Ulrich Peltzer

Der Ernst des Lebens

Roman
Cover: Der Ernst des Lebens
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2024
ISBN 9783100024671
Gebunden, 304 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Bruno van Gelderen ist auf einem Bauernhof am Niederrhein aufgewachsen und landet in den späten Neunzigern in Berlin. Statt zu studieren, arbeitet er für eine Konzertagentur und verspielt sein Geld an Slot Machines. Alkohol und Amphetamine tun ihr Übriges, nach Überfällen auf eine Kinokasse und einen Spätkauf verbringt er zwei Jahre im Gefängnis. Danach schreibt Bruno zunächst für ein kleines Fachblatt über Berliner Amateur-Fußball und hat plötzlich einen Job bei einer Investment-Firma. Zum ersten Mal in seinem Leben kommt er zu Geld. Und zum ersten Mal hat er so etwas wie einen Plan ...Wie sein Held staunt auch Ulrich Peltzers neuer Roman über all die Angebote und Weisheiten, die Tricks und Traditionen, mit denen wir unserem Leben einen Sinn zu geben versuchen. Aber worauf kommt es an und wo ist mein Platz in dieser Welt?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.04.2024

Dieser Roman von Ulrich Peltzer braucht keine aufsehenerregenden Momente der Suspense, um das Weltbild des stoischen Ich-Erzählers Bruno von Geldern spannend zu vermitteln, beteuert Rezensent Stefan Michalzik. Vielmehr erzählt der Autor in "planvollem Schweifen" einerseits sehr subjektive Momente, aus denen sich andererseits präzise gesellschaftliche Beobachtungen ableiten lassen. Van Geldern war mal suchtkrank, hat, wohl eher drogeninduziert als aus wirtschaftlicher Not heraus, einige Überfälle verübt und saß deshalb im Knast, danach hat er sich nicht nur an zwielichtigen Offshore-Geschäften beteiligt, sondern auch eine Galerie gegründet, erfahren wir, das alles ist geboren aus einer unbedingten Suche nach Glück und Sinn des Lebens. Dabei geht es Peltzer nicht um ein groß angelegtes Gesellschaftsporträt, so der Kritiker, und trotzdem stellt er wichtige Fragen zur "zeitgenössischen Künstlerexistenz" und der Frage, wie man als Mensch zu Glück kommt. Das überzeugt auch durch die fein ausgearbeitete formale Strenge, resümiert er zufrieden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.03.2024

Viel gelacht hat Rezensent Joachim Hentschel bei der Lektüre des neuen Buchs von Ulrich Peltzer. Das Geld "gluckert, prasselt und sickert" überall in dieser Geschichte, die das Leben von Bruno van Gelderen (der Name ist hier Programm, wie Hentschel anmerkt,) erzählt. Brunos ganze Biografie dreht sich um das Eine: als Landei kommt er in die Stadt und wird gleich in den Strudel der Spielsucht hinabgerissen und kommt ins Gefängnis. Wieder draußen sucht er sich andere Wege, um dem "Ersatzgott" Geld zu huldigen, so der Kritiker, er wird zum Betrüger im großen Stil. Die für den Autor typischen Wiederholungen stellen die Geduld des Rezensenten ein wenig auf die Probe, aber als erfahrener Leser weiß er: es lohnt sich! Auch die etwas schattenhaften Nebenfiguren sind typisch für Peltzer, weiß der Kritiker, der deren "satirisches Potential" hier so gekonnt ausgeschöpft sieht, wie in keinem Buch davor.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.03.2024

Rezensent Helmut Böttiger ist derart begeistert von Ulrich Peltzers neuem Roman, dass er ihn gleich zweimal lesen möchte. Wir begegnen hier Bruno, der in den Neunzigern vom Niederrhein nach Berlin kommt, das Politikstudium abbricht, in einer Konzertagentur landet und dank Drogen, Alkohol und Spielsucht derart abstürzt, dass er nach zwei dilettantischen Überfällen im Gefängnis endet. Nach der Haft arbeitet er als Redakteur einer Zeitung namens Fußball-Echo, später in der Finanzberatung - bis er schließlich einer Videokünstlerin nach Köln folgt, resümiert der Kritiker. All das wird nicht chronologisch erzählt, sondern als wüster Bewusstseinstrom, in dem sich Szenen mitunter wiederholen, spiegeln und vor allem schärfen. Allein wie Peltzer in diesem "Mosaik" die verschiedenen Milieus und Personen heranzoomt, von der Berliner Boheme über den Knast bis in die Kunstwelt findet Böttiger "brillant". Diese so abgründige wie witzige Mischung aus "individueller Charakterzeichnung", Sozial- und Gesellschaftsanalyse kann der Kritiker nur dringend empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.03.2024

Als Milieuschilderung ist Ulrich Peltzers neuer Roman ziemlich stark, findet Rezensent Paul Jandl. Hauptfigur ist, erfahren wir, Bruno van Gelderen, ein Mann, der in den 1990ern in Berlin zunächst vor sich hinstudiert, dann langsam den Halt verliert, zu viel trinkt, Geld verspielt, schließlich im Gefängnis landet und danach in die Investmentbranche einsteigt und Leuten windige Finanzprodukte verscherbelt. Die Zeitebenen gehen dabei Jandls Darstellung zufolge durcheinander, van Gelderens Blick auf die Welt bleibt dabei stets ein interessenloser: Nicht für Geld interessiert sich dieser Mann, sondern dafür, was es mit seinen Mitmenschen macht. Auch mit den Linken in seiner Berliner Umgebung möchte sich van Gelderen nicht identifizieren, lesen wir. Insgesamt ist das Buch für Jandls Geschmack dann doch etwas zu episodisch geraten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.03.2024

In ein faszinierendes Leben taucht Rezensent Alexander Košenina bei der Lektüre des neuen Romans von Ulrich Peltzer ein. Bruno van Gelderen heißt dessen Protagonist und sein Lebensweg führt ihn von der Berliner Halbwelt in die Investmentbranche. Zunächst studiert er in Berlin, hängt aber bald öfter in der Spielhalle als bei seinen linken Kommilitonen ab, entwickelt ein Drogenproblem und landet schließlich im Knast, lesen wir. Nach dieser Erfahrung jedoch schlägt van Gelderen einen neuen Weg ein und verkauft ab sofort, gewappnet mit einem seriösen Auftreten, ein paar einschlägigen Sprüchen und nicht viel mehr, reichen Leuten windige Finanzprodukte, erzählt der Rezensent. Peltzer präsentiert uns das laut Košenina alles aus der Perspektive der Hauptfigur, und zwar nur aus dieser, wobei sich diese Introspektionsprosa für den Kritiker gleichwohl zu dem Bild eines sozialen Typs fügt. Einen faszinierenden Einblick in die Anlagebranche bekommen wir auf diesem Weg, findet Kosenina, dem das alles, ein paar Längen zum Trotz, sehr gut gefällt.
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