Sunjeev Sahota

Das Porzellanzimmer

Roman
Cover: Das Porzellanzimmer
Carl Hanser Verlag, München 2023
ISBN 9783446273887
Gebunden, 240 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Klaus Timmermann und Ulrike Wasel. 1929 im ländlichen Punjab: Drei sehr junge Frauen werden in einer Zeremonie mit drei Brüdern verheiratet. Nachts trifft je eine ihren Ehemann in kompletter Dunkelheit, in der Hoffnung, einen Sohn zu zeugen. Tagsüber verrichten die Frauen ihre Pflichten, eingesperrt im Porzellanzimmer, in dem die Aussteuer ihrer Schwiegermutter Mai lagert. Als Mehar sich in einen der Brüder verliebt, wird eine gefährliche Leidenschaft entfacht, die mehr als ein Leben gefährdet.Siebzig Jahre später reist Mehars Urenkel aus England auf eine verlassene indische Farm. Dort findet er das verbarrikadierte Porzellanzimmer. Er wird sich mit seinen inneren Dämonen auseinandersetzen - und mit seiner verborgenen Familiengeschichte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.02.2023

Rezensentin Katharina Granzin kann kaum glauben, wie lebendig Sunjeev Sahota aus einem fernen Leben und einer fernen Zeit zu erzählen vermag: Im indischen Punjaab der zwanziger Jahre spielt sein Roman zu großen Teilen, wo eine Fünfzehnjährige eine vor Jahren arrangierte Ehe eingeht - inspiriert sei die Geschichte von Legenden über Sahotas eigene Urgroßmutter. In einem zweiten Erzählstrang geht es um den Urenkel der Protagonistin, der in den Neunzigern nach Indien geschickt wird, um von den Drogen loszukommen. Deutlich eindrucksvoller scheint die Kritikerin aber den Plot um die Ehe der Urgroßmutter zu finden: Wie der Autor, selbst Einwandererkind, hier über Zeiten und Kontinente hinweg davon erzählt, wie die junge Mehar auf den Hof ihres neuen Ehemannes und seiner ebenfalls frisch verheirateten Brüder verfrachtet wird, wo der Beischlaf von deren Mutter dirigiert wird und nur im Dunkeln stattfinden darf, weshalb die Frauen gar nicht sagen können, mit welchem der Männer sie nun eigentlich verheiratet sind - das findet die Kritikerin spannend und extrem leichthändig geschrieben. Da kann einer "wirklich erzählen", schließt sie.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.02.2023

Von einer aus zwei Strängen bestehenden Geschichte im indischen Punjab der 1920er Jahre berichtet Stephanie von Oppen: Sunjeev Sahota schreibt über drei junge Mädchen, die auf einer Farm nicht nur arbeiten, sondern dem Haus auch männlichen Nachwuchs bescheren sollen und deshalb Nacht für Nacht mit den drei Söhnen der Matriarchin Mai eingesperrt werden, ohne zu wissen, wer eigentlich wer ist. Diese Geschichte ist, wie die Rezension verrät, aus der Familiengeschichte des Autors entnommen und trifft auf den zweiten Erzählpfad über einen jungen Mann, der aus England zurück nach Punjab kommt, um seine Drogensucht zu kurieren, die Oppen aber als deutlich schwächere der beiden Ebenen charakterisiert. Der Autor vermag es, eine an Momente der kleinen Gestiken gebundene Intensität zu vermitteln und die Traumata des Patriarchats und des Kolonialismus auszuhandeln, auch wenn die Vermischung der beiden Ebenen nicht immer so recht gelingen mag, wie die Rezensentin resümiert.
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