Magazinrundschau - Archiv

Senses of Cinema

1 Presseschau-Absatz

Magazinrundschau vom 28.07.2020 - Senses of Cinema

Die neue Ausgabe des filmwissenschaftlich orientierten Magazins Senses of Cinema widmet sich in einem riesigen Schwerpunkt dem 40-jährigen Jubiläum von Stanley Kubricks "The Shining" nach dem gleichnamigen Horrorroman von Stephen King. Die versammelten Essays und Analysen bieten so viel Lesestoff wie eine ganze Aufsatzsammlung in Buchform. Einigen der Texte ist die wissenschaftliche Provenienz ("Im folgenden möchte ich... dazu werde ich...") zwar deutlich anzumerken, aber interessante Anregungen für eine Neusichtung von Kubricks Klassiker finden sich dennoch in Hülle und Fülle. Am kurzweiligsten ist sicher Filippo Ullivieris Darstellung der längst legendären Zetereien, mit denen King den nach seiner Vorlage (aber auf expliziten Wunsch des Regisseurs ohne seine kreative Beteiligung) entstandenen Film seit Jahrzehnten in Grund und Boden stampft. An schlechten King-Verfilmungen herrscht ja nun kein Mangel, warum ist es dann gerade dieser Film, der King ganz besonders umzutreiben scheint, dass er in den 90er sogar eigens das Drehbuch zu einer (allerdings in Langeweile und Kitsch versunkenen) TV-Adaption seines Romans schrieb? In seiner Ursachenforschung stößt Ullivieri in einem 1982 in grauer Literatur veröffentlichten und seitdem nicht mehr aufgelegten Essay auf eine mögliche Antwort: King gesteht, dass die Figur des in Alkohol und Wahnsinn absinkenden Familienvaters und glücklosen Schriftstellers, der in einem eingeschneiten Hotel mit einer Axt Jagd auf seine Familie macht, durchaus an ihn selbst angelehnt ist, der als junger, schriftstellerisch glückloser und in Armut lebender Vater zu Alkohol und jähzornigen Ausbrüchen neigte. "In einem solchen Geisteszustand geschrieben, 'wurde das Buch ein Ritual für mich, das vor Hass und Schmerz brannte', eine Möglichkeit für King, endlich jene Gefühle zu exorzieren und zu kanalisieren, 'die beinahe im Gesamten aus meinen Unbewussten zu strömen schienen'. Als 'The Shining' vollendet war, war es ihm endlich möglich, seine dunkle Vergangenheit zu den Akten zu legen. Auftritt Kubrick und Drehbuchautorin Diane Johnson. Indem sie an Kings Roman herumwerkelten, gingen wie wohl auch Kings Seelenleben an. Als er sah, was sie mit seiner Hauptfigur Jack anstellten, sah King womöglich ein Bild seiner selbst, das er vergessen zu haben wünschte. Als er sich darüber beschwerte, dass Jack in dem Film keine Entwicklung durchläuft, protestierte er wohl auch dagegen, dass Kubrick ihm das Happy-End gestrichen hat."