Ulrich Woelk

Mittsommertage

Roman
Cover: Mittsommertage
C.H. Beck Verlag, München 2023
ISBN 9783406806520
Gebunden, 284 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Ruth Lember, Ethikprofessorin in Berlin, steht kurz vor der Krönung ihres bislang so erfolgreichen Berufslebens: Sie soll Mitglied des Deutschen Ethikrats werden. Nichts scheint in diesem Sommer 2022 ihre Zukunft zu trüben: Ben, ihr Mann, gewinnt einen Architekturwettbewerb, ihre Ziehtochter Jenny studiert Kommunikation in Leipzig, und die Corona-Pandemie flaut endlich ab. Dass Ruth bei ihrer morgendlichen Joggingrunde von einem nicht angeleinten Hund gebissen wird, scheint da nur ein störendes Missgeschick zu sein. Aber tatsächlich schwelt die Wunde weiter, und das Ärgernis wird unerwartet zum Auftakt einer ganzen Reihe von Ereignissen, die Ruths Leben zunehmend in Frage stellen. Ein Freund aus der Vergangenheit taucht auf und erinnert sie nicht nur an ihre einstige Liebe, sondern auch an einen nie geahndeten Anschlag der früheren Umweltaktivistin. Niemand sonst, auch nicht Ben und Jenny, weiß von Ruths politischer Vergangenheit, die, sollte sie bekannt werden, sowohl ihre Karriere als auch ihre Ehe aus der Bahn zu werfen droht. Doch genau darauf scheint der Lauf der Dinge jetzt beinahe zwingend zuzusteuern.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.07.2023

Erstaunlich nah an unserer Gegenwart angesiedelt ist Ulrich Woelks Roman, meint Rezensentin Judith von Sternburg. Gerade einmal ein gutes Jahr trennt die Erzählzeit vom Zeitpunkt des Erscheinens, führt sie aus, weshalb etwa das Ende der Coronazeit und sogar "die Klimakleber" Erwähnung finden. Der den Verlauf einer Woche im Leben des Hauptfigur, einer Ethikprofessorin, schildernde Roman zeichne sich auch ansonsten durch eine erstaunliche Wirklichkeitsnähe aus, selbst in den gelegentlich ausgesprochen stereotypen Dialogen. Besonders fasziniert ist von Sternburg von der Zeichnung der Hauptfigur, die mit allerlei Problemen - ein Hundebiss, ein Verkehrsunfall und so weiter - konfrontiert wird, welche sich freilich nie zu welterschütternden Dramen verdichten. Den Verwerfungen des Alltags, inklusive der erwähnten Klimaaktivisten und ihrer Wutbürgerfeinde, begegnet Woelks Ethikprofessorin mit einem sympathischen Hang zur geduldigen Reflektion, resümiert die insgesamt durchaus enthusiastische Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 18.07.2023

So perfekt ist die Protagonistin in Ulrich Woelks Roman, dass Rezensentin Sigrid Löffler gleich Verdacht schöpft. Und richtig: Dieses moralisch unzweifelhafte Leben wird so geschildert, damit der Autor es im Anschluss ordentlich durcheinander wirbeln kann, lesen wir. Es geht um eine Woche im Leben der Philosophie-Professorin Ruth Lember, die kurz zuvor in den Deutschen Ethikrat berufen wurde. Sie ist auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, alles läuft ideal. Doch in Folge eines Hundebisses treten immer mehr Probleme auf: ein Ex-Liebhaber taucht auf und Ruths Vergangenheit als radikale Umweltaktivistin wird bekannt,resümiert Löffler. Gleichzeitig baut Woelk viele aktuelle Themen ein, vom Umweltschutz bis zur Künstlichen Intelligenz. Da dies "eher extensiv als intensiv" geschieht, wirkt es allerdings etwas "schulmeisterlich", findet Löffler. Darüberhinaus ist ihr diese Geschichte ein wenig zu harmlos und versöhnlich geraten.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.07.2023

Als "klugen Gegenwartsroman" liest Rezensentin Meike Feßmann Ulrich Woelks nur eine einzige Sommerwoche umfassende Geschichte um die Professorin Ruth, die kurz vor einem entscheidenden Karrieresprung steht. Doch dann beißt sie ein Hund und das Unheimliche bricht in ihr Leben ein, lesen wir. Ein Ex verfolgt Ruth, er hat belastendes Material über eine Jugendsünde, einen von ihr verübten Sabotageakt, als sie noch Teil der Anti-AKW-Bewegung war. Wenn das rauskommt, könnte es mit ihrer Karriere vorbei sein. Die beeindruckte Kritikerin erkennt hier noch einmal das besondere Talent Woelks, mit atmosphärischen Wahrnehmungen zu spielen und dabei gleichzeitig handfeste Themen wie Klimaschutz oder sexuelle Befreiung in die Gegenwart zu holen. Ein feines Buch, schließt sie.