Sofia Andruchowytsch

Die Geschichte von Uljana

Das Amadoka-Epos 2
Cover: Die Geschichte von Uljana
Residenz Verlag, Salzburg 2023
ISBN 9783701717644
Gebunden, 432 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Ukrainischen von Alexander Kratochvil und Maria Weissenböck. Mit der "Geschichte von Uljana", dem zweiten Band des Amadoka-Epos, entführt uns Sofia Andruchowytsch in die 1930er-Jahre, in das galizische Städtchen Butschatsch mit seiner multiethnischen Bevölkerung. Zwischen dem ukrainischen Mädchen Uljana und dem jüdischen Jungen Pinkhas wächst eine ungestüme, jedoch heimliche Liebe. Mit der nationalsozialistischen Besatzung 1941 beginnen die Deportationen der jüdischen Bevölkerung. Uljanas Vater versucht unter Lebensgefahr zu helfen, manche im Ort allerdings beteiligen sich aktiv am Morden, und wieder andere schlagen sich auf die Seite der anrückenden Sowjets. Zu Kriegsende jedoch zieht sich eine Schlinge aus Geheimnis, Verrat und Gewalt unerbittlich zu - und weder Uljanas Liebe noch ihre Familie werden ihrem grausamen Schicksal entgehen …

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 25.01.2024

Rezensentin Olga Hochweis zeigt sich tief beeindruckt von einem Roman, der sich mit dem Massenmord der Juden in Buczacz in der Ukraine ein schwieriges Thema vorgenommen hat: Zentrale Figur ist die alte Uljana, die erst kurz vor ihrem Tod anfängt, anhand ihres eigenen Lebens die Geschichte der Stadt zu erzählen. Zu dieser Perspektive tragen nach ihrem Tod auch Familienangehörige bei, erfahren wir, so wird die Komplexität der Geschichte der Stadt, zwischen Ukraine, Polen und Nazideutschland, auch von der Komplexität des Figurenarsenals getragen, versinnbildlicht u.a. durch Uljanas Vater, der für die Nazis arbeitet, aber nebenbei heimlich jüdische Mitbürger unterstützt. "Ein Roman von großer historischer Wucht und sensibler poetischer Kraft", lobt Hochweis.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.12.2023

Rezensent Christian Thomas wirkt beeindruckt von der motivischen und ästhetischen Gestaltung von Sofia Andruchowytschs Roman, dem zweiten Teil ihrer Amadoka-Trilogie. Es geht darin um drei Schwestern und deren Erinnerungen an den Holocaust in Butschatsch, vor allem aber um Uljana und ihre damalige verbotene Liebe zu Pinkas, dem Sohn eines jüdischen Schächters. Wie schon im ersten Teil stelle Andruchowytsch ihren Kapiteln vergilbte Fotografien voran, die von nicht immer passenden Bildunterschriften begleitet werden und für den Kritiker so ein gelungenes ästhetisches Spiel mit dem Komplex aus Erinnerung und "Vergegenwärtigung" spielen. Für das Vergessen stehe außerdem der spätere Enkel Uljanas, ein im Donbas-Krieg entstellter Soldat mit Gedächtnisverlust - dagegen sieht Thomas im titelgebenden Amadoka-See eine "Allegorie für das zähe Aufbegehren der Erinnerung", an der sich Andruchowytschs Roman mit ständigen Perspektivsprüngen abarbeite. Wie schließlich der Untergrund als Zufluchtsort, als Todesstätte oder als Ort des Widerstands motivisch variiert wird, lässt den Kritiker von einer "Archäologie des Grauens" sprechen, die ihn zu fesseln scheint.