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Tina Uebel

Horror vacui

Roman
Cover: Horror vacui
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2005
ISBN 9783462034592
Gebunden, 270 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Auch das gibt es: einen Reiseveranstalter, der zahlungskräftigen Kunden eine professionell organisierte Grenzerfahrung verspricht - den ultimativen Südpol-Trip. Mit zwei Führern machen sich vier hochmotivierte, perfekt ausgerüstete Abenteurer auf den lebensgefährlichen Weg durch Eis, Schnee und Sturm. Die US-Amerikanerin Susan arbeitet verbissen an der Perfektionierung ihrer selbst, der Holländer Ralph will die Leere füllen, die der schnelle Reichtum in sein Leben gerissen hat, und Michael, erfolgreicher Geschäftsmann aus New York, findet die großen Herausforderungen nur noch im Extremsport. Zu ihnen stößt ein unerfahrener Enddreißiger, der aus seinem normaldeutschen Dasein ausbrechen und sich endlich wieder spüren will. Sie starten als Team, doch je weiter sie kommen, desto einsamer werden sie. Als Schneeblindheit und ein Blizzard das Vorankommen aufhalten, werden sie von ihren Geschichten eingeholt - und die Situation droht zu eskalieren.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.07.2005

Christoph Haas ist am Ende doch von diesem Roman etwas enttäuscht, wahrscheinlich weil er von Sprache und Handlung zunächst durchaus gefesselt war. Es geht um eine internationale Reisegruppe, die sich zur Selbst- und Sinnfindung auf eine über 700 Kilometer lange Reise zum Südpol macht und nach anfänglichem Enthusiasmus immer stärker von Erschöpfung und Animositäten heimgesucht wird, fasst der Rezensent zusammen. Wenn er anfänglich von Sujet und Sprache der Autorin eingenommen ist, stört ihn zunehmend die erzählerische Konstruktion des Romans. Durch die "Multiperspektive", in der Tina Uebel sowohl die Gedanken und Gefühle der Hauptfigur als auch die der anderen Reiseteilnehmer schildert, kommen viele ermüdende "Wiederholungen" zustande, beklagt sich der Rezensent. Zudem entsteht durch die Entscheidung für zwei Erzähler, einen Ich-Erzähler und einen "wesentlich diskreteren personalen Erzähler", ein Ungleichgewicht, was das Buch "strukturell aus dem Gleichgewicht wirft", so Haas weiter. Schließlich beschwert sich der Rezensent, dass die Autorin, indem sie die Reisegruppe nicht bis zu ihrem Ziel begleitet, keinen "anständigen Schluss" bietet, den er sich doch zumindest für die Lektüre-Mühen gewünscht hätte.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.06.2005

Mit dem "Horror Vacui", der Angst vor der Leere, konfrontieren sich in Tina Uebels gleichnamigem Roman freiwillig vier "gelangweilte Yuppies", die eine zweimonatige Reise zum Südpol gebucht haben, erklärt uns Andreas Obst die Grundkonstallation. Gemeinsam ziehen sie los, um als Team das ewige Eis zu bezwingen, doch je weiter sie in die Antarktis vordringen und je mehr Schwierigkeiten sich ihnen in den Weg stellen, desto stärker werden aus Teamgeistern Einzelkämpfer, wie Obst resümiert. Dem an sich spannenden Thema werde Uebel jedoch weder mit ihrem "Personal wie aus dem Systembaukasten" noch mit ihrem erzählerischen "Bramarbasieren" gerecht. Ein namenloser Ich-Erzähler stehe im Mittelpunkt, aber die Perspektiven wechselten derart schnell, dass der Rezensent sich unangenehm an filmische Erzähltechniken erinnert fühlt. Uebel verstricke sich in einem "Strudel des Erzählten", dem sie mit der "Unbeholfenheit ihrer Erzählweise" nicht mehr beikomme, so dass schlussendlich Romanfiguren und Leser gleichermaßen desorientiert zurückgelassen werden: "Am Ende bleibt nicht mehr als die früh im Verlauf der Handlung formulierte Erkenntnis, dass man das Eis 'nur verstehen kann, wenn man da ist, erzählen lässt es sich nicht'."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.03.2005

Tina Uebel ist eine "bemerkenswerte neue Stimme" unter den Romanautoren, die sich die letzten und extremen Winkel der Erde vornehmen, meint Ludger Lütkehaus. Eine beachtliche Leistung, weil es sich zudem um ein Gebiet handelt, wo Julius Payer, Willem Frederik Hermans oder Christoph Ransmayr schon "eindrucksvolle" Spuren hinterlassen haben. Eine Gruppe Grenzgänger bucht mit einem Reiseunternehmen einen Trip zum Südpol. Draußen ist nur das Nichts, nur das sich unter den Teilnehmern entfaltende "Psychodrama" sorgt für "Stoff und Konturen", berichtet der Rezensent. Der von verschiedenen Protagonisten erzählte Roman "bevölkert dem leeren Raum mit Innenperspektiven", das äußere Nichts aus Eis und Schnee bekommt damit einen inneren Gegenspieler. Lobend erwähnt Lütkehaus auch die variable Sprache, die vom "forciert coolen, bemüht witzigen Kodderton" der Teilnehmer untereinander bis zu einem Erzählen reicht, das "manchmal wie ein antarktisches Langzeilengedicht" wirkt. "Großartig" hält der Rezensent Uebels Verbindung von "Naturmonotonie und schleichender Eskalation, Repetition und zunehmender Spannung". Alles in allem sei der Roman "vorzüglich" vorbereitet, einzig der Schluss kommt dem Rezensenten "merkwürdig willkürlich" vor."
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