Tuvia Tenenbom

Gott spricht Jiddisch

Mein Jahr unter Ultraorthodoxen
Cover: Gott spricht Jiddisch
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783518473351
Gebunden, 575 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Mea Schearim, die Stadt der 100 Tore, ist ein Viertel von Jerusalem, das fast ausschließlich von ultraorthodoxen Juden bewohnt wird. Um diese unfassbar aufregende und fremde Welt und ihre Spiritualität erfassen und verständlich machen zu können, muss man dort gelebt haben - so wie Tuvia Tenenbom, der in Mea Schearim aufgewachsen ist und nach vielen Jahren in New York hierher zurückgekehrt ist, um sich seiner Vergangenheit zu stellen: Denn Tenenbom entstammt selber einer ultraorthodoxen Familie, lernte in einer Jeschiwa, und ihm wurde eine Zukunft als einer der ganz großen Rabbis prophezeit. Dies machte seinen Aufenthalt auch zu einer Reise in die eigene Kindheit. Tenenbom wollte wissen, wie sich die orthodoxe Kultur und Lebensweise verändert und wie sich eine restriktive Welt in einer immer restriktiver werdenden Welt entwickelt hat. Um diese Frage zu beantworten, wird er für lange Monate wieder einer von ihnen und tut das, was sie tun: in die Synagogen und in die Jeschiwas gehen, zum Rebbe, zum Rabbi, auch zu den Extremisten unter ihnen, mit ihnen zu essen und stundenlang zu singen, zum Schabbat mit den Familien zusammenzusitzen und Jiddisch mit ihnen zu sprechen, und er gewinnt so ihr Vertrauen, dass sich ihm die Menschen öffnen und dass ihre Welt des Glaubens in ihrer ganzen Faszination und in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit offenbar wird.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.04.2024

Rezensent Lukas Sarvari hat Tuvia Tenenboms neues Reportagebuch "Gott spricht Jiddisch" mit Interesse gelesen. Darin berichtet der Theatermacher und Journalist von seinem einjährigen Aufenthalt im ultraorthodoxen Jerusalemer Viertel Mea Sharim. Er zeichnet ein nuanciertes Bild von der charedischen Gemeinschaft, das sich laut Sarvari abseits von den üblichen Vorurteilen - von Sozialschmarotzertum bis radikalem Antizionismus - mit dem Leben der orthodoxen Juden auseinandersetzt. Da Tenenbom selbst als Teenager eine ultraorthodoxe Gemeinschaft in Israel verlassen hat und nach New York auswanderte, gerät das Buch auch zu einer Auseinandersetzung mit seiner eigenen Familiengeschichte. Eine besondere Bedeutung, so der Rezensent, erhält es vor dem Hintergrund des Massakers vom 7. Oktober 2023: Die Reportage, so der Rezensent, sei zur letzten Momentaufnahme dieses wesentlichen Teils der israelischen Gesellschaft vor der Zäsur des 7. Oktobers geworden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.01.2024

Tuvia Tenenbom kehrt in seinem Buch in die Welt zurück, in der er aufgewachsen ist, so Rezensent Reinhard J. Brembeck. Und zwar, fährt der Rezensent fort, in die Welt der orthodoxen Juden, die er als Jugendlicher verlassen hatte, um in New York und Berlin als Theatermacher und Autor zu reüssieren. Jetzt besucht er, heißt es weiter, unter anderem ein Stadtviertel Jerusalems, das stark orthodox geprägt ist und erschließt damit eine Welt, die den meisten Touristen fremd bleibt. Tenenbom stellt in dem Buch, fasst Brembeck zusammen, die verschiedenen Formen des orthodoxen Judentums um, er schreibt über das stets problembehaftete Geschlechterverhältnis und über bettelnde Charedim. Die Orthodoxen nehmen ihn, so Brembeck, Tenenbom zusammenfassend, freundlich auf, und reden mit ihm über alles mögliche, auch über Reizthemen wie Pädophilie. Das Buch ist für den Autor Teil eines Selbstfindungsprozesses, beschreibt Brembeck, wobei klar ist, dass er selbst nicht wieder zum Rabbi werden, sondern stets zwischen verschiedenen Welten stehen wird. Die Leser jedoch werden nach der Lektüre anders auf das orthodoxe Judentum blicken, so das Fazit.
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