Tim Winton

Weite Welt

Australische Geschichten
Cover: Weite Welt
Luchterhand Literaturverlag, München 2007
ISBN 9783630872285
Gebunden, 349 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem australischen Englisch von Klaus Berr. Angelus, einst ein geschäftiges Zentrum der Walfangindustrie, hat längst keine große Bedeutung mehr. Die Schlachthöfe und Konservenfabriken sind geschlossen, die Leute haben andere Arbeit gefunden oder keine. Gewalt, Drogenmissbrauch, Einsamkeit - alles gibt es in dieser malerischen kleinen Hafenstadt. Aber es gibt auch magische Momente, wie direkte, ehrliche Gespräche, zaghafte Liebe oder die Betrachtung der Wellen und des Horizonts. Hier, in und um Angelus, hat Tim Winton seine neuen Geschichten angesiedelt, in denen er verschiedene Figuren zu verschiedenen Zeiten ihres Lebens betrachtet, zueinander in überraschende Beziehungen setzt und so ganz allmählich einen faszinierenden Kosmos im Kleinen erschafft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.02.2008

Rezensent Gerhard Schulz ist offensichtlich ein großer Bewunderer des australische Autors Tim Winton, bei dem er noch immer die "Schreiblust", "Leidenschaft" und "Einbildungskraft" spürt, die Winton in seinen frühen Jahren als "Naturtalent" auszeichneten. Und nun kommt aber auch noch Erfahrung dazu! Dabei platziere Winton in seinen Erzählungen über die scheiternde Liebe und das scheiternde Leben die Menschen immer dort, "wo die Gefühle flattern" - und das ist für den Rezensenten das "Allerkomplizierteste" überhaupt. Ein wenig umständlich erklärt Schulz, dass wir das wahre Australien nicht mit dem aus der Werbung verwechseln dürfen, weil es in großen Teilen auch einfach nur ein ganz normales westliches Land sei - auch wenn in den von Winton bevorzugt beschriebenem Bundesstaat Westaustralien Deutschland dreimal passt und ihn zweitausend Kilometer Wüste vom Rest der Insel trennen, wie Schulz dann doch ein bisschen überwältigt von Australien notiert.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.08.2007

Als einen ganz "großen Erzähler" mit beeindruckenden kompositorischen Fähigkeiten würdigt Frank Schäfer den australischen Autor Tim Winton. Schon dessen Roman "Der singende Baum" hat ihn begeistert und so hofft er, dass Winton für seinen Erzählband "Weite Welt" endlich auch hierzulande gebührend gewürdigt wird. Die Lektüre der einzelnen Erzählungen, die sich zu einem kunstvoll miteinander verwobenen Episodenroman fügen, hat ihm größtes Vergnügen bereitet - auch wenn ihm die von Winton entfaltete Welt des von Alkoholismus, Drogensucht und Gewalt geprägten Hafenstädtchen Angelus im Grunde ziemlich finster scheint. Beeindruckt hat ihn vor allem, wie Winton im Moment des Spiels, der Erinnerung eines Protagonisten etwa an die Basketballspiele seiner Jugend, die Trostlosigkeit aufhebt und damit etwas wie Erlösung sichtbar macht. Das Spiel versteht Schäfer als Chiffte für das "ästhetische Spiel". Er sieht Winton hier eine Positionen von Schillers ästhetischen Projekt in seinen "Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen" variieren. So schimmert für ihn bei Winton die Hoffnung auf, eine Befreiung des Menschen sei möglich, "wenn man sich nur oft genug diesen verspielten, ästhetischen Momenten aussetzt."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.06.2007

Begeistert zeigt sich Martin Zähringer von Tim Wintons "Weite Welt". Der Band mit Erzählungen des australischen Autors sei äußerst kunstvoll arrangiert und biete eine "Topografie der ganz großen Themen". Die 17 Erzählungen behandeln dabei meist unterschiedliche Paarbildungen, in denen als verbindendes Element immer wieder die Figur Victor Lang, eines Außenseiters auf der Suche nach sich selbst, vorkommt. Die Raffinesse liegt, so der Rezensent, dabei in den vielfältigen, wechselnden Perspektiven, die Alters- und Geschlechtergrenzen überschreiten. So begegnet Victor Lang dem Leser mal als Ich-Erzähler, mal als Ehemann einer Erzählerin. Der Rezensent würdigt besonders die subtilen Verknüpfungen, die sich zwischen den einzelnen Erzählungen ergeben und die es schaffen, ein differenziertes Porträt der Gegenwart zu zeichnen. In diesem Sinne plädiert Martin Zähringer dafür, Winton nicht mehr allein als "regionalen Autor" wahrzunehmen, sondern ihn entsprechend seines Könnens zu würdigen.