Thomas von Steinaecker

Die Privilegierten

Roman
Cover: Die Privilegierten
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023
ISBN 9783103975178
Gebunden, 624 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

In Norwegen beginnt der Winter. Der erste seit vielen Jahren. In einer abgelegenen Hütte muss sich Bastian eingestehen, dass er zu alt ist, um dort zu überleben. Anstatt zur weit entfernten Siedlung aufzubrechen, beginnt er, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Mit seiner Kindheit in den 90ern zwischen Star Wars, Magnum-Eis und Lichterketten gegen Rechts. Der Zeit als junger Vater und der Herausforderung, Familie, Karriere und eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Und mit den Jahren in der geschützten Wohnsiedlung in der Nähe Münchens, in denen die Welt immer bedrohlicher wurde. In seinem neuen Roman blickt Thomas von Steinaecker aus einer nahen Zukunft zurück auf unsere Gegenwart und zeigt, wie das Leben an uns vorbeirauscht, während wir um uns selbst kreisen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 26.10.2023

Nicht viel Freude hat Rezensent Eberhard Falcke mit Thomas von Steinaeckers Roman, und zwar vor allem, weil er den Erzähler Sebastian für schlecht konstruiert hält. In der Erzählgegenwart des Jahrs 2039 befindet sich der in der norwegischen Einsamkeit, erfahren wir, die Geschichte entfaltet sich in Rückblenden, die bis in die 1980er zurück reichen. Im bildungsbürgerlichen Milieu aufgewachsen, tendiert Sebastian später politisch nach links, zeichnet der Rezensent die fiktionale Biografie nach, was Sebastian freilich nicht dabei hilft, die sozial zunehmend aus den Fugen geratene Welt zu verstehen. Wie ein saturierter Mitteleuropäer die Welt um sich zusammenbrechen sieht: Das hätte ein toller Kommentar zur Gegenwart werden können, meint Falcke, nur leider bleibe dieser Sebastian eine soziologisch zurecht gezimmerte Kopfgeburt, die für den Kritiker auch nicht im Sinne einer satirischen Überzeichnung funktioniert.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.10.2023

Einen "hervorragenden Roman" hat Thomas von Steinaecker hier vorgelegt, freut sich Rezensent Christoph Haas. Die Handlung gibt sich zuerst weit von aktuellen Problemen entfernt: Bastian, Jahrgang 1982, lebt als Einsiedler im Wald und blickt im Jahre 2039 auf sein Leben zurück: geboren in einem reichen Umfeld, erfolgreiches Berufsleben, Familie, resümiert Haas. Nach und nach kristallisiert sich aber heraus, dass es die über Jahre ignorierten Krisen waren, die den Niedergang der Welt herbeiführten in der Bastian sein altes Leben führte. Steinaecker lässt seine Hauptfigur teilnahmslos von all dem berichten. Haas imponiert, dass Steinaecker über seiner Figur "nicht den Stab bricht": Bastian bereut nichts, er schaut sich nur via VR-Technologie seine Vergangenheit an. Ein "schuldlos Schuldiger" wie wir alle, staunt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.09.2023

Ganz glücklich wird Rezensent Eberhard Rathgeb nicht mit Thomas von Steinaeckers Roman, der im Jahr 2039 in einer norwegischen Waldhütte einsetzt und als Lebensrückblick der 1982 geborenen Hauptfigur Bastian angelegt ist. Es zieht Bastian zurück nach Deutschland und damit in eine von zahlreichen Krisen - Armut, Klima und so weiter - geprägte Welt. Rathgeb zeichnet entlang des Romans den Lebensweg des Protagonisten nach, der in wohlhabender Umgebung aufwächst, später zum Gerechtigkeitskämpfer mutiert und vom Tod seiner Frau hart getroffen wird. So stellt man sich die Erinnerungen eines Fernsehredakteurs vor, seufzt Rathgeb, wie eine Art literarisches Reality TV. Dass der Mann sogar in der norwegischen Einsamkeit einen so uninvolvierten, banalen Stil beibehält, will dem Rezensenten nicht in den Kopf. Warum sollten sich Leser für diesen Bastian interessieren, fragt er ratlos.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.09.2023

Eine komplexe Struktur hat der satirische Roman Thomas von Steinaeckers, findet Rezensent Jan Wiele. Die Rahmenhandlung um einen Typen, der im nordischen Nirgendwo sitzt und einen mühsamen Überlebenskampf protokolliert, ist ja ziemlich simpel, führt Wiele aus, aber die reflektierende Erinnerungserzählung, aus der der Hauptteil des Buches besteht, die habe es in sich. Es geht da einerseits im Stil eines Generationenporträts um eine Jugend in den 1980ern und 1990ern, die Popkultur der Epoche spielt dabei eine große Rolle. Andererseits ist dann irgendwann irgendetwas schief gegangen, auch wenn laut Wiele nie so ganz klar wird, was genau. Es tauchen dann jedenfalls unter anderem Frank-Elstner-Hologramme auf, überhaupt flüchten sich alle in popkulturelle Nostalgiewelten, während die echte Welt drumrum den Bach runter geht. Der Erzähler gleitet allerdings doch nicht ganz in das Reich der Simulation ab, so Wiele, und tatsächlich entpuppt sich der Roman, erkennt der oft faszinierte, manchmal auch leicht irritierte Rezensent, als Aufruf zur Selbstoptimierung.
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