Kopie US-amerikanischer Familien- und Gesellschaftstableaus ordnet er den Roman ein, dem es laut Rezensent an stilistischer Brillanz ebenso fehlt wie an eingehender Figurenzeichnung. Möglicherweise ein Fall von Selbstüberschätzung, meint Pollmer, dem die brauchbaren Passagen im Buch gar nicht entgehen. Es sind leider nur zu wenige, lässt er wissen.
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